Dokumentarfilm | Großbritannien 2007 | 107 Minuten

Regie: Stephen Walker

Humorvoller Dokumentarfilm über die Proben und Auftritte des Seniorenchors "Young@Heart", dessen Mitglieder im Durchschnitt 80 Jahre und älter sind. Der Chor widmet sich nicht Volksliedern oder Evergreens, sondern Klassikern der Rock- und Pop-Musik, etwa von "The Clash", James Brown, Bruce Springsteen, "The Ramones" oder den "Talking Heads". Mitreißend und bewegend wird der Lebenshintergrund der Chormitglieder beleuchtet. In erster Linie geht es aber um das Lebensgefühl und die -freude der in die Jahre gekommenen Sänger, die allerdings auch den Tod zweier Bandmitglieder verkraften müssen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
YOUNG@HEART | YOUNG AT HEART
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Walker George Films
Regie
Stephen Walker · Sally George
Kamera
Ed Marritz · Simon Poulter
Schnitt
Chris King · Vid Price
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Senator (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl.)
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Diskussion
Da streifen sich alte Menschen Bluejeans, schwarze T-Shirts und Sonnenbrillen über, singen aktuelle Pophits und klassische Punk- und Rocksongs von Bands wie „Coldplay“, „The Clash“ oder den „Ramones“ und ernten auf ihren Tourneen in den USA und später in Europa fast überall begeisterte Kritiken. Gemeinsam mit seiner Produzentin und Partnerin Sally George erlebte der britische Filmemacher Stephen Walker die Band in London und entschloss sich spontan, einen Dokumentarfilm über sie zu drehen. Schlimmstenfalls kann das in peinlichen Bloßstellungen enden, bestenfalls in entzückendem Wohlfühlkino mit einer Prise Nachdenklichkeit. Jimi Hendrix’ „Purple Haze“ verwandelt sich in der Interpretation des US-amerikanischen Altenchors „Young at Heart“ zur Chiffre für Alzheimer. Und wenn die über 90-jährige Eileen Hall den „The Clash“-Song „Should I stay or should I go“ ins Mikrofon brüllt, klingt das weniger nach der Trennung von einer Liebe als nach einem möglichen Abschied vom Leben. Eine „Rockoper über das Alter“ wollte Walker drehen und dabei auch die Augen vor dem Sterben nicht verschließen. Die Gespräche mit den Chorsängern, in denen sie vom Tod enger Freunde erzählen und über ihr eigenes Sterben philosophieren, waren schon im Kasten. Aber im fertigen Film tauchen sie nicht auf. Denn völlig unerwartet starben während der Dreharbeiten innerhalb einer Woche zwei Mitglieder der Band: Bob Salvini, der noch vor wenigen Tagen mit Fred Knittle an einer Cover-Version von Coldplays „Fix you“ geprobt hatte, und Joe Benoit, der als Frontmann auf den Postern zur bevorstehenden Tournee abgebildet war. „Das“, sagt Regisseur Walker, „hat alles verändert.“ Aus einem putzigen kleinen Filmchen, das mit den von Dirigent Bob Cilman charmant und humorvoll geleiteten Chorproben ein imposantes Konzertfinale vorbereitet, war nun mit einem Mal ein ebenso erschütterndes wie berührendes Dokument des Lebens und Sterbens geworden. Ein Film, der unter die Haut geht und den man lange nicht vergessen wird, weil er so tieftraurig und dabei zugleich so wundervoll heiter und hoffnungsfroh ist. Unmittelbar nachdem sie von Bob Salvinis Tod erfahren haben, treten die Mitglieder des „Young at Heart“-Chors in einer Haftanstalt auf und singen im Gedenken an ihren verstorbenen Freund Bob Dylans „Forever Young“. So sparsam man in Filmkritiken mit Superlativen umgehen sollte: das ist zweifellos eine der ergreifendsten Szenen der Dokumentarfilmgeschichte. Dieser Moment ist so traurig, dass er selbst hartgesottenen Knastbrüdern Tränen in die Augen treibt, und zugleich so liebevoll, zärtlich, dass man sich nicht länger fragen muss, ob es richtig war, dass die Band trotz Bob Salvinis Tod auftrat. Man spürt förmlich, dass sie für ihn auftreten und damit seinem Tod und auch dem eigenen ein wenig den Schrecken nehmen. Bezwingen freilich lässt sich der Tod auch mit den wehmütigsten Liedern nicht. Nur wenige Tage später kehrt er zurück. Diesmal stirbt mit Joe Benoit einer der populärsten Sänger des Chors. Joe Benoit war so etwas wie die Seele der Band; nicht nur auf dem Tourneeplakat stand er im Zentrum. Im Film sieht man, wie sein Freund Lenny eben jenes Plakat im Proberaum aufhängt. Kurz danach teilt Regisseur Walker der Band mit, dass Joe verstorben ist. Doch so hart die Nachricht von Joes unerwartetem Tod seine Kollegen und Freunde trifft; auch diesmal entscheiden sie sich, die Tournee fortzusetzen. Es folgt die zweite Szene, mit der „Young@Heart“ Dokumentarfilmgeschichte schreibt: Fred Knittles längst schon auf YouTube zu bewundernder Auftritt mit Sauerstoffgerät. Schwer atmend und übergewichtig, sitzt er auf dem Stuhl, widmet seine Version von „Fix you“ den beiden Verstorbenen und singt nun das, was ursprünglich als Duett geplant war, alleine. Es ist unmöglich, bei der Textzeile „When you try your best, but you don’t succeed“ nicht an Bob Salvini und Joe Benoit zu denken, die ihren Erkrankungen zum Trotz alles dafür taten, um an der Tournee des Chors teilnehmen zu können. Es stimmt zumindest ein wenig tröstlich, dass sie es dank Stephen Walkers wundervollem Film postum irgendwie doch noch geschafft haben. Walker selbst weiß, dass ihm mit „Young@Heart“ etwas ganz Außerordentliches geglückt ist, will seinen Anteil daran aber nicht überbewerten: „Ich habe nur die Kamera laufen lassen.“ So einfach kann große Kunst sein.
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