Als Eintracht Braunschweig in der Bundesliga-Saison 1966/67 deutscher Fußballmeister wurde, waren die sechs Männer, die sich dieses Datum auf die Brust tätowieren ließen, noch gar nicht geboren. Sie sind Mitte 30 und haben ganz unterschiedliche soziale Hintergründe. Florian, der Anführer, ist Sohn eines reichen Unternehmers und soll demnächst die Dependance der Firma in China leiten. Otto lebt von Hartz IV; Henning arbeitet tagsüber bei der Polizei und klaut nachts mit seinen Kumpels ein Paul-Breitner-Porträt aus der Eintracht-Geschäftsstelle. Tamer rackert im väterlichen Gastbetrieb. Christian verdingt sich als Wachmann, hat aber große Pläne, die er in einem Notizbuch minutiös durchkalkuliert. Als nächstes steht die Hochzeit mit Freundin Mareille auf seinem Lebensfahrplan. Natürlich mit Antrag im Stadion. Noch immer glauben die gar nicht mehr so jungen Männer nämlich, dass sich bei ihnen alles um Fußball dreht. Schmerzlich merken sie nach und nach, dass das längst nicht mehr stimmt.
„66/67 – Fairplay war gestern“ ist ein Coming-of-Age-Film für Spätzünder. Am Rande von Fußballspielen treffen sich die alternden Hooligans mit rivalisierenden Fangruppen auf Parkplätzen, um sich zu prügeln. Ein Ball ist dabei nicht im Spiel. Auch beim Anzünden gegnerischer Vereinskutten ist fußballerischer Sachverstand nicht gefragt. Das Spiel auf dem Rasen dient der martialischen Ersatzfamilie lediglich als identitätsstiftende Projektionsfläche. Für die drohenden Fragen der Midlife-Crisis liefern die pubertären Strategien keine befriedigenden Antworten mehr. Der smarte Florian, den Fabian Hinrichs leider ein wenig überspielt, wäre eigentlich intelligent genug, um das zu erkennen, scheut sich aber davor, Verantwortung zu übernehmen. Seinem Vater verschweigt er, dass er seinen Abschluss schon in der Tasche hat. Mit seiner Freundin ist er nicht bereit, „das Gewaltding“ zu diskutieren. Den Absprung in ein neues Leben wagt er nicht. Das alte geht trotzdem dahin. Mareille gibt Christian im Stadion einen Korb. Henning wird suspendiert. Otto hadert mit seiner Homosexualität. Und die Gewalt, die wie eine Droge immer stärker ist als diejenigen, die nach ihr süchtig sind, eskaliert.
Mit elektrisierendem Sound und coolen Sprüchen vermittelt der Film ein Gefühl für die Faszination, die eine Hooliganbande auf ihre Mitglieder ausüben kann. Der dramaturgisch überzeugend aufgebaute Ensemblefilm zeigt aber auch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Illusionen von Kameradschaft und Fairplay an der nie stillhaltenden Realität zerrieben werden. Die erste Lüge besteht ohnehin bereits darin, dass sich diese Männer, die lieber gegen Leiber als gegen Bälle treten, überhaupt als Fußballfans bezeichnen.