Olga Benario - Ein Leben für die Revolution

Dokumentarfilm | Deutschland 2004 | 96 Minuten

Regie: Galip Iyitanir

Packendes Lebens- und Leidensporträt der deutschen Kommunistin Olga Benario (1908-1942). Aus einem begüterten jüdischen Elternhaus stammend, sympathisierte sie schon früh mit dem Kommunismus, trat in den Dienste der Sowjetunion und begleitete 1935 Luis Carlos Prestos nach Brasilien, um einen Volksaufstand anzuzetteln. Nach dessen Scheitern wurde sie verhaftet und an die Nazis ausgeliefert, die sie zunächst inhaftierten und schließlich im KZ ermordeten. Psychologisch zwar nicht immer ganz schlüssig, fesselt das Porträt dennoch als Mischung aus dokumentarischen Passagen und inszenierten Spielszenen. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Elias Film
Regie
Galip Iyitanir
Buch
Galip Iyitanir
Kamera
Ralph Kächele
Musik
Phirefones
Schnitt
Barbara Hoffmann
Darsteller
Margrit Sartorius (Olga Benario) · Michael Putschli (Otto Braun) · Oliver Betke (Alfred)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Eine junge Frau tritt in die Strafvollzugsanstalt Moabit ein und geht an den Wächtern vorbei. Als ein Gefangener in den Besuchersaal geführt wird, zückt die junge Frau eine Pistole; andere überwältigen die Wächter. Mitten in einem der bestbewachten Gefängnisse der Weimarer Republik gelingt der jungen Kommunistin Olga Benario die spektakuläre Befreiung ihres Lebensgefährten Otto Braun. Regisseur Galip Iyitanir schildert das Leben und Sterben der Revolutionärin Olga Benario mit der Opulenz eines Romans von Alexandre Dumas oder Victor Hugo, in einer Mischung aus nachinszenierten Szenen und klassischem, mitunter etwas bieder wirkendem dokumentarischen Duktus. Dadurch dramatisiert und belebt er die Ikone einer revolutionären Heiligenlegende und vermittelt einen Lebensweg, der über den besonders in der ehemaligen DDR sehr bekannten Namen hinaus in seinen Details faszinierend sprunghaft und doch beeindruckend konsequent ist – ein schönes und grausames Märchen aus den 1001 Nächten der Weltrevolution. Olga Benario stammte aus einem begüterten Münchner Haushalt, dessen jüdische Herkunft ihr in der Nazizeit zum Verhängnis wurde. Bereits mit jungen Jahren begehrte die frühreife Schülerin gegen das großbürgerliche Umfeld auf und schloss sich der kommunistischen Jugend an, wo sie Otto Braun kennen lernte und mit ihm von München nach Berlin zog. Mittels Briefzitaten und Spielszenen zeichnet der Film das beherzte Bild einer emanzipierten Frau, die sich vehement, aber zärtlich gegen die Besitzansprüche ihres älteren Freundes zur Wehr setzt. Beide werden beim Plakatekleben verhaftet. Als Olga wenig später durch die erfolgreiche Intervention ihres Vaters, eines angesehenen Rechtsanwaltes, auf freien Fuß kommt, organisiert sie jene spektakuläre Befreiungsaktion, mit der der Film beginnt. Olga Benario ist im Film eine starke Frau, deren menschliche Dimensionen durch die eigenwillige Mischung aus Dokumentation, Archivmaterialien und dramatisierten Spielfilmelementen allerdings eher fremd bleiben. Sie erscheint vor allem als aktiv Handelnde wie in einem Abenteuerroman; psychologisch oder politisch kann man ihr Tun weniger nachvollziehen. Auch versteht man nicht so recht, was sie nach der Trennung von Otto Braun in der Sowjetunion empfunden haben mag oder warum sie im Namen der Revolution exotische Auslandseinsätze in Frankreich und England erledigte. Zurück in Moskau, erhält sie ihren definitiven Auftrag: Der legendäre brasilianische Kommunistenführer Luis Carlos Prestes, der zwischen 1925 und 1927 einen Hungermarsch revoltierender Arbeiter durch Brasilien anführte und nach dessen Niederschlagung Schutz in Moskau fand, sieht im Exil, vom Heimweh zermürbt, den Zeitpunkt für die Revolution in Brasilien gekommen. Olga soll ihn begleiten. Getarnt als Ehepaar, reisen sie über New York nach Brasilien. Auf der Reise werden die Beiden wirklich ein Paar und bereiten die Revolte nach sowjetischem Vorbild vor. Doch durch Geheimdienstspitzel und persönlichen Verrat sind die Militärs bereits informiert und schlagen den Aufstand innerhalb weniger Stunden nieder. Nach wochenlangem Versteckspiel werden Olga und ihr Lebensgefährte verhaftet; die brasilianischen Behörden wollen sie an das Naziregime ausliefern. Trotz weltweiter Proteste und ihrer Schwangerschaft wird die Revolutionärin am 23. September 1936 auf einen Frachter Richtung Hamburg geschafft. Die Nazis werfen sie in Berlin ins Frauengefängnis, wo sie ihr Kind zur Welt bringt, das man ihr nach zwei Jahren wegnimmt. Ihr Leidensweg geht weiter – über die Konzentrationslager Lichtenberg und Ravensbrück, bis sie im April 1942 im Alter von 34 Jahren in der Gaskammer von Bernburg umgebracht wird. „Olga Benario – Ein Leben für die Revolution“ schildert die Fakten konventionell über eine sonore „Voice over“, lässt Experten und manchmal auch Zeitzeugen zu Wort kommen. Die emotionalen Elemente von Olgas Biographie werden in fiktionalen Spielszenen inszeniert. Vor allem die letzte Phase ihres Lebens entfaltet der Film als hochdramatischen Wechsel von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Die dramatisierte Dokumentation über den verschlungenen Lebenslauf einer deutschen Kommunistin ist eine packende Geschichtserzählung und ein notwendiges Gegengewicht zu den filmischen Götterdämmerungsarien des deutschen Films aus dem Führerbunker.
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