Ein junger Deutschtürke aus Hamburg träumt davon, den ersten deutschen Kung-Fu-Film zu drehen, muss sich zunächst jedoch mit den Folgen seines erfolgreichen Werbespots für den Imbiss seines Onkels und seiner schwangeren deutschen Freundin auseinander setzten. Eine ebenso amüsante wie charmante Komödie über das Erwachsenwerden, die von der Spielfreude ihrer Darsteller lebt und zugleich immer wieder mit witzigen Dialogen aufwartet.
- Ab 16.
Kebab Connection
Komödie | Deutschland 2004 | 96 Minuten
Regie: Anno Saul
Kommentieren
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2004
- Produktionsfirma
- Wüste Filmprod./Wüste Film West/WDR/ARTE/Creado Film
- Regie
- Anno Saul
- Buch
- Fatih Akin · Ruth Toma · Jan Berger · Anno Saul
- Kamera
- Hannes Hubach
- Musik
- Marcel Barsotti
- Schnitt
- Tobias Haas
- Darsteller
- Denis Moschitto (Ibo) · Nora Tschirner (Titzi) · Güven Kiraç (Mehmet) · Hasan Ali Mete (Onkel Ahmet) · Adnan Maral (Krianis)
- Länge
- 96 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Zu den Vorbildern junger Menschen gehören – allen Büchern, Comics und Computerspielen zum Trotz – immer noch Leinwandhelden. Sie vermitteln Werte und offenbaren Welten jenseits der Tagesroutine normaler Zuschauer. Auch Ibrahim, kurz Ibo genannt, ein junger Hamburger Türke, hat sein ganz persönliches Vorbild im Kino gefunden: Bruce Lee, die früh gestorbene asiatische Martial-Arts-Legende. Doch wo andere Jugendliche ihrem Kampfsportidol durch gezielte Tritte gegen Jüngere Tribut zollen, fühlt sich Ibo zu Höherem inspiriert. Er will den ersten deutschen Kung-Fu-Film drehen. Gelegenheit, sein Talent auszuprobieren, erhält er, als er für den Döner-Imbiss seines Onkels einen Kino-Spot drehen soll. Der fertige Film aber schockiert den Geschäftsmann: Zwei Kunden streiten sich um das letzte Fladenbrot, es kommt zu einem atmosphärisch ausgeleuchteten und kunstvoll choreografierten Schwertduell zwischen den Beiden, bis einer der Kombattanten den Kopf verliert. Wütend verstößt der Gastronom daraufhin seinen Neffen aus der Sippschaft, doch der Spot wird ein großer Erfolg, der Laden fortan von hungriger Kinogänger belagert, und prompt ein Folge-Spot in Auftrag gegeben.
Zu Ibos Anfangserfolgen gesellt sich aber bald ein Problem, zu dessen Lösung auch Bruce Lees Vermächtnis nur wenig beitragen kann: Ibos Freundin Titzi ist schwanger. Was andernorts Grund zum Feiern wäre, bedeutet für Ibo den Bruch mit seiner Familie, genauer mit seinem Vater, der ihm von klein auf einbläute, keine deutsche Frau zu schwängern. Doch auch Ibo, der mit dem Skateboard durch die Straßen des Hamburger Schanzenviertels braust, fühlt sich nicht reif, die Vaterrolle zu übernehmen. Zwar warnt Tizis Mutter die junge Schwangere eindringlich, doch diese schlägt die Warnung in den Wind und prüft ihren Geliebten unmittelbar darauf – doch der junge Türke, der bei griechischen Freunden Obdach gefunden hat, kann sich mit dem neu erworbenen Kinderwagen nicht anfreunden. Lustlos schubst er das leere Gefährt vor sich her, versteckt es sogar vor Freunden, die ihm auf der Straße begegnen und verwechselt es schließlich mit einem fremden Kinderwagen samt Kind. Die Episode mündet in einer Hommage an die berühmte Treppenszene aus „Panzerkreuzer Potemkin“ (fd 20707) und dem Lebewohl von Tizi. So wird der zweite Kino-Spot für die Dönerbude ein düsterer, selbstmitleidiger Versuch, sie zurück zu gewinnen. Das Publikum jubelt zwar, doch die neuen Imbiss-Gäste sind traurige Gestalten, die kaum etwas bestellen. Natürlich endet „Kebab Connection“ glücklich: Das Paar findet wieder zueinander, Ibo entwächst seiner Unreife, ebenso wie sein Vater, der ihn wieder im Clan willkommen heißt. Auch der Produzent, bei dem Ibo vorsprach, erklärt sich nun bereit, den ersten deutschen Kung-Fu-Film mit ihm zu drehen.
Anno Sauls „Kebab Connection“ ist ein über weite Strecken sehr vergnüglicher Film, was weniger an der im Grunde stereotypen Geschichte über das Erwachsenwerden liegt, als an der Spielfreude der Darsteller. Zwar grimassiert Denis Moschitto über das Notwendige hinaus, doch beweist er in slapstickartigen Einlagen sein komödiantisches Talent und sein Gefühl für Timing. Nora Tschirner verlangt man in der Rolle der mürrisch dreinblickenden Schwangeren weniger ab. Immer wieder überraschend witzig und grotesk sind jedoch die Dialoge. So bekundet zum Beispiel der Koch von Ibos Onkel nach der Vorführung des ersten Spots kleinlaut, der sprechende abgetrennte Kopf habe ihm gefallen, weil er ihn an die Turnschuhe aus seinem Traum erinnere, die ihm seine Steuererklärung vorsprachen. Oft sind es solche Details innerhalb des Dialogs, die die Schwächen des Films lindern. Beispielsweise wirkt Ibo in der Rolle des Filmemachers schlichtweg unglaubwürdig. Bis auf eine kurze Sequenz, in der er ein Storyboard zeichnet, sieht man nur das fertige Produkt, nicht aber die Dreharbeiten. Der interessante Nebenstrang verkommt zum austauschbaren Drehbuchelement. Etliche andere Subplots, wie etwa der Streit zwischen dem türkischen Onkel und der griechischen Konkurrenz, wirken besser in die Geschichte integriert, doch die Vaterwerdung und die damit verbundenen Konflikte dominieren – etwas weniger sozialgeprägte Emotionalität hätte dem Film mehr Platz für kuriose und komische Nebenplots verschafft. Versöhnlich ist das Ende aber allemal. Just als man denkt, der Reigen der Protagonisten in der viel beworbenen Dönerbude leite die Schlusssequenz ein, schneien lokale Mafiagrößen herein, deren ausgelassener Schlagabtausch als charmante Hommage an die Filme von Bud Spencer und Terence Hill verstanden werden muss.
Kommentar verfassen