Stealing Rembrandt - Klauen für Anfänger

Krimi | Dänemark/Großbritannien 2003 | 108 Minuten

Regie: Jannik Johansen

Drei Kleinkriminellen und einem weltfremden Comic-Experten gelingt der spektakulärste Kunstraub in der Geschichte Dänemarks: Eher aus Zufall fällt ihnen das einzige Rembrandt-Gemälde des Landes in die Hände. Die aberwitzige Gaunerkomödie ist vor dem Hintergrund des tristen dänischen Alltags angesiedelt und ihr Sujet nicht nur für reines Genrekino, sondern beschreibt den tragikomischen Kosmos ihrer Anti-Helden warmherzig und mit Anteilnahme. Intelligente Unterhaltung mit einem versöhnlichen Ende, die mühelos die Balance zwischen Gefühlen und verhaltener Action hält. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
REMBRANDT
Produktionsland
Dänemark/Großbritannien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Fine & Mellow/Ugly Duckling
Regie
Jannik Johansen
Buch
Jannik Johansen · Anders Thomas Jensen
Kamera
Eric Kress
Musik
Antony Genn
Schnitt
Per K. Kirkegaard
Darsteller
Lars Brygmann (Mick) · Jakob Cedergren (Tom) · Nikolaj Coster-Waldau (Kenneth) · Nicolas Bro (Jimmy) · Søren Pilmark (Bæk)
Länge
108 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Krimi | Komödie
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Manchmal ähnelt das Leben in erstaunlicher Weise einem Film. 1999 wurden zwei Gemälde aus der Nivagaard Gemäldegalerie in Dänemark entwendet: zwei der teuersten Bilder Europas, eines von Rembrandt, eines von Bellini. Zunächst ging die Polizei von professionellen Kunsträubern aus, musste dann aber überrascht zur Kenntnis nehmen, dass Amateure für den Diebstahl verantwortlich waren. „Stealing Rembrandt“ erzählt die Geschichte dieses nur scheinbar spektakulären Kunstraubs, der als dümmster Museumsclou in die dänische Geschichte einging.

Rund 300.000 Dänen haben sich an der aberwitzigen Gangster-Komödie erfreut und dies wohl nicht nur aus Schadenfreude. Dafür bewegt sich der Film zu nah an der dänischen Realität, und die ist für viele nicht allzu rosig. Zum Beispiel für den Kleinkriminellen Mick, der 47 Jahre alt und desillusioniert genug ist, um zu wissen, dass seine besten Zeiten hinter ihm liegen. Einzig das kleine Glück mit Trine, einer ehemaligen Porno-Darstellerin, vermittelt Hoffnung. Allerdings hat Mick schon immer geglaubt, dass es irgendwo ein besseres Leben geben muss, als ihm Kopenhagen bietet. Daher nimmt er den Vorschlag seines Sohns Tom ernst, ein Gemälde in einem Museum zu stehlen, um es an einen reichen Interessenten zu verkaufen. Bisher handelte er zwar hauptsächlich und illegal mit Schrott, aber da er für seinen Filius eine Schwäche hat, seitdem dieser als Kind mit ansehen musste, wie sich die Mutter betrunken aus dem Fenster stürzte, lässt er sich auf den Deal ein.

Auch Tom kämpft mit Problemen, die er allerdings nicht an der Wurzel anpackt, sondern meist an der Oberfläche angeht. Kaum aus dem Knast entlassen, macht er dort weiter, wo er aufgehört hatte. Konsequent ignoriert er, dass seine Freundin – eine verheiratete Frau Ende 30 – von ihm Kinder haben möchte. Die Hilfe des verhassten Vaters braucht er nur, weil er den Rat seines Cousins Jimmy nicht befolgte. Der schreibt seit Jahren an einer Diplomarbeit über Comics und verbringt den Tag meist im Internet. Trotz seiner Weltfremdheit dämmert es sogar Jimmy, dass ein Kunstraub Toms Fähigkeiten übersteigen dürfte. Ganz langsam verwandelt sich das Kopfschütteln angesichts der unbeholfenen Vorgehensweise von Vater und Sohn in befreiendes Lachen. Denn auch Mick scheitert kläglich, als er mit seinem jungen Kompagnon Kenneth das falsche Gemälde mitnimmt: ausgerechnet den einzigen Rembrandt Dänemarks.

Wenn eine Geschichte schon hundert Mal erzählt worden ist, kann es nur von Vorteil sein, wenn sich der Regisseur Gedanken macht, wie sie anders zu erzählen wäre. Glücklicherweise folgt Jannik Johansen nicht vorbehaltlos der Dramaturgie eines Krimiplots. So lebt der Film auch nicht wie üblich von der detaillierten Planung des Einbruchs, sondern von den Tücken, die Beute wieder loszuwerden. Zwar muss das unbedarfte Quartett fortan die dänische Polizei, Interpol und die Unterwelt abschütteln, gewinnt dabei aber an menschlicher Größe, die man ihm auf den ersten Blick nicht zugetraut hätte. Der Reiz des Films liegt in seiner Fülle liebevoll beobachteter Details: eine reiche, verheiratete Frau, die sich einen jüngeren Kleinganoven als Liebhaber hält; ein Comic-Fan, der die alten Meister entdeckt; ein Vater, der seinem Sohn die kriminelle Karriere ersparen will – der Film blickt nicht auf sie herab, sondern begegnet den tragischen Alltagshelden in Augenhöhe. Mühelos gelingt der Balanceakt zwischen zarten Gefühlen und Action, konterkariert von einer rührenden Versöhnung zwischen Vater und Sohn. Mit der Zeit fasst Mick wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Meisterlich trickst er seine Verfolger aus – und scheitert dennoch. Am Ende müssen er und Tom wieder ins Gefängnis, und Kenneth, der wegen seiner Geldnot zum Verräter wurde, bleibt nur die Flucht vor den Gläubigern.

Das ist das Bemerkenswerte: „Stealing Rembrandt“ liefert zu jeder Welt eine Gegenentwurf, zu jedem Traum den Albtraum, zu jedem Happy End auch ein Fiasko. Die Figuren gehören zum tragikomischen Kosmos skandinavischer Anti-Helden, die man aus Filmen wie „Raus aus Amal“ (fd 33 978), „Das Fest“ (fd 33 486) oder „Italienisch für Anfänger“ (fd 35 244) kennt; sie schlagen sich mehr schlecht als recht durchs Leben und finden Glück und wahre Bestimmung erst auf Umwegen. Dies hätte eine schwergewichtige Tragödie werden können oder ein hemmungsloser Gangsterplot, ist aber ein warmherziger Film, der die Achterbahn des Lebens kleiner Leute beschreibt. Was das Leben meistens nicht schafft, gelingt im Kino: Nur Jimmy kommt aus der Sache unversehrt heraus und dazu auch noch in den Besitz des echten Rembrandts, den er sich stolz neben seine „Star Wars“-Poster hängt. Zum Schluss schlägt der Film einen ironisch-heiteren Ton an und hinterlässt das Gefühl, intelligent unterhalten worden zu sein.

Kommentar verfassen

Kommentieren