Das Mädchen aus Monaco

Komödie | Frankreich 2009 | 94 Minuten

Regie: Anne Fontaine

Ein Staranwalt mittleren Alters, der mit Frauen zwar zu flirten versteht, dann aber regelmäßig kalte Füße bekommt und die Flucht ergreift, übernimmt die Verteidigung einer alten Dame, die ihren jüngeren Liebhaber ermordet haben soll. Über seinen Bodyguard, dessen unverkrampftes Verhältnis zu Frauen und zur körperlichen Liebe das des Anwalts konterkariert, lernt er eine zauberhafte Moderatorin kennen. Liebestrubel und Verwicklungen um den Mord verweben sich zu einem raffinierten Netz, das die geschickt entwickelte, mit charmanten Darstellern glänzende Thriller-Komödie ebenso humor- wie spannungsvoll auswirft. - Ab 14 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
LA FILLE DE MONACO
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Soudaine Compagnie
Regie
Anne Fontaine
Buch
Anne Fontaine · Benoît Graffin
Kamera
Patrick Blossier
Musik
Philippe Rombi
Schnitt
Maryline Monthieux
Darsteller
Fabrice Luchini (Bertrand Beauvois) · Roschdy Zem (Christophe) · Louise Bourgoin (Audrey Varella) · Stéphane Audran (Édith Lassalle) · Gilles Cohen (Louis Lassalle)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14 möglich.
Genre
Komödie | Thriller
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
MFA/Ascot/Elite (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz./dt.)
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Diskussion
Es gibt viele Gründe, an die Côte d’Azur zu reisen, doch Arbeit ist gewiss nicht der erste, der einem spontan einfällt. Die tief lotende Komödie „Das Mädchen aus Monaco“ trägt ihren Austragungsort bereits im Namen, aber Bertrand Beauvois ist weder nach Monte Carlo gekommen, um sein Geld an die Spieltische zu tragen, noch um sein Glück in der Liebe zu versuchen. Das Liebesspiel stellt für den Mann in seinen besten Jahren ohnehin eher eine Art Nebenkriegsschauplatz dar – und ein Schlachtfeld, auf dem der eloquente Endfünfziger regelmäßig verliert. Sein Problem: Beauvois flirtet mit Passion, weiß Frauen mit wohl gesetzten Pointen in die Offensive zu locken und ergreift dann aufgrund seiner panischen Angst vor der „wichtigsten Nebensache der Welt“ jäh die Flucht. Der Pariser Staranwalt ist nach Monaco gekommen, um die reife Madame Lassalle zu verteidigen, die ihren jungen russischen Liebhaber mit 17 Messerstichen getötet hat. Allerdings pfeift Madame auf einen Anwalt und schweigt zu Tathergang und Motiv beharrlich. Es wird sich herausstellen, dass der Schlüssel zum Verständnis ihrer Tat eine Lebens- bzw. Liebeserfahrung voraussetzt, die Maître Beauvois vollkommen fehlt, ein Defizit, das er jedoch bald auszugleichen in der Lage sein wird. Wie in den Filmen Hitchcocks verfängt sich die Hauptfigur unversehens in einem aus eigenen (verdrängten) Leidenschaften und Intrigen gewobenen Netz. Wie der vermeintlich mit allen Wassern gewaschene Advokat den Boden unter den Füßen verliert und sich unter veränderten Vorzeichen neu definieren und entdecken muss, ist nicht zuletzt dank des fabelhaften Hauptdarstellers Fabrice Luchini ein unheimliches Vergnügen. Regisseurin Anne Fontaine wandelt mit ihrer bourgeoisen Hauptfigur in einer Identitätskrise auf den Spuren von Claude Chabrol, und das nicht nur, weil Chabrols Muse Stéphane Audran in der Nebenrolle der eisern schweigenden Angeklagten zu erleben ist. Katalysator der Verwirrtheit des Anwalts ist sein wortkarger Bodyguard Christophe, den Roschdy Zem mit sprödem Charme verkörpert. Nicht zufällig ist Christophe – dessen Schutzauftrag durch die Verwicklung der Russen-Mafia in die Mordaffäre erforderlich ist – in einer frühen Szene in einer verspiegelten Hotel-Lobby zusammen mit Beauvois zu sehen; der Bewacher ist das spiegelsymmetrische Gegenstück zum Anwalt: sehnig-muskulös gebaut, dem weiblichen Geschlecht ohne übermäßige Ambitionen zugetan, aber auch ohne Anflug von schlechtem Gewissen Lust und Leidenschaft genießend. Beauvois, der seinen „Schatten“ zuvor als lästig empfand, begreift bald, dass Christophe – wie Don Giovannis Leporello – ganz gut als Blitzableiter für lästig-lüsterne Damen zu gebrauchen ist. Während der schwierige Prozess sich hinschleppt, führt Christophe „seinem Herrn“ sogar ein schönes „Mädchen aus Monaco“ zu, mit dem der Security-Mann selbst eine kurze Affäre hatte. Beauvois durchläuft eine eigentümliche Verwandlung. Er verliebt sich Hals über Kopf in diese Audrey, die reizende Wetterfee vom monegassischen Fernsehen (unwiderstehlich: Louise Bourgoin). Die bauernschlaue Moderatorin, für die beruflicher Aufstieg und gesellschaftliches Renommé über wahrer Liebe rangiert, krempelt den Juristen vollkommen um. Zu den Qualitäten des Drehbuchs gehört es, dass auch die Figur Christophes im Lauf der Eskapaden ihres Herrn immer mehr an widersprüchlicher Tiefe gewinnt. Einerseits reagiert der Bodyguard mit unterschwelliger Eifersucht auf die Unternehmungen des ungleichen Paars, andererseits ist er sich über Audreys eigennützige Absichten im Klaren, während Beauvois in sinnenverwirrter Liebe zur stürmischen Wetterberichterstatterin entbrannt ist. Mehr als dem Verteidiger selbst liegt Christophe inzwischen der professionelle Ruf Beauvois’ und ein für Madame Lassalle glimpflicher Ausgang des Mordprozesses am Herzen. Christophe scheint in Sachen Audrey zu allem entschlossen, und die Haarnadelkurven der Côte d’Azur sind gefährlich, wie man nicht erst seit Grace Kellys riskantem Fahrstil in „Über den Dächern von Nizza“ (fd 4625) und Fürstin Gracias tragischem Ableben weiß (letzteres Ereignis findet Niederschlag in einem ahnungsvollen Filmdialog). Zu (gar nicht so) guter Letzt dürfte sich im Publikum Unsicherheit darüber breit machen, ob es sich hier um eine Komödie mit Thriller-Elementen oder einen humorvollen Thriller handelt. Fest steht, dass „Das Mädchen aus Monaco“ an Unterhaltsamkeit und souverän geführter Spannungskurve seinesgleichen sucht, zuzüglich eines Final Twist, der den Zuschauer noch einmal ganz schön ins Schleudern bringt.
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