Zwei New Yorker Freundinnen, die sich offenherzig über ihre sexuellen Eskapaden austauschen, reisen zu einem Balkan-Folk-Festival nach Kalifornien, wo sie im Sog bulgarischer Mythen, Tänze und Lieder eine unbeschwerte Zeit verbringen. Bis eine von ihnen eine Romanze mit einem Musiker beginnt. Der experimentierfreudige, mit leichthändiger Unbekümmertheit inszenierte Debütfilm mischt Realität und Fiktion, Traum, Drama und den Zauber der Natur, wobei die irritierende Doppelbödigkeit mancher Szene die Interpretationslust anspornt.
- Ab 16.
Butter on the Latch
Drama | USA 2013 | 72 Minuten
Regie: Josephine Decker
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Filmdaten
- Originaltitel
- BUTTER ON THE LATCH
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2013
- Produktionsfirma
- Third Room Prod.
- Regie
- Josephine Decker
- Buch
- Josephine Decker
- Kamera
- Ashley Connor
- Schnitt
- Josephine Decker
- Darsteller
- Sarah Small (Sarah) · Isolde Chae-Lawrence (Isolde) · Charlie Hewson (Steph) · Stephen Goldbach · Yury Yakor
- Länge
- 72 Minuten
- Kinostart
- 16.10.2014
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Horror
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Zwei Frauen stöhnen und keuchen. Mit verschränkten Armen gestikulieren sie wild. Und dann fallen sie hintenüber, so dass unter ihren weißen Kostümen altmodische Reifröcke zum Vorschein kommen. Vermutlich handelt es sich bei den beiden um Theaterschauspielerinnen. Die halbnahe Einstellung, mit der „Butter on the Latch“ beginnt, zeigt anscheinend einen Ausschnitt aus einem experimentellen Bühnenstück. Mit Bestimmtheit lässt sich das aber nicht sagen, denn zwischen der kurzen Anfangsszene und dem nachfolgenden Geschehen besteht kein erkennbarer Zusammenhang. Das gilt in gewisser Weise für den gesamten Film: Er besteht aus disparaten Einzelteilen, die kein zusammenhängendes Ganzes ergeben. Man ist auf seine Fantasie angewiesen, wenn man sich darauf einen Reim machen will.
Der Großteil der dünnen Handlung ist in einem abgelegenen kalifornischen Waldgebiet angesiedelt, wo ein Verein für osteuropäische Brauchtumspflege einen jährlichen Folklore-Workshop ausrichtet. 2011 hat die US-Filmemacherin Josephine Decker dort das entspannte Treiben in diversen Tanz- und Gesangskursen dokumentarisch eingefangen und vor dem realen Hintergrund einen skizzenhaften Spielfilmplot improvisiert. In den Hauptrollen geben die Künstlerinnen Sarah Small und Isolde Chae-Lawrence ihr Schauspieldebüt, wobei sie mit ihren Figuren auch die Vornamen teilen.
Sarah und Isolde sind offenbar enge Freundinnen, doch die Freundschaft bekommt bald Risse. Isolde hat gerade eine Trennung hinter sich, worauf Sarah wenig Rücksicht nimmt. Die findet an einem jungen Mann Gefallen, was zwischen den beiden jungen Frauen anscheinend Eifersucht stiftet. Irgendwann sieht man Sarah und Isolde betrunken durch den nächtlichen Wald stolpern, nachdem sie im Schein einer Taschenlampe vom Weg abgekommen sind. Was in einem Streit gipfelt, der zugleich die Frage aufwirft, was von dem Geschehen überhaupt real ist und was sich womöglich nur in der Gedankenwelt oder in den Träumen der Protagonistin Sarah abspielt.
Mitunter ahmt die Kamerafrau Ashley Connor unumwunden Horror-Vorbilder nach, nicht zuletzt „Blair Witch Project“ (fd 33 983). In anderen Momenten gibt sich ihre Handkamera, in ruhigen Totalen oder in Nahaufnahmen, ganz dem Zauber der Natur hin. Manche Sequenzen sind unzweideutig als Träume zu verstehen, wobei ein in Zeitlupe eingefangener Tanz den Bogen zum Folklorethema des Workshops spannt. So überschneiden sich Realität und Fiktion in mehrfacher Hinsicht, wobei sich der Reiz dieses Spielfilmdebüt aus der leichthändigen Unbekümmertheit der filmischen Form ergibt. Nicht jede Unschärfe im Bild ist formal stimmig, und das abrupte Abbrechen beiläufiger Dialoge wirkt manchmal provokant. Doch die Experimentierlust wirkt sympathisch-leichthändig, selbst wenn das überschwängliche Lob, das der Filmemacherin in amerikanischen Filmmagazinen zuteilwurde, etwas voreilig erscheint.
Seine anhaltende Resonanz verdankt dieser Film indes dem harten Kontrast zwischen der kalifornischen Natur und dem angedeuteten „Wahnsinn“ New Yorks, von dem Sarah und Isolde nach eigenen Aussagen eine Auszeit brauchen. Die längste Dialogszene kreist um sexuelle Erfahrungen, die die beiden in der Stadt gemacht haben. Wobei man sich fragt, inwieweit in der Offenherzigkeit dieses Gespräches nicht auch Koketterie mitschwingt. Und inwieweit die Darstellerinnen womöglich reale Erfahrungen einfließen ließen. Die Frivolität der Unterhaltung steht jedenfalls im Schatten einer New Yorker Eskapade, deren Mehrdeutigkeit verstörend wirkt: Auf offener Straße erhält Sarah den beunruhigenden Anruf einer Freundin, die nach einer langen Nacht offenbar mit Schmerzen zwischen Fremden erwacht. Kurz darauf sieht man Sarah ausgehen, trinken und tanzen, woraufhin auch sie halbnackt zwischen kantigen Kerlen inmitten einer Abbruchbude aufwacht. Es spricht für den Film, wenn die irritierende Doppelbödigkeit solcher Sequenzen nachträglich zu eigenen Interpretationsleistungen anspornt. Und wenn man sich sogar bemüht, dem einzigen Wort, das die Theaterschauspielerinnen in der Anfangsszene herauspressen, eine Bedeutung zuzuschreiben.
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