Was Gott verbindet, das soll der Mensch nicht trennen – und was Gott getrennt hat, soll der Mensch nicht verbinden. So in etwa lautet das Fazit dieses Horrorfilms, in dem eine Paarbeziehung durch das Produkt eines naturwidrigen Synthese-Prozesses zu zerbrechen droht. „To splice“ heißt „zusammenfügen“, und in Vincenzo Natalis Film entsteht aus der Kombination von tierischer und menschlicher DNA ein Monster, das bald der Kontrolle seiner Schöpfer entgleitet: Zwei junge, hochtalentierte Genwissenschaftler, beruflich wie privat ein Paar, schaffen es, aus unterschiedlichen Gensätzen ein künstliches Wesen zu erzeugen. Der eigentliche Zweck ihrer Forschungen, die ein großer Pharmakonzern finanziert, ist die Erschaffung zellklumpenartiger Organismen, die wie Bio-Fabriken wichtige Stoffe für die Medizin produzieren sollen. Doch die Verlockung der eigenen Möglichkeiten ist zu groß: Elsa, noch ein Stück ehrgeiziger als ihr Partner Clive, erschafft Dren, ein hoch entwickeltes humanoides Wesen, das zunächst eine Mischung aus Ekel und Mitleid erweckt wie der verkrüppelte Embyro in David Lynchs „Eraserhead“
(fd 22752), bald aber heranwächst zu einem immer menschenähnlicheren, intelligenten weiblichen Wesen, das gleichermaßen apart und bedrohlich wirkt. Damit ihnen dieses illegal hergestellte „Kind“ nicht entrissen wird, schaffen die Forscher es aus ihrem Labor in eine einsam gelegene Scheune auf dem Land. Dort nimmt nicht nur Drens Entwicklung, sondern auch die Beziehung zu ihren Erzeugern und deren Verhältnis untereinander einen immer unberechenbareren Gang.
Natali („Cube“, fd 34338) inszeniert mit „Splice“ einmal mehr einen Horrorfilm, der sich auf bekannte Genreformeln stützt, diese aber so umsetzt, dass dabei mehr als eine 08/15-Variante des Immergleichen herauskommt. Das hängt, ähnlich wie in „Cube“, zum einen mit seinem Sinn für atmosphärische Rauminszenierungen und ein faszinierendes Production Design zusammen, zum anderen damit, dass seine Geschichten primär von interessanten Figurenkonstellationen und weniger von äußeren Plotpoints bestimmt werden. Seine Schreckensszenarien arbeiten zwar durchaus mit Schockelementen, setzen diese aber sparsam und präzise ein und ziehen ihre Spannung ansonsten daraus, eine Gruppe von Protagonisten in eine Art dramaturgischer Druckluftkammer einzusperren und dabei zuzuschauen, wie sich die Beziehungen zwischen ihnen bis zum Zerreißpunkt anspannen. So gebrauchte „Cube“ zwar eine ähnliche Grundkonstellation wie später die Ableger der „Saw“-Reihe – Menschen werden in eine fatale Fallenkonstruktion eingesperrt –, reduzierte seine Figuren jedoch nicht zu Kanonenfutter für Tötungsszenarien, sondern fokussierte auf die Dynamik zwischen ihnen und ihre nach und nach ans Licht kommenden charakterlichen Untiefen. Auf reißerische Bösewichter konnte dabei getrost verzichtet werden, und das gilt auch für „Splice“. Die Folie des Monster-Horrors ist zwar da, wird aber dadurch unterlaufen, dass Dren letztlich gar nicht als Monster gezeigt wird, sondern als einer von drei höchst ambivalenten Charakteren – dank der Darstellerin Delphine Chanéac, vor allem aber auch dank des hervorragenden Creature Designs, das aus ihrem Körper, ihrem Schauspiel, aus Prothesen und digitalen Effekten eine minutiös zwischen Anziehung und Abschreckung balancierende Figur erschafft. Wenn der deutsche Verleih „Splice“ als „spannenden Science-Fiction-Horror und gleichzeitig eine hochaktuelle Auseinandersetzung mit den Gefahren der Genmanipulation“ charakterisiert (und damit nicht Unrecht hat), ist das doch nur die halbe Wahrheit über den Film, der auch ein Familienmelodram ist und sich mehr für Gender-Konzepte interessiert als für Fragen der Wissenschaftsethik. Dabei schwingt zwar ein unangenehmer reaktionärer Unterton mit, wenn die Verwischung bzw. Auflösung klassischer Geschlechterrollen einmal mehr zur tödlichen Bedrohung stilisiert wird; die Darsteller bewahren ihre Figuren jedoch vor allzu plakativen moralischen Zuschreibungen und gestalten sie lebendig und berührend. Auch dank der stilvollen, dem Noir verschriebenen Bildsprache von Tetsuo Nagata gelingt Natali mit dieser kammerspielartigen Laboruntersuchung einer unheiligen Familie ein interessanter Genrefilm.