Die feinen Unterschiede

Komödie | Deutschland 2012 | 82 (24 B./sec.)/79 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Sylvie Michel

Ein gut situierter, sich liberal gebender und allein erziehender Frauenarzt, der sich auf künstliche Befruchtungen spezialisiert hat, sieht sich mit dem autoritären Weltbild seiner bulgarischer Putzfrau konfrontiert, als ihre beiden Teenager-Kinder unangekündigt miteinander ausgehen und am nächsten Morgen wegbleiben. Prompt liefern sich Arzt und Angestellte einen heftigen Schlagabtausch über die richtigen Erziehungsmethoden. Ein etwas anderer Beziehungsfilm mit ins Schwarze treffenden Dialogen. Das pädagogische Duell der in ihren Ansichten und sozialen Prägungen unerschütterlich verankerten Erziehungsberechtigten dient nur wenig für künstlich dramatisierte Zuspitzungen, doch überzeugen die hoch konzentrierten Darsteller ebenso wie eine Inszenierung, die dramaturgische Schnörkel durch scharf gestellte Gegenwartsbeobachtung ersetzt. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Pallas Film/Twenty Twenty Vision
Regie
Sylvie Michel
Buch
Razvan Radulescu · Melissa de Raaf · Sylvie Michel
Kamera
Mario Masini
Musik
Andreas Wodraschke
Schnitt
Andreas Wodraschke
Darsteller
Wolfram Koch (Sebastian) · Bettina Stucky (Jana) · Leonard Bruckmann (Arthur) · Silviya Petkova (Vera) · Anne Ratte-Polle (Monika)
Länge
82 (24 B.
sec.)
79 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
07.03.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Neue Visionen (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Was hat der Buchtitel eines französischen Soziologie-Klassikers in einem deutschen Familienfilm zu suchen? Angewandtes Buchwissen im Kino steigert nicht gerade die Wahrscheinlichkeit, auf Menschen aus Fleisch und Blut zu treffen. Im Fall des Filmdebüts von Sylvie Michel sind solche Sorgen aber unbegründet, auch wenn das Drehbuch genau um jene Distinktionsmerkmale kreist, die Pierre Bourdieu 1979 in seinem titelgleichen Werk zwischen den unterschiedlich sozialisierten Schichten konstatiert hatte. Die in Berlin lebende Französin hat bisher für Wim Wenders, Mika Kaurismäki, Agnieszka Holland oder Nana Djordjadze als Script Girl gearbeitet, was ihrem eigenen, gut geölten Drehbuch anscheinend sehr zupass gekommen ist. Die Grundkonstellation ist so schlicht wie unerwartet ergiebig. Ein gut situierter, sich liberal gebender und allein erziehender Frauenarzt, der sich auf künstliche Befruchtungen spezialisiert hat, sieht sich mit dem autoritären Weltbild seiner bulgarischer Putzfrau konfrontiert, als ihre beiden Teenager-Kinder unangekündigt miteinander ausgehen und am nächsten Morgen wegbleiben. Prompt liefern sich Arzt und Angestellte einen heftigen Schlagabtausch über die richtigen Erziehungsmethoden und das Ausmaß der Freiheiten, die man dem Nachwuchs gewähren sollte. Die Mutter ist fassungslos über die Ruhe, mit der ihr Arbeitgeber das Verschwinden ihrer volljährigen Tochter bagatellisiert – eingeschoben zwischen einen missglückten Talkshow-Auftritt und dem Sprung zur 20 Jahre jüngeren Geliebten –, zumal sie das Vertrauen, das er seinem 17-jährigen Sohn schenkt, nicht teilt; sie handelt lieber nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. In der um sich greifenden Krisensituation fallen die Masken des bisherigen Nichtangriffspakts und lassen Vorurteile prießen, die sich offenbar auf beiden Seiten lange aufgestaut haben. Erst als der genussbetonte Bewohner von Berlin-Grunewald in das durch die U-Bahn vom Einsturz gefährdete Hochhaus gerät, in dem die ehemalige Lehrerin wohnt, begreift er, warum es ihr aufgrund ihrer eigenen sozialen Degradierung so schwer fällt, der Tochter die Planung ihrer Zukunft zu überlassen. Umso weniger empfindet er plötzlich Verständnis für die Launen seines Sohnes, den er im Haus seiner Ex-Frau aufgabelt, nachdem der Filius sich entschlossen hat, zu seinem „spießigen“ Vater auf Distanz zu gehen. Während das Aufeinandertreffen einer sozialschwachen Putzfrau mit einem durch eine Intrige aus der Bahn geratenen Geschäftsmann in Coline Serreaus „Milch und Schokolade“ (fd 27 585) noch für unkonventionelle Komödienwendungen sorgte, begnügt sich Sylvie Michel entlang von ins Schwarze treffenden Dialogen mit handfester Gesellschaftsanalyse. Hier und da klingt ein Funken Humor an, dennoch ist das pädagogische Duell der in ihren Ansichten und sozialen Prägungen ähnlich unerschütterlich verankerten Erziehungsberechtigten kein Vehikel für künstlich dramatisierte Zuspitzungen. Die optische Auflösung gibt sich für Leinwandverhältnisse zwar bescheiden, doch dafür überzeugen die hoch konzentrierten Darsteller und eine Inszenierung, die dramaturgische Schnörkel mit scharf gestellter Gegenwartsbeobachtung ersetzt.
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