Ein Junge muss mitansehen, wie ein wütender Mob seinen Vater bei lebendigem Leib verbrennt. „Zulu“ beginnt mit diesen Kindheitserinnerungen von Ali, der nun, als erwachsener Mann, die Mordkommission in Kapstadt, Südafrika, leitet – einem Land, in dem noch vor wenigen Jahrzehnten das Apartheid-Regime gegen die schwarze Bevölkerung in einen grausamen Bürgerkrieg verwickelt war. Dieser Beginn schlägt die Tonalität des Films an: Es geht in diesem Thriller nicht nur um einen konkreten Fall, sondern untergründig stets auch um dessen politische Dimension, denn Südafrika ist weiterhin tief gespalten. Die Entscheidung, den ehemaligen Tätern zu vergeben, um als Gesellschaft wieder funktionieren zu können, stößt in „Zulu“ auf unverhohlene Kritik.
Ali wird mit der Leiche einer jungen Frau aus der privilegierten (weißen) Oberschicht konfrontiert. In ihrem Blut findet sich eine neuartige Droge. Die Ermittlungen ziehen sich bald durch alle gesellschaftlichen Klassen. Zu Alis Team gehören Brian, der geschieden ist und seine Einsamkeit mit Alkohol und rasch wechselnden Partnerinnen zu betäuben versucht, und Dan, ein korrekter, anständiger Beamter, der allerdings bald darauf den Verwicklungen des Falls zum Opfer fällt. Brian ist interessanter, exzellent dargestellt von Orlando Bloom, der hier älter und abgekämpfter inszeniert wirkt als in seinen bisherigen Rollen. Er ist der Gegenpol von Ali, der als Junge genital verstümmelt wurde und darauf setzt, Teil eines Systems zu sein, das für Gerechtigkeit sorgt.
Obwohl einige Elemente des Kriminalfalls dem Umstand geschuldet sind, eine Haltung auszudrücken und Position zu beziehen, konzentriert sich Regisseur Jérôme Salle bei der Verfilmung eines Romans von Caryl Ferey auf die Figuren und deren Lebenswelten. „Zulu“ profitiert von der nuancierten Hinwendung zu den Figuren, selbst wenn dies bisweilen zu Lasten des Krimis zu gehen scheint. Forest Whitaker, der bereits in „Der letzte König von Schottland“
(fd 38 069) eine gravitätische afrikanische Persönlichkeit darstellte, wirkt als Ali eindrucksvoll kontrolliert und beherrscht, gleichzeitig aber auch verletzt und machtlos, bis auch er an den Rand dessen gedrängt wird, was er zu ertragen im Stande ist. Letzten Endes kommen die Ermittler erst dann mit dem Fall voran, wenn sie aus ihren Konventionen ausbrechen, wenn Brian sein Selbstmitleid abschüttelt und Ali mehr auf sich und seinen Instinkt als auf ein System vertraut, das er als korrumpierbar entdeckt.
Nach den beiden eher effekt- und actionlastigen „Largo Winch“-Verfilmungen beweist Jérôme Salle hier sein Gespür für fein abgestimmte Charakterstudien. Durch die Konzentration auf die Entwicklung der Charaktere gelingt eine Romanverfilmung, die in der Summe reizvoller ist als manche klischeehaften Elemente des Kriminalfalls.