Erik Kernan ist es leid, als drittklassiger Sportreporter bei der Denver Times zu versauern. Er möchte in die Fußstapfen seines berühmten Vaters treten und nicht den Rest seines Lebens über mittelprächtige Sportveranstaltungen berichten. Doch Erik, der in Trennung lebt und um das Sorgerecht für seinen sechsjährigen Jungen kämpft, weiß längst, woran es hapert – sein Stil ist zwar ganz passabel, doch es fehlt das Herzblut. Das Blatt scheint sich zu wenden, als er eines Tages einem Obdachlosen aus der Klemme hilft, der sich als ehemaliger Box-Champion zu erkennen gibt. In den 1950er-Jahren war „Battling Bob Satterfield“ die Nummer 3 der Weltrangliste. Ältere Boxexperten erinnern sich in der Tat an den Sportler, aber auch an das Gerücht, dass Bob schon lange nicht mehr unter den Lebenden weile. Eriks Eifer tut das allerdings keinen Abbruch; er glaubt fest an seine „Quelle“ und kann seinen Chefredakteur von der Story überzeugen. Satterfields Lebensgeschichte wird dann auch der Knaller und ebnet Erik den Weg zu einem Sportkanal, doch mit dem Erfolg verdichten sich die Zweifel an Satterfields Geschichte. Ein ehemaliger Boxpromoter entlarvt anhand alter Filmaufnahmen die tragische Lebenslüge des angeblichen Champions, die seinen unaufhaltsamen Abstieg einleitete.
Rod Luries „The Champ“ ist mehr als ein Sportfilm, obwohl er im Boxmilieu angesiedelt und mit zahlreichen Kampfausschnitten und den Namen etlicher Box-Legenden unterfüttert ist – der wahre Jake LaMotta meldet sich sogar am Telefon. Der Film nach einer wahren Begebenheit weist weit über das Genre hinaus, verdichtet er sich doch zu einer Geschichte über Ruhm, Wahrhaftigkeit und Moral, letztlich zu einer Erzählung über Väter und Söhne und über Familienideale. Wie brüchig die damit verbundenen Glücksvorstellungen sind, zeigt Bobs Geschichte, der seinem Sohn mit allen Mittel imponieren wollte und dabei über jedes Ziel hinausschoss. Erik ist auf dem besten Weg, den gleichen Fehler zu begehen. Er schwindelt seinem Sohn Tag für Tag vor, mit den Größen der Sportwelt auf Du und Du zu stehen, und genießt die Bewunderung, die der Kleine ihm entgegenbringt. Dass dies nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Als Erik in der Klasse des Sohnes einen Vortrag über seine großen Reportererlebnisse halten soll, hat die Stunde der Wahrheit geschlagen. „The Champ“ bietet eine interessante Genremischung, deren zwei Erzählstränge parallel und in ruhigem Tempo entwickelt werden, wobei sich zum Ende hin dank einer geschickten Regie die Familiendramen gegen den Sportfilm behaupten. Ein klug gegen sein Rollenklischee besetzter Samuel L. Jackson und Josh Harnett als sein weich gezeichneter Partner tragen das Ihre zum Gelingen eines soliden Films bei, der auch in den Nebenrollen mit einigen Überraschungen aufwartet.