Die Rätsel um den Absturz des Zeppelins "Hindenburg" im Jahr 1937 dient als Ausgangspunkt für ein mit mehreren Zeitebenen jonglierendes Familiendrama: Der ungeklärte Tod eines Zellenpflegers bei der Katastrophe und der Treuebruch von dessen Frau wird für den Sohn zum Trauma, an dessen Aufarbeitung noch der Enkel zu tragen hat. Auch wenn die "Privatisierung" des historischen Ereignisses den Dimensionen kaum gerecht wird, überzeugt der Film durch seine Bildsprache, die geschickt Archivmaterial und Selbstinszeniertes mischt, sowie die Poesie, die sich aus der metaphorischen Verbindung des fragilen Luftschiffs und der Zartheit der zwischenmenschlichen Beziehungen und Träume ergibt.
- Ab 12.
Zeppelin (2005)
Drama | Deutschland 2005 | 106 Minuten
Regie: Gordian Maugg
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Gordian Maugg Filmprod./Transit Film/ZDF-arte
- Regie
- Gordian Maugg
- Buch
- Alexander Hauser · Gordian Maugg
- Kamera
- Christine A. Maier
- Musik
- Ferdinand Försch
- Schnitt
- Monika Schindler
- Darsteller
- Olaf Rauschenbach · Alexander May · Agnieszka Piwowarska · Christoph Bach · Hendrik Massute
- Länge
- 106 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Drama
Diskussion
Eine spektakuläre Katastrophe, deren symbolische Dimensionen dem Untergang der „Titanic“ durchaus gleichkommen, ist der Dreh- und Angelpunkt von „Zeppelin“ des Heidelberger Filmemachers Gordian Maugg. Es geht um die Explosion der Hindenburg, die im Mai 1937 über dem amerikanischen Lakehurst in Flammen aufging und abstürzte – ein Unglück, mit dem das Ende der deutschen Luftschifffahrt eingeläutet wurde und das geradezu paradigmatisch den fürs Deutsche Reich letztlich letalen Kollaps der Beziehungen zwischen Deutschland und den USA im Zweiten Weltkrieg vorwegnahm. Nachdem 1928 mit der Vollendung des legendären „Graf Zeppelin“ und 1930 mit der Einrichtung eines transatlantischen Linienflugdienstes ein Höhepunkt der Luftschifffahrt erreicht worden war, der nicht zuletzt dazu diente, Deutschland mit der übrigen Welt und speziell Amerika zu verbinden, bestand nach dem Hindenburg-Inferno kein Interesse mehr, die Herstellung der eleganten schwebenden Riesen weiter zu pflegen – für den Kriegseinsatz waren Flugzeuge mittlerweile weit effektiver. Maugg spannt in seinem Spielfilm einen weiten Bogen von den 1930er-Jahren in die Gegenwart, wobei er nach den nie ganz geklärten Ursachen für die Katastrophe fahndet.
Für die großen politisch-historischen Zusammenhänge seines Stoffes interessiert sich der Filmemacher indes weniger, auch wenn er, wie auch schon in „Der Olympische Sommer“ (fd 30 825), authentisches historisches Bildmaterial verwendet: Einmal mehr geht es ihm nicht um die „große“ Geschichte, sondern um die private Geschichte von Individuen, deren (fiktionale) Schicksale mit dem historischen Ereignis gekoppelt werden. Nicht die politischen Beziehungen, sondern die Fragilität zwischenmenschlicher Bindungen und persönlicher Hoffnungen stehen im Zentrum. Ähnlich wie James Cameron in „Titantic“ (fd 32 921) den verbotenen Kuss eines unstandesgemäßen Liebespaars mit dem Crash des Schiffs mit einem Eisberg verknüpft, wird hier mittels Montage der Treuebruch einer deutschen Ehefrau mit dem Absturz des Zeppelins in Verbindung gebracht: Die junge Mutter leidet darunter, dass ihr Mann nicht bereit ist, der Familie zuliebe den gefährlichen Dienst als Zellenpfleger während der transatlantischen Flüge zugunsten des Bodendienstes aufzugeben – und das, nachdem bereits ihr Bruder seine Leidenschaft für die Zeppeline bei einem Unfall mit dem Leben bezahlt hat. Als Robert mit der „Hindenburg“ zum Atlantikflug aufbricht, gibt sie dem Begehren eines Freundes nach, der schon lange in sie verliebt ist – was ihr kleiner Sohn beobachtet und ihr nie verzeihen wird. Für den Jungen werden dieser „Verrat“ und der ungeklärte Tod des Vaters zum Trauma, das sein ganzes Leben überschatten und später seinen eigenen Sohn noch umtreiben wird.
Basierend auf einer Erzählung von Alexander Häusser, verschachtelt Maugg verschiedene Zeitebenen über drei Generationen hinweg. Das Herzstück ist dabei die fatale Geschichte der ältesten Generation, die im Hindenburg-Absturz kulminiert und deren Geheimnissen die beiden folgenden Generationen nachspüren – und dabei etwas blass bleiben, vor allem der Enkel, dessen Investigation den Aufhänger für die Zeitreise bildet. Zunächst wirkt der Film etwas schwerfällig, wie ein Zeppelin auf dem Boden, wenn per Off-Erzählerstimme die Familiengeschichte aufgerollt wird – hier scheint es, als könne sich der Film nicht recht von der Literaturvorlage lösen. Doch sobald Maugg sich ganz in die Vergangenheit „hineinziehen“ lässt, hebt das Drama ab und gewinnt an Fahrt und Eleganz – dank des hervorragenden Ensembles an Darstellern, in deren Gesichtern sich die Emotionen der Figuren lebhaft ausdrücken, selbst wenn sie wenig reden, und dank einer interessanten Bildsprache, die sich geschickt der dargestellten Zeit anschmiegt und im Fall der 1930er-Jahre-Ebene äußerst sensibel historisches Archivmaterial mit Selbstinszeniertem verbindet.
Man mag die „Privatisierung“ des „Hindenburg“-Absturzes als Banalisierung des historischen Stoffes bedauern; als zwischenmenschliches Drama ist der Film allerdings nach der etwas holprigen Startphase sehr gelungen: Wie da das feingliedrige Aluminiumskelett und die dünne Haut des Luftschiffes, das erst triumphal in den Wolken schwebt, um dann zu verglühen und zu Asche zu zerfallen, metaphorisch die Zartheit und Zerbrechlichkeit des Glücks, des Liebens und Träumens der Figuren spiegeln, hat große poetische Qualitäten.
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