Dummheit kann im Kino etwas Wunderbares sein – jedenfalls als Charaktermerkmal einer Komödienfigur. Besonders lustig wirkt Idiotie immer dann, wenn sie mit steifer Aufgeblasenheit vorgetragen wird, was niemand charmanter kann als Will Ferrell. Den Typus des pompösen Blödmannes hat er vor knapp zehn Jahren in „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“
(fd 36 759) perfektioniert, indem er der Borniertheit des titelgebenden Nachrichtensprechers eine entwaffnend infantile Arglosigkeit verlieh. Ähnlich sympathisch wirkte in dieser fröhlichen Nonsense-Komödie auch die naive Aufgekratztheit zweier Reporter (Paul Rudd, David Koechner), die dem Protagonisten an dämlicher Unverschämtheit in nichts nachstanden. Doch zum kleinen komödiantischen Meilenstein wurde der Film erst durch Steve Carell, der in Gestalt eines debilen Meteorologen Blödheit sozusagen in Reinkultur verkörperte.
Die Hirnlosigkeit dieser Figur war so vollkommen, dass eine charakterliche Weiterentwicklung noch undenkbarer erschien als die der anderen drei Einfaltspinsel. Also setzt das Sequel, zu dem Ferrell und Regisseur Adam McKay erneut das Drehbuch verfassten, folgerichtig darauf, dass das Trottel-Quartett ein Jahrzehnt später dieselbe sympathisch-komische Wirkung erzielt. Im Endergebnis bleibt der zweite Teil zwar deutlich hinter dem Vorgänger zurück, auch hinter der vorletzten Ferrell-McKay-Kooperation, dem tollen Polizistenklamauk „Die etwas anderen Cops“
(fd 40 117). Doch das muss noch nicht viel heißen: „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ ist lustiger als alles, was man derzeit ansonsten im Kino zu sehen bekommt.
Aus dem heimatlichen San Diego verschlägt es das Nachrichtenteam Anfang der 1980er-Jahre nach New York, wo Ferrell mit seiner einstigen Konkurrentin und jetzigen Ehefrau Veronica eine Nachrichtensendung moderiert. Als sie aber kurz darauf befördert und er gefeuert wird, ist sein männliches Ego so verletzt, dass er kurzerhand die Ehe auflöst.
Nach den Ressentiments gegen Frauen in der Arbeitswelt berührt das Sequel also einen durchaus akuten Konflikt, den anhaltenden Unwillen vieler Männer, sich von ihrer Partnerin beruflich überholen zu lassen. Doch anstatt konsequent daran zu rühren, kapriziert der Film sich auf ein anderes Vorurteil von vorgestern: Ferrells Figur kann es nicht fassen, dass seine Vorgesetzte auch noch schwarz ist. Die Gags, die auf der Befangenheit gegenüber der Afroamerikanerin und ihrer Familie aufbauen, zählen indes zu den schwächeren des Films. Ebenso beiläufig wie wirkungsvoll wird hingegen der Niedergang des amerikanischen Nachrichtenwesens aufs Korn genommen, indem viele Trivialitäten, die heute zum Alltag der Cable-News-Sender gehören, zu spontanen Ideen des Dummkopfs erklärt werden.
Während der ursprüngliche „Anchorman“ mit einem verblüffend stringenten Handlungsverlauf aufwartete, ist der Plot des Sequels locker-episodisch gestrickt. So bleibt etwa ein mit genreuntypischem Aufwand in Szene gesetzter Crash ohne dramaturgische Konsequenzen: Obwohl heißes Frittierfett, Bowlingkugeln und Skorpione in Zeitlupe durchs Innere eines sich überschlagenden Campingbusses fliegen, wird den vier Wageninsassen kein Haar gekrümmt. Später bedarf es dann auch keines Vorwandes, um den Plot für eine erweiterte Neuauflage jener Massenschlägerei anzuhalten, in der im ersten Teil diverse Nachrichtenmoderatoren aufeinander losgingen. In winzigen Nebenrollen sind dabei erneut so viele berühmte Gesichter zu sehen, dass die Fortsetzung unterm Strich mit mehr Stars aufwartet als ein Katastrophenfilm aus den 1970er-Jahren.
Dass bei der Keilerei auch ein paar Fabelwesen mitmischen, verdeutlicht indes, wie unbekümmert durchgeknallt Ferrell und McKay ihren Humor anlegen. Trotz seiner satirischen Anflüge zelebriert auch der zweite Teil der „Anchorman“-Story wunderbar sinnfrei die hinreißende Dummheit seiner zentralen Figuren.