In den 1950er-Jahren gerät ein Schweizer Reporter mit Spezialgebiet Russland ins Visier der Spionageabwehr, hält dem Verhördruck aber nicht stand und nimmt sich das Leben. Später muss der Ermittler erkennen, dass er einem Denunzianten aufgesessen ist. Kraftvoller, von guten Darstellern getragener Politthriller nach einer literarischen Vorlage, der das Klima des Kalten Krieges heraufbeschwört und sich mit dem Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion, Wahrheit und Lüge auseinandersetzt.
- Ab 16.
Manipulation
Politthriller | Schweiz/Deutschland 2010 | 90 Minuten
Regie: Pascal Verdosci
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Filmdaten
- Originaltitel
- MANIPULATION
- Produktionsland
- Schweiz/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2010
- Produktionsfirma
- Filmfonds.ch/Sunvision
- Regie
- Pascal Verdosci
- Buch
- Alex Martin · Marion Reichert
- Kamera
- Krzysztof Ptak
- Schnitt
- Alex Martin
- Darsteller
- Klaus Maria Brandauer (Urs Rappold) · Sebastian Koch (Harry Wind) · Thomas Douglas (Bundespolizist Koller) · Susanne Abelein (Romy Hartmann) · Markus Merz (Werner Eiselin)
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- 03.02.2011
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Politthriller | Literaturverfilmung
Diskussion
Zweite Hälfte der 1950er-Jahre, Zeit des Kalten Krieges. Auch in der Schweiz geistert die Angst vor dem Kommunismus um. Wehrhaft unterhält man das im Verhältnis zur Einwohnerzahl größte Heer Europas; unter strenger Geheimhaltung plant man ab 1956 eine atomare Bewaffnung. Ebenso bespitzelt man die eigenen Bürger. Jeder Zehnte stand damals unter Beobachtung. Manchmal landete einer wegen seiner Kontakte zu den Russen sogar vor Gericht. Einer der führenden Köpfe im Kampf gegen den Kommunismus war der Spezialagent Urs Rappold von der Schweizer Bundespolizei, Abteilung Antispionage, zuständig für Verhöre. So zumindest schildert es Walter Matthias Diggelmann in seinem 1962 erschienenen Roman „Das Verhör des Harry Wind“, den Pascal Verdosci (Regie) und Alex Martin (Drehbuch, Produktion, Schnitt) jetzt für die Leinwand adaptiert haben. „Manipulation“ heißt ihr Film, und dieser Titel zielt auf den Kern der Sache. Mehr noch als um Kalten Krieg, Atomwaffenprogramm und Spionage geht es darin nämlich um das Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion, die Macht der Bilder und die Wirkung von Worten, um Wahrheit und Lüge. Wer da lügt, und zwar wie gedruckt, ist der politische Berater Harry Wind; ein gut aussehender und charmanter Kerl, souverän gespielt von Sebastian Koch. Ein Tausendsassa, der überall gern gesehen ist, ständig seine Finger mit im Spiel hat und auch Rappold (auch als im Rollstuhl sitzender Verhörbeamter ein großer Schauspieler: Klaus Maria Brandauer) ab und zu brisante Informationen zusteckt. Im Jahr 1956 etwa ein Foto, das den Schweizer Reporter und Russland-Experten Werner Eiselin in Moskau bei der Übergabe geheimer Dokumente an den russischen Verbindungsoffizier Wladimir Rotschenko zeigt. Rappold nimmt Eiselin ins Verhör, doch Eiselin weigert sich standhaft, irgendetwas zuzugeben, hält dem Druck aber nicht stand und nimmt sich das Leben. Ein Jahr später, als Wind selbst in die Falle geht und vor Rappold sitzt, dämmert es dem Beamten, dass mit ihm gespielt und er unwissend am Tod eines Menschen mitschuldig wurde.
„Manipulation“ ist ein packender, kraftvoller Politthriller, der, obwohl er vor einem halben Jahrhundert spielt, hoch aktuell anmutet. Er spielt fast ausschließlich in den Verhörzimmern der Bundespolizei, ist gleichwohl aber alles andere als ein in sich geschlossenes Kammerspiel. Denn obwohl der Film auf die beiden Hauptdarsteller fokussiert und zu großen Teilen von deren solider Leistung lebt, verweist er doch immer wieder über sich selbst hinaus und lässt erahnen, welche schwindelerregenden Polit-Spielchen nicht nur damals und nicht nur in der Schweiz gespielt wurden und werden.
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