Fünf Jahre aus dem Leben des Arztes, Theologen und Kulturphilosophen Albert Schweitzer (1875-1965): Während einer Reise durch die USA, auf der er Geld für sein Urwald-Hospital in Gabun sammelt, gerät der Humanist wegen seines Engagements gegen die Atombombe in Misskredit, sodass seinem Krankenhaus die Schließung droht. Dialogorientierte, konventionell inszenierte, in der Titelrolle gut gespielte Filmbiografie. Obwohl stilistisch nicht sehr versiert, besticht sie durch die differenzierte Darstellung einer vielschichtigen, auch widersprüchlichen Persönlichkeit, deren Arbeit gewürdigt wird, ohne Schweitzer dabei zum Helden zu stilisieren.
- Ab 14.
Albert Schweitzer - Ein Leben für Afrika
Biopic | Deutschland/Südafrika 2009 | 114 Minuten
Regie: Gavin Millar
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Filmdaten
- Originaltitel
- ALBERT SCHWEITZER
- Produktionsland
- Deutschland/Südafrika
- Produktionsjahr
- 2009
- Produktionsfirma
- Salina Filmgesellschaft/Two Oceans Prod./ARD Degeto
- Regie
- Gavin Millar
- Buch
- Gavin Millar · David Howard
- Kamera
- Cinders Forshaw
- Musik
- Colin Towns
- Schnitt
- Oli Weiss
- Darsteller
- Jeroen Krabbé (Albert Schweitzer) · Barbara Hershey (Helene Schweitzer) · Judith Godrèche (Thérèse Bourdin) · Samuel West (Phil Figgis) · Jeanette Hain (Rhena Schweitzer)
- Länge
- 114 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Biopic
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Albert Schweitzer (1875-1965): Arzt, Theologe, Kulturphilosoph, Friedensnobelpreisträger. Musikliebhaber schätzen ihn auch als begnadeten Organisten, der die Werke von Johann Sebastian Bach stilgerecht interpretierte und sogar ein Buch über den Komponisten geschrieben hat, das heute noch als Standardwerk gilt. Vor allem aber kennt man ihn als engagierten Humanisten, der mit seiner Frau Helene ins zentralafrikanische Gabun ging, um dort ein Krankenhaus aufzubauen. Eine schillernde, vielschichtige Persönlichkeit also, der man in knapp zwei Kinostunden kaum gerecht werden kann. Der britische Regisseur Gavin Millar begeht – im Auftrag der Produktionsfirma NFP, die bereits die Filmbiografien „Bonhoeffer – Die letzte Stufe“ (fd 34 406) und „Luther“ (fd 36 187) auf den Weg brachte – auch gar nicht erst den Fehler, Schweitzers Leben filmisch nacherzählen zu wollen; nicht einmal der Untertitel „Ein Leben für Afrika“ gilt als Richtschnur, denn Schweitzer ist zu Beginn des Films bereits 74 Jahre alt; Afrika hat er zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach bereist und lebt seit neuneinhalb Jahren in Lambarene. Der Film konzentriert sich – auf der Basis einer Biografie und des Originaldrehbuchs von James Brabazon – auf die Jahre zwischen 1949 und 1954, jenen Zeitraum, der als der turbulenteste, zumindest aber als der schwierigste im Leben Schweitzers gelten kann, in dem er als engagierter Mahner und politische Figur hervortrat.
Der Film beginnt mit einer Reise Schweitzers durch die USA. Hier ruft er bei Konzerten und Vorträgen zu Spenden für sein Urwald-Hospital in Lambarene auf. Doch die anfängliche Welle der Sympathie schlägt urplötzlich in Feindseligkeit um. Denn Schweitzer stellt sich demonstrativ an die Seite seines langjährigen Freundes Albert Einstein, der wegen seiner vehementen Kritik an der Atombombe „antiamerikanischer Aktivitäten“ bezichtigt wird. Damit gerät auch Schweitzer ins Fadenkreuz von McCarthys Kommunistenjägern, deren Einfluss erheblich ist. Nicht nur, dass der Ruf des 74-Jährigen in der Presse systematisch diskreditiert wird; auch seinem Krankenhaus in Gabun droht die Schließung. Der Grund: Eine ominöse Übergangsregierung will, unterstützt von amerikanischen Geheimdiensten, an anderer Stelle eine neues Hospital bauen. Die hygienischen Zustände in Lambarene seien unhaltbar, modernes Gerät würde verrotten, Medikamente in den Fluss gespült, Schweitzer selbst ginge nach Gutsherrenart seiner Arbeit nach. Als Antagonist, der pars pro toto das Böse personifiziert, fungiert dabei der Agent Phil Figgis. Er gibt sich als Journalist aus, erschleicht sich das Vertrauen von Schweitzer und seiner Frau und spannt sogar die arglose Fotografin Thérèse Bourdin für seine Zwecke ein. In dem Zwiespalt, sein Lebenswerk zu retten und gleichzeitig die Welt vor der Atomgefahr zu warnen, erhält Schweizer jedoch unerwartete Hilfe.
Glücklicherweise erliegt die Inszenierung nicht der Versuchung, Schweitzer als makellosen Helden zu idealisieren. Seine Naivität im Umgang mit der Presse spart sie ebenso wenig aus wie seine undiplomatische Kompromisslosigkeit in politischen Fragen oder seine patriarchalische Arbeitsweise, die auch zu Lasten seines privaten Umfelds geht. Zur Ambivalenz von Schweitzer trägt auch bei, dass an den Vorwürfen über die Zustände im Krankenhaus etwas dran sein könnte – auch wenn mit der korrupten Pharmaindustrie ein Schuldiger eindeutig benannt ist. So entsteht im Laufe des Films das Porträt eines widersprüchlichen Charakters. Jeroen Krabbé hat sich die Persönlichkeit Schweitzers mit Tropenhut und weißem Schnäuzer zu eigen gemacht. Wenn er mitunter ein wenig blass wirkt, ist das der perfekte Ausdruck der gelegentlichen Rat- und Entschlusslosigkeit seiner Figur. Dagegen gefällt sich Armin Rohde als Albert Einstein in einer grotesken, statisch wirkenden Mimikry, die die Grenze zum Lächerlichen überschreitet. Stilistisch vermag der Film nur selten zu überzeugen. Nicht die Bilder, sondern die Dialoge treiben die Handlung voran und klären Konflikte. Die Kamera beschränkt sich auf pittoreske Tableaus der Natur, die – vielleicht der interessanteste Aspekt – im krassen Gegensatz zu den geschäftigen Großstädten steht, in die der Film stets zurückkehrt. „Albert Schweitzer“ weist in seiner konventionellen Inszenierung nicht über sich hinaus. Und doch bringt er einen Menschen näher, von dem man bislang nur einzelne Facetten kannte.
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