Die deutsch-afrikanische Filmemacherin Mo Asumang geht in der unmittelbaren Konfrontation mit Vertretern rechter Gesinnungen den Fragen nach, was denn eigentlich „deutsch“ ist, was es mit dem Begriff des „Ariers“ auf sich hat und wie (weiße) Rassisten überhaupt „ticken“. Der formal unspektakuläre, thematisch hochinteressante Film lebt in erster Linie von der Offenheit, mit der die Regisseurin und Autorin Neonazis und Geistesverwandte zu selbstentlarvendem Gestammel animiert.
- Ab 14.
Die Arier
Dokumentarfilm | Deutschland 2013 | 95 Minuten
Regie: Mo Asumang
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2013
- Produktionsfirma
- HANFGARN & UFER Filmprod./MA Motion Filmprod./ZDF (Das kleine Fernsehspiel)
- Regie
- Mo Asumang
- Buch
- Mo Asumang
- Kamera
- Susanna Salonen · Yoliswa Gärtig
- Musik
- Moritz Denis · Eike Hosenfeld · Tim Stanzel
- Schnitt
- Lena Rem
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- 20.11.2014
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Die Schauspielerin, Fernsehmoderatorin und Filmemacherin Mo Asumang wurde in Kassel geboren und besitzt einen deutschen Pass. Wegen ihrer dunklen Hautfarbe sieht sie sich jedoch regelmäßig Anfeindungen ausgesetzt. Rechtsradikale schicken ihr Drohbriefe, eine Neonazi-Band brachte in einem Song sogar die Zeile „Die Kugel ist für dich, Mo Asumang“ unter. 2007 beschäftigte sich Asumang in der Dokumentation „Roots Germania“ angesichts des Umstands, dass ihre Großeltern mütterlicherseits glühende Anhänger der Nationalsozialisten waren, mit ihrer besonderen Identität. In ihrem neuen Film geht sie der Frage nach, woher eigentlich der Rassenhass kommt und was es mit dem immer wieder bemühten Begriff der Arier auf sich hat. „Vielleicht kann ich Rassismus besser verstehen, wenn ich mit den Rassisten spreche“, erklärt sie zu Beginn des Films. Das mag man wie eine betagte jüdische Freundin von Asumang für naiv halten, aber es hat einen entscheidenden Vorzug. Denn in den meisten Dokumentationen über Neonazis wird viel über, aber wenig mit ihnen geredet. Asumang hingegen stürzt sich mitten hinein ins braune Getümmel, besucht Konzerte, Versammlungen und Demonstrationen der Rechten und stellt ihnen schlichte Fragen. Doch eine Antwort bekommt sie von den finster dreinblickenden Gesellen so gut wie nie. Wenn doch mal einer zu einem Gestammel ansetzt, ist bald ein anderer zur Stelle, der ihn beiseite zieht. Auch Burschenschaftler, die Asumang auf einem Fest mit der Frage „Was ist deutsch?“ konfrontiert, verweisen mit dem Bierkrug in der Hand nur auf die Pressestelle ihrer Organisation. Letztlich sind es diese Sequenzen, in denen die Autorin mit entwaffnender Offenheit und (gespielter) Naivität selbsternannte Herrenmenschen zur Selbstentlarvung bringt, die den Film sehenswert machen. Tom Metzger, den rassistischen Gründer der amerikanischen „White Aryan Resistance“-Bewegung, bringt Asumang mit einer unvermittelten Umarmung aus der Fassung. Und einen Vertreter des Ku Klux Klan in voller Montur irritiert sie bei einem nächtlichen Interview mit der Frage, ob er eigentlich glücklich sei. Zwischendurch jettet die Autorin in den Iran, um sich erklären zu lassen, dass der Begriff „Arier“ eigentlich aus dem Vorderen Orient stammt, von den Nazis okkupiert wurde und noch heute in deren Sinn verwendet wird. Die Reise und das ein oder andere Experten-Statement hätte der im Stil einer persönlichen Presenter-Reportage gedrehte Film vielleicht nicht unbedingt gebraucht, aber sie tun seiner Brisanz keinerlei Abbruch. Merkwürdig ist nur, dass die Produktion erst nach ihrer (mehrfachen) Fernseh-Ausstrahlung nun auch ins Kino kommt.
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