Porträt des US-amerikanischen (Pop-)Künstlers Andy Warhol (1928-1987), der als erster bewusst die Trennung zwischen Kunst und Kommerz auflöste und dem Kunstwerk zu Zeiten der Reproduzierbarkeit zur wirklichen Geltung verhalf. Der spannende Dokumentarfilm stellt auch den weniger bekannten Menschen Warhol sowie seine Beweggründe vor und umreißt dessen bahnbrechenden Einfluss auf die bildenden Künste der letzten 50 Jahre. Man folgt Warhol entlang von geschickt geschnittenen Momentaufnahmen in sein Atelier und in die Factory, sieht ihm beim Fotografieren von Prominenten zu, beim Feiern auf Partys. Auch das Attentat bleibt nicht unerwähnt. Mit der Spätphase, etwa Warhols Rolle im Studio 54, geizt der Film, was aber angesichts der detailreichen Einblicke in die intensivste Zeit seiner Produktion zu verschmerzen ist.
- Ab 16.
Andy Warhol - Godfather of Pop
Dokumentarfilm | USA 2006 | 228 (114 & 114) Minuten
Regie: Ric Burns
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- ANDY WARHOL: A DOCUMENTARY
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- High Line
- Regie
- Ric Burns
- Kamera
- Buddy Squires
- Schnitt
- Juliana Parroni · Li-Shin Yu
- Länge
- 228 (114 & 114) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Das schwarz-weiße Interview gleich am Anfang könnte nicht besser gewählt sein: Warhol posiert in den frühen Sechzigern vor einer Assemblage aus seinen Brillo-Boxen. Das Gegenüber provoziert ihn mit der Feststellung, dass ihm als Bildhauer jegliche Originalität abgehe. Ohne mit der Wimper zu zucken, stimmt Warhol zu.
Diskussion
Das schwarz-weiße Interview gleich am Anfang könnte nicht besser gewählt sein: Warhol posiert in den frühen Sechzigern vor einer Assemblage aus seinen Brillo-Boxen. Das Gegenüber provoziert ihn mit der Feststellung, dass ihm als Bildhauer jegliche Originalität abgehe. Ohne mit der Wimper zu zucken, stimmt Warhol zu. Es sei für ihn schlicht einfacher, zu kopieren, stellt er mit leiser Stimme fest. Ob es ihm nicht eigentlich darum gehe, die Öffentlichkeit vor den Kopf zu stoßen? Keineswegs, die Arbeit verschaffe ihm Beschäftigung. So souverän antwortet nur ein Medien-Profi. Regisseur Ric Burns häuft in seinem vierstündigen Porträt (2006) teilweise bekanntes, über weite Strecken aber auch noch nie gezeigtes Material an, das den scheuen Warhol in den Vordergrund stellt. 1928 in Pittsburgh geboren, wächst er als Kind einer Bauernfamilie auf. Eine schwere Krankheit fesselt ihn monatelang ans Krankenbett. Das Gesicht bleibt gezeichnet mit Narben und einem maskenhaften Ausdruck. Nur seiner fürsorglichen Mutter ist es zu verdanken, dass der frühbegabte Zeichner 1949 aus der tiefsten Provinz nach New York zieht und hier schnell als Werbegrafiker für Modemagazine Fuß fasst.
Burns gewährt dieser frühen Phase breiten Raum. Der spätere „Godfather of Pop“ ist ein begnadeter Illustrator, hat aber Anlaufschwierigkeiten. Denn sein eigentliches Ziel ist es, berühmt zu werden, so wie sein Vorbild Truman Capote, dem er wie ein Stalker nachstellt. Werbung ist in der Kunstbranche verpönt. Wie Warhol den Absprung mit seinen zunächst negativ rezipierten „Campbell’s Soup“-Dosen-Bildern trotzdem schaffte, erzählen Kunstkritiker wie Stephen Koch oder Kunsthändler wie Irving Blum. Andys Bruder John Warhola kommt ebenso zu Wort wie der Filmemacher Paul Morrissey. Man folgt Warhol entlang von geschickt geschnittenen Momentaufnahmen in sein Atelier und in die Factory, sieht ihm beim Fotografieren von Prominenten wie etwa Susan Sontag zu und beim Feiern auf Partys. Auch das Attentat bleibt nicht unerwähnt. Mit der Spätphase, etwa Warhols Rolle im Studio 54, geizt der Film, was aber angesichts der detailreichen Einblicke in die intensivste Zeit seiner Produktion zu verschmerzen ist. Die Konturen der ewigen Sphinx werden schärfer. Einziges Manko: Den durchweg verehrenden Kommentaren hätte ein wenig Mut zu kritischen Tönen gut getan. Schließlich galt Warhol auch als seine Umgebung aussaugender und allzeit filmender Voyeur mit dem Spitznamen „Drella“ – aus Cinderella und Dracula.
Kommentar verfassen