Das ganze Leben liegt vor dir

Komödie | Italien 2008 | 121 Minuten

Regie: Paolo Virzì

Eine junge Frau findet nach erfolgreichem Philosophiestudium keinen adäquaten Job und landet in einem Callcenter. Wie in ihrem Privatleben wird sie auch dort mit vielen Menschen und Problemen konfrontiert. Eine unverbrauchte Komödie, die durch die Vermittlung einer sarkastischen Off-Erzählstimme Züge eines modernen Märchens aus dem Niedriglohnsektor annimmt, wobei sie ihre zahlreichen Figuren und Konflikte mit sicherem Gespür für Komik austariert und satirische Einblicke ins moderne Italien gewährt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TUTTA LA VITA DAVANTI
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Medusa Film/Motorino Amaranto
Regie
Paolo Virzì
Buch
Francesco Bruni · Paolo Virzì
Kamera
Nicola Pecorini
Musik
Franco Piersanti
Schnitt
Esmeralda Calabria
Darsteller
Isabella Ragonese (Marta) · Micaela Ramazzotti (Sonia) · Sabrina Ferilli (Daniela) · Valerio Mastandrea (Giorgio Conforti) · Elio Germano (Lucio 2)
Länge
121 Minuten
Kinostart
18.03.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 2.35:1, DD5.1 ital./dt.)
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Diskussion
In den ersten Minuten des Films sieht man Marta in einem Bus durch Rom zur Arbeit fahren. Sie blickt hinaus und sieht alle Menschen tanzen. Die Stimme einer alten Erzählerin, die weite Strecken des Films kommentiert, beurteilt Marta nach dieser kleinen, an Fellini erinnernden Einlage: So gern sie Teil der Tanzenden gewesen wäre, sie wüsste nicht einmal die Schritte. Marta ist eine junge, rothaarige Italienerin Ende Zwanzig, die gerade ihr Philosophiestudium mit Bravour abgeschlossen hat. Bis vor Kurzem lebte sie in einer Wohngemeinschaft, ist jüngst aber hinaus geworfen worden; ihr Freund hat sich in die USA verabschiedet, wo er eine Stelle antreten wird. Ihre Mutter lebt mehrere Stunden entfernt und ist eine Krebspatientin. Marta bewirbt sich bei verschiedenen Verlagen, die alle von ihrer Leistung beeindruckt sind, aber keinen Job für sie haben. Schließlich wird sie von einem Mädchen in der Straßenbahn dazu auserkoren, ihre Babysitterin zu werden. Wenig später zieht sie zu der jungen, sehr ausgelassen lebenden Mutter und ihrer Tochter und landet in einem Großraumbüro als Callcenter-Telefonistin. Hier findet ihre Traumvorstellung von tanzenden Menschen einen schwachen Widerhall in dem allmorgendlichen Motivationslied, das die Damen unter der Leitung von Chefin Daniela ausführen müssen. Marta ist gut in ihrem Job: Während sie eine Haushaltsmonstrosität anbietet, deren genaue Funktionen im Unklaren bleiben, sucht sie im Internet die Adresse der Angerufenen heraus und behauptet, in der Nähe aufgewachsen zu sein. Die vorgebliche Vertrautheit zu ihren meist altersschwachen Kunden zahlt sich aus. Schließlich treten auch noch interessante Männer in ihr Leben, wie der junge Gewerkschafter, der die Frauen auf ihre Rechte aufmerksam machen will, ein Kollege aus der Vertreterriege der Firma, der versucht, mit den Männlichkeitsritualen seines Firmenzweiges Schritt zu halten, und auch der Chef, ein ausgebrannter, geschiedener Mann, der sich seiner Ex-Frau nicht mehr nähern darf, aber unter seinen Mitarbeitern den virilen Lebemann gibt. Zeitweise wirkt der Film durch die Erzählerin und ihren spöttisch-sarkastischen Unterton wie ein modernes Märchen, eine Fabel aus der Welt des Niedriglohnsektors. Obwohl die Geschichte streckenweise ebenso sehr mäandert wie ihre perspektivlose Protagonistin, wurde die Vielfalt der Themen durch Regisseur Paolo Virzi, der das Drehbuch zusammen mit Francesco Bruni schrieb, elegant gebändigt. Kultisch-bizarre Arbeitsrituale, die junge Mutter, die sich wie ein Teenager aufführt und Marta unwissentlich einen Mann wegschnappt, ein Kollege, der am Druck zerbricht, die Probleme des Älterwerdens einer ehedem begehrten Frau (verkörpert von Sabrina Ferilli, die sich hier selbst zu karikieren scheint): all das fügt sich zu einer leichtfüßigen Komödie zusammen, die frisch, unverbraucht, vor allem sehr lustig ist. „Das ganze Leben liegt vor dir“, sagt ausgerechnet die sterbenskranke Mutter zu Marta. Ein Satz, der sie einschüchtert. Sie führt den Zuschauer mit kritischem Blick durch den Wahnsinn ihres Alltags, was vielleicht auch ein Grund ist, weshalb der Zuschauer Anteil nehmen kann an den gegen Schluss immer dramatischeren Wendungen (auch ein Mord fehlt in diesem Film nicht). Was wohl als eine Art Bestandsaufnahme des modernen Italiens gedacht war, entpuppt sich als zeitgemäße Persiflage, deren scharfsichtige Weltkenntnis keine Illusionen zulässt. Und so spielt der versöhnliche Schluss auch fernab der Großstadt, zwischen wild wachsendem Wein und fern von Telefonen.
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