Die Gründe, warum ein Film ein Remake nach sich zieht, liegen in der Regel auf der Hand: Entweder war das Original ein Hit oder errang im Lauf der Jahre Klassiker-Status. Beides lässt sich über die einzige Spielfilmregie des dreimal „Oscar“-nominierten Cutters Sam O’Steen nicht sagen. Sein Musikfilm „Sparkle“ blieb, nachdem er 1976 in die US-Kinos kam, allenfalls wegen der von Curtis Mayfield geschriebenen Songs in Erinnerung; wer ihn heute sieht, hat kaum den Eindruck, dass das Drehbuch (Joel Schumachers erste Kinoarbeit), ungenutztes Potenzial berge. Da ist wohl nur mit echter Leidenschaft zu erklären, warum die afroamerikanische Produzentin Debra Martin Chase zwölf Jahre auf eine Neuauflage hinarbeitete.
Das gleichnamige, bescheiden budgetierte Remake verlegt die Geschichte dreier Soul singender Schwestern aus dem Harlem der späten 1950er- ins Detroit der späten 1960er-Jahre. Das hat den positiven Effekt, dass Mayfields Kompositionen, die dem Geschmack ihrer Entstehungszeit näher waren als dem der ursprünglichen Handlungszeit, hier weniger anachronistisch klingen. Freilich wurde der Soundtrack um neue Nummern von R’n’B- Star R. Kelly ergänzt, die ihrerseits im Hier und Heute verankert sind. Das konterkariert das Bemühen des Production Designs um Zeitkolorit (dessen artifiziell wirkende Farbigkeit allerdings auch ins Bewusstsein ruft, dass Kameramann Anastas Michos den Film digital gedreht hat). Dass der neue „Sparkle“ Musikinteressierten dennoch ein kurzweiliges Vergnügen bietet, verdankt sich weniger der pragmatisch-unauffälligen Regie Salim Akils als der Arbeit seiner Ehefrau und Drehbuchautorin: Mara Brock Akil hat bei ihrer Revision der Originalstory gar nicht erst versucht, deren auffallende Unwucht auszubügeln. Zwar verschwinden die beiden Schwestern der Titelfigur im Lauf der Handlung nun nicht mehr komplett von der Bildfläche; Sparkle entwickelt zudem von Beginn an mehr Präsenz, weil die junge Frau nicht bloß als schüchterne Background-Sängerin eingeführt wird, sondern als geradezu besessene Song-Schreiberin – und weil sie von Jordin Sparks gespielt wird, einer „American Idol“-Gewinnerin, die Irene Cara, der Darstellerin des Original, als Sängerin und Schauspielerin überlegen ist. Trotzdem bleibt die nominelle Protagonistin auch hier über weite Strecken eine Randfigur. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Sparkles ältere Schwester Sister einfach interessanter ist. Carmen Ejogo lässt in Sisters zähem Ehrgeiz von Beginn an eine Tragik mitschwingen, die voll zur Geltung kommt, wenn sie sich schließlich dem falschen Kerl an den Hals wirft. Dieser Schlägertyp war im Original ein Kleinganove; nun ist er ein TV-Komiker, der Witze über die eigene schwarze Community reißt. Was Mike Epps Gelegenheit gibt, sich mit bissigem Spott und soziopathischer Bosheit in den Vordergrund zu spielen – bezeichnend für die Antwort, die Mara Brock Akil auf die Schwächen der Originalstory gefunden hat. Statt die zerstreute Erzählstruktur zu konzentrieren, machte sie aus der Not eine Tugend und verteilte den Fokus auf noch mehr Figuren. Ein, zwei Nebenrollen hat sie hinzuerfunden und bietet nun fast jedem Ensemble-Mitglied die Chance, mit einem prägnanten Dialog oder einer melodramatischen Szene zu glänzen.
So ist auch die Rolle von Sparkles Mutter attraktiver geworden. Aus einer müden Hausangestellten wurde eine strenge Kirchgängerin, die ihre Kinder vor jenen Fallstricken des Showbusiness bewahren will, über die sie einst als Gesangstalent selbst stolperte. Whitney Houston (die auch als ausführende Produzentin fungierte) verleiht dieser Frau eine wunderbar verletzliche Strenge, und weil man weiß, dass sie kurz nach den Dreharbeiten starb, wirkt ihre leichte Heiserkeit, der manchmal ungenaue Zungenschlag, umso rührender. Dieselben Umstände machen einen Gospelsong, den sie bei einem Begräbnis vorträgt und der unweigerlich an Mahalia Jackson in „Imitation of Life“ (fd 8391) denken lässt, zum wahren Ereignis: Whitney Houston, die zu ihren besten Zeiten stets perfekt wie ein Computer klang, hat hier zum ersten Mal wirklich „Soul“.