Einen waschechten Piratenschatz gibt es auch in Janoschs gleichnamiger Vorlage, zumindest auf dem Papier: Während Tiger und Bär auf Schatzsuche im Boot über den großen Fluss übersetzen, treibt eine Flaschenpost vorbei. Ein netter Fisch ruft ihnen zu, dass sie die Flasche fangen sollen, weil darin eine Landkarte sei, auf der eine Insel mit einem Seeräuberschatz verzeichnet sei. Tiger und Bär aber hören nicht zu, die Flasche schwimmt vorbei – aus ist es mit dem Piratengold. Das Team der Produktionsfirma Papa Löwe, die regelmäßig das Janosch-Franchise erweitert, wollte es dabei nicht bewenden lassen und lässt die beiden Freunde nun tatsächlich auf Piratengold stoßen. Allerdings erst nach vielen Abenteuern!
Während Janoschs Kinderbuch Löwe und Bär auf eine hintersinnige Suche nach dem „ganz großen Glück“ schickt und den Märchenklassiker vom „Hans im Glück“ aufgreift, trauten die Macher des Films den heutigen kleinen Kinogängern dieses philosophische Thema und die ironischen Seitenhiebe auf die Liebe zum Geld wohl nicht mehr zu. Ihr Film kreist nun vielmehr um etwas, was jedem Kind verständlich und aus dem eigenen Alltag bekannt ist – die Suche nach Freunden. Noch stärker als bei ihrem Film „Oh, wie schön ist Panama“
(fd 37 792) weichen die Macher erneut beträchtlich von Janoschs Vorlage ab: Bis auf Tiger und Bär tauchen kaum Protagonisten aus der Buchvorlage (der Löwe mit der blauen Hose, das verrückte Huhn etc.) auf. Dafür werden neue Charaktere eingebaut. Vor allem der quirlige Hase Jochen Gummibär, der Freunde finden will und dem dies schließlich gelingt, während er Tiger und Bär auf ihrer Schatzsuche begleitet und nach einigen Reibereien zum lieb gewonnenen Gefährten wird. Dann gibt es noch Hund Kurt der knurrt und Katzen-Detektiv Gokatz, zwei recht eingebildete Gesellen, die Tiger, Bär und Jochen bei der Hebung des Schatzes zuvor kommen wollen und allerlei fiese Tricks auf Lager haben, um das zu erreichen. Eltern, die ihre Sprösslinge ins Kino begleiten, dürften angesichts der schlichten Geschichte wehmütig ans lebenskluge Original zurückdenken, an dessen Anspielungsreichtum der Animationsfilm nicht heran reicht. Den kleinen Kinofans wird er dennoch Spaß machen: Die sympathischen Charaktere – auch die Bösewichter sind hier mehr drollig als gruselig –, die schwelgerisch-naiven Landschaften und die opulente Musik bereiten den Boden für eine kurzweilige Abfolge von Begegnungen und kleinen Abenteuern, die während der Reise auf Tiger, Bär, Jochen und Tigerente warten. Darunter finden sich viele witzige Ideen und schöne Details am Rand, mit denen die Macher das kauzig-idyllische Universum der Janosch-Welt bevölkern. Wenn sie den ideellen Wert von Hilfsbereitschaft, Solidarität und Freundschaft über die Suche nach handfesten materiellen Schätzen stellen, bleiben sie der Botschaft der Vorlage durchaus verpflichtet. Der Film wird sowohl als 2D- als auch 3D-Animation gezeigt. Vor Kinostart bestand keine Möglichkeit, die 3D-Fassung zu sichten. Wer fürchtet, kleinere Kinder, auf die der Film als Zielgruppe ausgerichtet ist, mit der Plastizität von 3D und dem dazu notwendigen Tragen der Brille zu überfordern, kann sich getrost mit der 2D-Fassung begnügen: Die in warmen Farben strahlende Animation liefert eine etwas „geglättete“ Version der klassischen Janosch-Optik, wofür 2D ein durchaus adäquates Medium ist.