Proteste gegen IWF und Weltbank beherrschen das Straßenbild von Madrid, während ein Großkonzern zum Bewerbungsgespräch lädt. Sieben Kandidaten bewerben sich für den Posten eines Top-Managers: Zwei Frauen und fünf Männer sitzen um einen Konferenztisch, ausgewählt werden soll nach der Grönholm-Methode, ob sie von Kameras beobachtet werden oder ein "Spitzel" der Firma unter ihnen sitzt, darüber können die Kandidaten nur spekulieren. Ein Kammerspiel unter klinischen Laborbedingungen, das fragt, wie manipulierbar der Mensch ist, wo Menschlichkeit endet und ein Lebewesen zum kalt funktionierenden Erfüllungsgehilfen des Systems wird. Elegant und präzise inszeniert, zudem herausragend gespielt, entwirft der Film das apokalyptische Szenario eines Systems, das nur Verlierer kennt. (O.m.d.U.)
Die Methode - El Método
- | Argentinien/Spanien/Italien 2005 | 112 Minuten
Regie: Marcelo Piñeyro
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Filmdaten
- Originaltitel
- EL MÉTODO
- Produktionsland
- Argentinien/Spanien/Italien
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Tornasol Films/Arena Films/Cattleya/Alquimia Cinema
- Regie
- Marcelo Piñeyro
- Buch
- Mateo Gil · Marcelo Piñeyro
- Kamera
- Alfredo F. Mayo
- Musik
- Frédéric Bégin · Phil Electric
- Schnitt
- Iván Aledo
- Darsteller
- Eduardo Noriega (Carlos) · Ernesto Alterio (Enrique) · Carmelo Gómez (Julio) · Najwa Nimri (Nieves) · Eduard Fernández (Fernando)
- Länge
- 112 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Das vereinte Volk kann niemals besiegt werden, so skandieren die Demonstranten. Proteste gegen IWF und Weltbank beherrschen das Straßenbild von Madrid, während ein nicht näher präzisierter Großkonzern zum Bewerbungsgespräch lädt: Sieben Kandidaten bewerben sich um den Posten eines Top-Managers. Die Demonstration der Globalisierungsgegner fungiert dabei nicht nur als dramaturgische Klammer, sie bildet vor allem die Folie für das zentrale Geschehen. Der zitierte Schlachtruf lässt sich nämlich auch als ironischer Kommentar verstehen: In dem sterilen Besprechungszimmer des Büroturms lautet die Devise keinesfalls „vereint“, sondern vielmehr „jeder gegen jeden“. Zwei Frauen und fünf Männer sitzen um einen Konferenztisch, ausgewählt werden soll nach der so genannten Grönholm-Methode: Ob sie von Kameras beobachtet werden oder ein „Spitzel“ der Firma unter ihnen sitzt, darüber können die Kandidaten nur spekulieren. Über Computerbildschirme bekommen sie Aufgaben gestellt: etwa einen unter ihnen einstimmig zum Chef zu wählen. Gute Argumentation und Taktik sind also gefragt, aber auch pures Effizienzdenken, Skrupellosigkeit und gezielte Gemeinheiten.
Mit der Verfilmung des Bühnenstücks „El método Grönholm“ von Jordi Galcerán schuf Marcelo Piñeyro ein Kammerspiel unter klinischen Laborbedingungen, das um die Fragen kreist: Wie manipulierbar sind wir? Wie sehr lassen wir uns für die Aussicht auf Macht und Geld korrumpieren und demütigen? Wo endet die Menschlichkeit, wo wird ein Lebewesen zum kalt funktionierenden Erfüllungsgehilfen eines durchrationalisierten Systems? Solche Fragestellungen und entsprechende (künstlerische) Versuchsanordnungen sind zwar nicht neu; auch schimmert hier immer mal wieder das Konstrukt hinter dem Plot hervor. Mit seiner eleganten, sehr präzisen Inszenierung und den durchweg herausragenden Schauspielern gelingt es Piñeyro jedoch, erhellende Funken aus der schon etwas abgehangenen Kritik an den entfremdeten Arbeitswelten zu schlagen. Wenn am Ende der letzte Kandidat den Glasturm verlässt und in ein apokalyptisches Szenario tritt, eine menschenleere, von zerknüllten Transparenten und brennenden Autos übersäte Straße, dann ist das ein eindrückliches Bild für die Erkenntnis: Dieses System kennt nur Verlierer.
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