Bizum Hoca - Unser Hodscha

Komödie | Türkei 2014 | 104 Minuten

Regie: Serkan Acar

In einem kleinen Dorf an der türkischen Schwarzmeerküste organisiert ein älterer Laienprediger den Widerstand gegen den Bau eines neuen Wasserkraftwerks. Anekdotische Komödie, die mit einer Mischung aus volkstümlichem Humor und politischer Stellungnahme an regionale Klischees anknüpft. Mit rustikalen Pointen und Anspielungen auf die Gezi-Park-Proteste in Istanbul macht der Film auf die Landschafts- und Umweltzerstörung im Hinterland der Schwarzmeer-Region aufmerksam. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BIZUM HOCA
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Zenos Film
Regie
Serkan Acar · Yılmaz Okumuş
Buch
Yılmaz Okumuş
Kamera
Ali Özel
Musik
Kemal Sahir Gürel
Darsteller
Cezmi Baskın · Levent Ülgen · Sabriye Kara · Serhat Özcan · Seymen Aydın
Länge
104 Minuten
Kinostart
13.03.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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Umweltzerstörung, Nepotismus, Bürgerproteste – die Zuspitzung der politischen Situation in der Türkei wird auch im kommerziellen Kino aufgegriffen. Offensichtlich gibt es für Filme, die die politische Elite offen angreifen, einen großen Markt. „Bizum Hodscha“ arbeitet den Oben-Unten-Gegensatz in Form einer volkstümlichen Komödie ab.

Diskussion
Umweltzerstörung, Nepotismus, Bürgerproteste – die Zuspitzung der politischen Situation in der Türkei wird auch im kommerziellen Kino aufgegriffen. Offensichtlich gibt es für Filme, die die politische Elite offen angreifen, einen großen Markt. „Bizum Hodscha“ arbeitet den Oben-Unten-Gegensatz in Form einer volkstümlichen Komödie ab. Weil der neue Imam eines kleinen Städtchens im Hinterland der Schwarzmeerküste sich verspätet, setzen die Dorfbewohner vorübergehend einen der ihren als religiösen Führer ein. Eigentlich kümmert sich „Unser Hodscha“ vor allem um seinen Enkelsohn und ist nach dem Tod seiner Frau auf Partnerinnensuche, doch nimmt er die neue Aufgabe nach einigem Zögern an. Bereits nach einigen Tagen bekommt er alle Hände voll zu tun, als am Fluss ein Unternehmer mit dem Bau eines Wasserkraftwerks beginnt. Und so fühlt sich „Unser Hodscha“ berufen, für Natur und Gottes Schöpfung zu kämpfen. Ähnliche Projekte verschandeln bereits seit einigen Jahren ganz reell die faszinierende alpine Berglandschaft um die Schwarzmeermetropole Trabzon, greifen mit der Umleitung riesiger Wassermassen in das sensible Ökosystem ein. In der Folge kam es zu endlosen, oft auf krummen Dienstwegen verkürzten Gerichtsverfahren, Massenprotesten und Versuchen der Einflussnahme auf örtliche Entscheidungsträger. „Bizum Hoca“ arbeitet diesen ganzen Katalog ab, von „Unser Hodscha“ als integre Identifikationsfigur über die Dorfbewohner, die mit gut bezahlten, aber kurzfristigen Jobs geködert werden, bis zum „echten“ Imam, der mit den Energiekonzernen unter einer Decke steckt und gegen den Protest intrigiert. Mit Serkan Açar, als Produzent von „Sonbahar“ („Herbst“) bisher ausgewiesener Vertreter der Arthaus-Ecke, und Yilmaz Okmuş, der die Drehbücher für die letzten beiden „Temel“-Komödien beigesteuert hat, kommen zwei ganz unterschiedliche Repräsentanten der türkischen Filmindustrie als Ko-Regisseure zusammen. Beide eint die Verwurzelung in der Schwarzmeer-Region. Açar bringt den trotzigen Widerstandsgeist ein, Okmuş den rustikalen Humor. Der macht sich zunächst mit einigen derben Schenkelklopfern über die Schwarzmeerbewohner, die „Ostfriesen der Türkei“, lustig, nimmt diese im weiteren Verlauf aber zunehmend ernster. Lokalpatriotisch-selbstironische Seitenhiebe auf den Fußballklub Trabzonspor gehören, wie in den „Temel“-Sequels, genauso zur Ausstattung des Plots wie die Betonung der lasischen Identität – eine ethnische Minderheit, die an der türkischen und georgischen Schwarzmeerküste lebt. „Unser Hodscha“ widmet dieser Gruppe die „Laz Star Talent Show“ in einem viertklassigen lokalen Fernsehsender. Eine eher liebevolle Spitze, wie die meisten der oft volkstümlichen, aber sozial und politisch durchaus pointierten Anekdoten, an deren Ende die Dorfbevölkerung den Energieriesen mit einem gerissenen Streich abwatscht: Um die Arbeiten an dem Wasserkraftwerk zu stoppen, erfindet man kurzerhand einen Mini-Friedhof. Als der Bagger Opa Esrefs Gebeine, in Wirklichkeit Lammknochen, aus dem Boden hebt, ergreift der Ingenieur mit seinen Arbeitern die Flucht. Filmkünstlerisch ist „Unser Hodscha“ wenig ambitioniertes Vorabendprogramm, das aber seinen meist lauten Humor immerhin mit subtilen Pointen anreichert, etwa, wenn man beleidigt ist, dass es für die im Gezi-Park zwar Tränengas gibt, für uns in der Provinz aber nicht. So bleibt aller Klamotte zum Trotz ein Charme, der von der Dorfgemeinschaft mit ihren zwischenmenschlichen Nickligkeiten und ihrem Hin- und Hergeworfensein zwischen offener Empörung und Anpassung an die Autoritäten ausgeht. Ein Volksstück mit analytischer Kraft und Diskurscharakter.
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