Wer braucht schon einen Captain Kirk, der in Galaxien vorstößt, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat?! Es gehört auch eine gute Portion Wagemut und Wahnsinn dazu, jene Welten zu erkunden, die quasi bei uns um die Ecke liegen. Genauer gesagt zum Beispiel im Bauch der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Irgendwo im schier unzugänglichen Dickicht finden sich nämlich mitunter unscheinbare, von allerlei Schlick und Schlingpflanzen durchsetzte Tümpel. Niemand würde je auf die Idee kommen, in sie hineinzusteigen. Die Sichtweite beträgt nur wenige Zentimeter – und wer weiß, was sich dort außer Mückenlarven noch versteckt hält?! Fragt man Florian Huber, Robert Marc Lehmann, Uli Kunz und Christian Howe vom Kieler Institut für Ur- und Frühgeschichte, traut man den eigenen Ohren nicht: So unscheinbar das Loch auch aussieht, es handelt sich um eine Einstiegsluke in eine Unterwelt, in der sich riesige Dome mit glasklarem Wasser kilometerweit vom Landesinneren in Richtung Meer schlängeln. Neben Stalaktiten und Stalakmiten oder Gesteinsformationen mit so blumig-bedrohlichen Namen wie „Glocken der Unterwelt“ soll man hier auch Überreste von Urzeittieren oder gar der Mayakultur finden, die sich einst nahe der „Cenoten“ genannten Wasserlöcher angesiedelt hat, um an das Frischwasser zu kommen – ein Wissen, das den Maya half, eine der eindrucksvollsten Zivilisationen zu gründen, die je auf der Erde existiert haben. All das bekommt der geneigte Zuschauer im Laufe der knapp eineinhalb Stunden zu sehen, in denen Regisseur Dr. Norbert Vander auf eine Reise mitnimmt, die ansonsten nur den versiertesten Forschungstauchern mit Spezialgenehmigung vorbehalten ist. Denn diese Unterwasserwelten, die bislang auf einer Strecke von über 1000km in Ansätzen erforscht sind, sind ein besonders fragiles Universum, das lebensgefährliche Tücken aufweist, aber auch ganz leicht zerstört werden kann.
Vander lehrt an der Fachhochschule Kiel nicht nur Regie, sondern auch Stereoskopie, weshalb die Bilder nicht nur eindrücklich, scharf, perfekt ausgeleuchtet und mit Sinn für Spannungsbögen geschnitten sind, sondern auch dreidimensional. Das eigens für die Forschungsreise konfigurierte Equipment und der Todesmut der Kameraleute erzeugt daher Bilder, die in mehrfacher Hinsicht Einzigartigkeitscharakter haben.
Bedenkt man den Kult, den die Mayas um ihre Wassergötter und Opferstädten gemacht haben, ist es durchaus verständlich, dass der Film dieses geflutete Höhlenlabyrinth tüchtig mystifiziert und als „Höhle der Toten“ inszeniert, in denen Menschenknochen nicht aus Zufall zu finden sind. Warum man aber gleich in die Unsitte verfallen muss, aufwendig geschminkte und kostümierte Mayakrieger seltsame Reenactment-Spielereien zu performen, bleibt eher rätselhaft; bietet doch der Stoff und die wissenschaftliche Aufarbeitung genug Unterhaltungs- und Informationspotential für einen spannenden Kinoabend. In einem mit Vogelperspektiven übersättigten „Von oben“-Naturfilm-Genre ist „Die verborgenen Welten 3D“ trotz der überflüssigen Inszenierungen eine wohltuende Bereicherung, in der sich formale Technik und inhaltlicher Anspruch auf gleichermaßen hohen Niveau befruchten.