Es ist eine faszinierende Vorstellung, zumindest für einen Horrorfilm: eine Seele, die so böse ist, dass sie nicht in die Hölle darf. Eine junge Frau, Casey, wird von seltsamen Tagträumen gepeinigt. Hunde, die Masken anstelle von Köpfen tragen, ein grimmiger kleiner Junge, der wie aus dem Nichts erscheint, und immer wieder ein toter Fötus. Die ansonsten rationale Studentin beginnt, an ihrem Verstand zu zweifeln, zumal ihr Freund Mark und ihre Freundin Romy immer mehr um Caseys Seelenheil bangen. Doch es sind keine gewöhnlichen Albträume, von denen Casey heimgesucht wird, sondern Vorboten für etwas Unaussprechliches. Das scheint in ihrer Familie begründet und bezieht sich auf Verwandte, die sie einmal hatte und solche, die sie nie bekommen durfte.
Im Kino nennt man jenseitige Kreaturen Poltergeister oder schlicht Dämonen; im jüdischen Volksglaube kennt man Seelen, Dibbuk genannt, die nach dem Tod eines Menschen in einem Zwischenreich umherirren und keine Ruhe finden. Gerade sie sind es, die sich besonders intensiv nach neuen Körpern sehnen und – so sie ein Schlupfloch zurück in die Wirklichkeit finden – ihre Opfer nicht selten zerstören. David S. Goyer, von dem die Drehbücher zu „Batman Beginns“
(fd 37 111) und „The Dark Knight“
(fd 38 851) stammen, schlägt mit seiner Inszenierung von „The Unborn“ eine neues Kapitel innerhalb der „Exorzist“-Variationen auf. Eine gewisse Ernsthaftigkeit ist dem Film deshalb nicht abzusprechen, der mit Gary Oldman als exorzierendem Rabbi einen durchaus seriösen Ansatz verfolgt. Doch dies sowie die solide Kamera und das vorzügliche Sounddesign sind kein Garanten für ein Werk von bleibendem Eindruck, was auch an Michael Bay als Produzenten liegen mag, der in letzter Zeit (mit wenigen Ausnahmen) uninspirierte, schnell hingeworfene Remakes von Horrorklassikern („The Amityville Horror“, fd 37 041, „Freitag der 13., fd 39 165) verantwortet. Was atmosphärisch hätte sein können, so man sich auf die (jüdische) Religionsmystik konzentriert hätte, gerät schnell zur langatmigen Schauermär, die sich kruder Handlungsausflüge bedient, etwa KZ-Experimente an Kindern, und sich immer mehr in Ungereimtheiten verwickelt. Statt die Handlung mit innerer Logik am Leben zu halten, geht Goyer allzu schnell zum schlicht gestrickten „Besessenheitsgemetzel“ über, das in einer nahezu lächerlichen Teufelsaustreibung mündet, bei der eigentlich niemand besessen ist. Erschreckend an „The Unborn“ ist lediglich, dass seine Macher glauben, hübsch aufgestylte Mädchen besonders dämliche Dinge tun lassen zu müssen. Spätestens seit „Scream“
(fd 33 767) sollte man doch solche Klischees im Horror-Genre eigentlich hinter sich gelassen haben.