Silentium - Vom Leben im Kloster

Dokumentarfilm | Deutschland 2015 | 87 Minuten

Regie: Sobo Swobodnik

Kontemplativ-kunstsinniges Porträt von vier Nonnen und ihres Spirituals aus dem Kloster Halbsthal. Mit großem ästhetisch-dokumentarischen Eigensinn überlässt sich der Film dem Rhythmus der Klosterfrauen und übersetzt seine Annäherung an den frommen Alltag in dezidierte, visuell raffiniert nachbearbeitete Filmbilder. In den Gebetszeiten der Nonnen wird so eine Öffnung auf Transzendentes sichtbar, wie in den Arbeitssituationen ihr hohes Alter aufscheint und mitunter auch zwischenmenschliche Spannungen anklingen. Ein stilles Loblied aufs Klosterleben, das zugleich keinen Zweifel daran lässt, dass dessen Zeit abgelaufen ist. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Guerilla Film Koop. Berlin
Regie
Sobo Swobodnik
Buch
Sobo Swobodnik
Kamera
Sobo Swobodnik
Musik
Elias Gottstein
Schnitt
Stefanie Kosik
Länge
87 Minuten
Kinostart
14.05.2015
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Booklet zum Film.

Verleih DVD
Mindjazz/Al!ve (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Kontemplativ-kunstsinniges Porträt von vier Nonnen und ihres Spirituals aus dem Kloster Habsthal in Süddeutschland - Regie: Sobo Swobodnik

Diskussion
Es klingt vielleicht paradox, aber auch das Kino ist ein wunderbarer Ort der Stille. Erst recht, seitdem immer ausgeklügeltere Akustiksysteme Einzug gehalten haben. Denn Stille ist nicht lautlos, sondern vielmehr leise; ein wohltemperiertes Verstummen des gewohnten Geräuschpegels – was unwillkürlich mit einer gesteigerten akustischen Wahrnehmung einhergeht. In „Silentium – Vom Leben im Kloster“ spitzt man schon vor den ersten Bildern die Ohren, weil der schwarze Vorspann mit einer feinen Toncollage aus sparsamsten Geräuschen unterlegt ist, die auf die kunstvolle erste Einstellung einstimmen: In einer raffiniert angeschnittenen und optisch überdies verfremdeten Totale eilen schattenhaft-schwarze Wesen durch einen Kreuzgang, einem Ort zu, an den sie eine Glocke gerufen hat. Man hört Türen, die geöffnet werden und wieder zufallen, das Knarzen der Dielen, sich nähernde und entfernende Schritte, den vielfach gebrochenen Nachhall aus Rascheln, Knistern, Schlurfen und Knacken, bis allmählich wieder Ruhe einkehrt, nachdem die letzte Gestalt von der Bildfläche verschwunden ist. Wer da so zielstrebig an dem markant an den rechten Bildrand gerückten Kopf eines Puttos vorbeieilt, entfaltet der Film von Sobo Swobodnik mit ästhetisch-dokumentarischem Eigensinn. Biografische Informationen oder Angaben über den Ort muss man den sparsamen Äußerungen der vier betagten Nonnen und ihres Spirituals entnehmen, die südlich von Sigmaringen, unweit der Schwäbischen Alb, im Kloster Habsthal ihr Leben der benediktinischen Regel „ora et labora“, Gebet und Arbeit, gewidmet haben. Noch vor einem halben Jahrhundert war das Kloster gut bevölkert und ein lokaler Wirtschaftsfaktor, dessen Paramente-Stickereien einen gewissen Ruf genossen; heute ragt der Baukran über das mächtige Geviert, in dem die drahtige Priorin ein paar neuere Geschäftsfelder erschlossen hat, Kloster auf Zeit, Tourismus, kirchenhistorische Exkursionen. Auch wenn die Zukunft mehr als ungewiss ist. Doch alles Wissenswerte, die harten, erzählbaren „Fakten“, sind nur Beiwerk, da sich die Inszenierung ganz auf die Klosterfrauen und den Pater konzentriert, ihnen mit stiller Aufmerksamkeit nahekommt und sie geduldig in ihrem Alltag begleitet. Selbst darin meidet die Regie noch das allzu Idealtypische und bemüht sich beispielsweise nicht, den durch das Stundengebet strukturierten Tag erkennbar nachzuzeichnen. Der Film sammelt vielmehr Details und Momente, wenn sich die Nonnen in ihrem Andachtsraum versammeln, er taucht mit Umsicht in die Atmosphäre innerer Sammlung und Andacht ein, lauscht den Gebeten und den Psalmengesängen und „übersetzt“ seine Annäherungen in eine dezidierte Bildsprache. Am Auffälligsten ist dabei die visuelle Nachbearbeitung: Die Aufnahmen sind unterschiedlich stark farbentsättigt, aber sehr kontrastreich, so dass sie bisweilen zwischen Schwarz-weiß und Sepia zu changieren scheinen; Figuren, Räume und das Interieur treten dadurch plastischer hervor, wirken zeitloser, der banalen Gegenwart enthoben, so, als fiele das allzu Zeitbedingte, Zufällige dadurch ab. Auch ist der Bildausschnitt bei den Gebeten häufig so gewählt, dass die innere Bewegung der Nonnen, ihre Öffnung auf das Transzendente sicht- und spürbar wird – was vielleicht ihre innere Gelassenheit erklären mag, die sich und die Zeitläufte in Gottes Händen wissen, auch wenn das Kloster in absehbarer Zeit vielleicht aufgelöst werden sollte. Swobodnik ist mit der Kamera aber auch in vielen Arbeitssituationen zugegen, beim Bügeln, Mangeln, Nähen oder Staubwischen, das den erstaunlich rüstigen 90-Jährigen nicht mehr ganz so flink von der Hand geht; auch hier überlässt sich der Film geduldig dem Rhythmus der Frauen – oder der stillen Konzentration des ebenfalls längst pensionierten Priesters, und fängt dabei die ein oder andere mundartliche Sentenz auf, aus denen kleine Porträts erwachsen. Man sieht dem Konvent bei fröhlichen Gesellschaftsspielen zu, wundert sich über die schweigend eingenommenen Mahlzeiten, zu denen geistliche Musik erklingt, oder über die formelle Anrede mit „Sie“, obwohl die Nonnen doch schon jahrzehntelang Zelle an Zelle leben. „Früher war es strenger“, sagt eine. Gelegentlich blitzt die hierarchische Ordnung auf, wenn die Oberin mit einem stillen Kopfnicken die Erlaubnis gibt, dass sich eine der Schwestern vorzeitig vom Essenstisch zurückziehen darf; in einer Erinnerung klingt an, dass das Leben im Kloster auch mit Einschränkungen, Unterordnung und spürbarem Verzicht verbunden ist, doch fast nach Art eines „basso continuo“ schwingt eine stille Zufriedenheit als Jahrhunderte lang eingeübtes Kombination aus Regel und Ritual durch den Film. Man ahnt den Segen der Konstanz, der zeitlebens gleichen Abläufe, spürt die Ruhe und Gelassenheit des klösterlichen Lebens und wie sehr das alles Dinge sind, die im Getriebe der Gegenwart immer mehr an den Rand gedrängt werden – und wundert sich dennoch nicht, wenn der Film fast wehmütig mit einer Elegie auf diese Enklave am Rande der Zeit ausklingt.
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