Puppen aus Ton
- | Tunesien/Frankreich 2002 | 100 Minuten
Regie: Nouri Bouzid
Filmdaten
- Originaltitel
- POUPEES D'ARGILE | ARAIS AL-TEIN
- Produktionsland
- Tunesien/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2002
- Produktionsfirma
- Nouveau Regard/Touza Prod./Soread 2M
- Regie
- Nouri Bouzid
- Buch
- Nouri Bouzid
- Kamera
- Tarek Ben Abdallah · Gilberto Azevedo
- Musik
- Raii Zamouri · Ridha Chmak
- Schnitt
- Caroline Emery · Anita Fernandez · Ingrid Ralet · Benôit Bruwie
- Darsteller
- Hend Sabri (Rebeh) · Ahmed Hafiene (Omrane) · Oumeyma Bel Hafsia (Fedhah) · Lotfi Abdelli (Riva)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
Regisseur Nouri Bouzid widersteht der Versuchung, ein tiefgreifendes Umdenken seines zwiespältigen Helden Omrane auszuspielen und in symbolische Taten zu transformieren. Gerade in diesem moralischen Understatement besteht die Stärke seines Films: Die Erschütterung Omranes durch die Konfrontation mit den Schicksalen der Mädchen wirkt dadurch viel authentischer. Seine inneren Zweifel am eigenen Tun erfahren durch Blicke und Gesten ihren Ausdruck, nicht durch Worte oder Handlungen. Auch indem er das Ende des Films offen lässt, sichert Bouzid den Figuren ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und bietet so auch dem Zuschauer die Möglichkeit, sich die Situation selbst zu erschließen. „Puppen aus Ton“ erweist sich als überaus ökonomisch erzählter Film. Sein Titel bezieht sich auf das Herkunftsdorf Omranes, das für seine naiven Tonpuppen bekannt ist. Feddha führt als einziges Reisegepäck ein Stück Ton mit sich, aus dem sie in den Stunden ihrer Einsamkeit und Verzweiflung in einer Art zornigem Heimweh solche Tonpuppen formt, sie aber, kaum dass sie fertig gestellt sind, wieder zerstört und in den Klumpen Tonmasse zurückknetet; was mehr über die Entwurzelung des Kindes aussagt, als dies ausführliche Rückblenden schaffen könnten. Eine zweite Ebene, mit der Bouzid meisterhaft umgeht, besteht in der dokumentarischen Einbeziehung der Drehorte. Im Markttreiben und Nachtleben von Tunis findet er stets Schauplätze, in denen sich die Seelenzustände seiner drei gezeichneten Helden wirkungsvoll brechen. Bouzid verbrachte sechs Jahre (1973-79) als politischer Häftling im Gefängnis, ohne dass diese Erfahrung seine Integrität hätte schmälern können. Seine Filmsprache ist politisch hoch aufgeladen; er fokussiert mit Alkoholismus, Prostitution und Missbrauch Themen gesellschaftlicher Realität, die in der offiziellen tunesischen Selbstdarstellung ausgeblendet bleiben. Wie schon „Bezness“ (fd 30 379) vom selben Regisseur oder „Roter Satin“ (fd 35 399) von Raja Amari eröffnet „Puppen aus Ton“ ungewohnte und überraschende Perspektiven auf eine Region, die allzu oft einer vereinfachenden Wahrnehmung unterliegt. Der arabische Raum erlebt damit eine wichtige Differenzierung. Das Evangelische Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF) hat den Film in seiner Entstehung unterstützt und tritt nun als Verleiher auf – wirkungsvoller könnte filmische Entwicklungsarbeit kaum sein.