Ein zwölfjähriger Junge aus Kopenhagen erhält von einem himmlischen Gesandten eine Lizenz für mittlere Wunder und kann fortan seine Umwelt nach seinen Wünschen verändern und beeinflussen. Doch die verführerische Macht gerät ihm bald außer Kontrolle, so dass er zur Einsicht gelangt, dass er sein Leben besser in die eigenen Hände nimmt. Turbulente Märchenfabel mit viel Gesang, Tanz und Zaubertricks, die die "klassische" Botschaft von Selbsterkenntnis und -genügsamkeit in ein überbordend ereignisreiches Spiel mit der Fantasie einbettet ohne unangemessen belehrend zu werden. (Fernsehtitel: "Mirakel - Ein Engel für Dennis P."; DVD-Titel: "Mirakel - Ein Wunder für Dennis P.")
- Sehenswert ab 10.
Miracle - Ein Engel für Dennis P.
- | Dänemark 2000 | 75 Minuten
Regie: Natasha Arthy
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Filmdaten
- Originaltitel
- MIRAKEL
- Produktionsland
- Dänemark
- Produktionsjahr
- 2000
- Produktionsfirma
- Nimbus Film/Zentropa Entertainment
- Regie
- Natasha Arthy
- Buch
- Kim Fupz Aakeson
- Kamera
- Eric Kress
- Musik
- Kaare Bjerkø
- Schnitt
- Kasper Leick
- Darsteller
- Stefan Pagels Andersen (Dennis P.) · Sidse Babett Knudsen (Dennis' Mutter) · Peter Frödin (Sandstrøm) · Thomas Bo Larsen (Sendbote/Dennis' Vater) · Sebastian Jessen (Mick)
- Länge
- 75 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 10.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Von Grimms Märchen bis zum trivialen Hollywood-Film („Kazaam – Der Geist aus der Flasche“, fd 32 772) ist es ein immer wiederkehrendes, nahezu archaisches Thema, das nicht nur Kinder fasziniert, sondern auch Anlass zu utopischen Fantasien gibt: sich einmal im Leben alles das wünschen zu können, was man sich ersehnt und was einem das normale Dasein verwehrt. In der Regel gerät das Wünschen dabei allerdings schnell außer Kontrolle, weil wohl niemand der Maßlosigkeit und „Völlerei“ zu widerstehen vermag; dann bricht das Chaos über den scheinbar vom Glück Bevorzugten herein, der einsehen muss, dass das Leben weit lebenswerter ist, wenn man sich nicht alles per Zauberei herbeiwünschen kann. Sehnsüchte und Wünsche bleiben, so die Moral von der Geschicht’, besser ferne Ziele, an denen man die Realität bemisst und sich dann umso mehr über die Dinge und Erfolge freut, die mit menschlichen Mitteln erreichbar sind. Diese Schere zwischen der (Allmachts-)Fantasie unbegrenzter Möglichkeiten und der Einsicht in Bescheidenheit und Genügsamkeit wird auch beim zwölfjährigen Dennis aus Kopenhagen immer größer. Dabei fängt alles ganz harmlos an. Klar, seine Mutter nervt in ihrer gluckenhaften Besorgtheit, und die Wohnung sieht seit dem Tod von Dennis’ Vater vor acht Jahren wie ein Reliquienschrein aus; in der Schule ist auch so manches stressig, vor allem durch den autoritären Lehrer Sandstrøm; und dass sich ausgerechnet sein bester Freund Mick in dasselbe Mädchen verliebt, macht die Dinge nicht einfacher. Dennoch ist in Dennis’ Leben noch alles recht überschaubar; wirklich schlimm ist nur eines: Ihm wächst immer noch kein Schamhaar! Schließlich findet er sich in seiner Pein sogar betend in einer Kirche wieder. Was mit einem zaghaften „Hallo Gott, ich muss mit jemandem reden“ beginnt, endet mit einer wundersamen Erscheinung: Da fährt auf einem Motorrad ein geflügelter Gesandter des Himmels in die Kirche, der wie sein Vater aussieht, und erteilt dem Jungen eine kleine Engelslizenz für Wunder der Mittelklasse. Einzige Bedingung: Dennis darf nicht fluchen. Fortan kann er mittels zweier ausgestreckter Finger Dinge herbeiwünschen, Menschen beeinflussen und sich das Leben so zurecht zaubern, wie er es gerne hätte.
Wie Dennis dabei ausgesprochen viel Fantasie entwickelt, zeigt der Film als turbulente, höchst witzige Märchenfantasie, bei der es gelegentlich drunter und drüber geht. Die junge Regisseurin Natasha Arthy (geb. 1969) hat neben ihrer Arbeit fürs Dänische Fernsehen auch Musikclips inszeniert; das dort kreierte, ebenso fließende wie effektgeladene Spiel mit Musik und Tanz, Wirklichkeit und Fantasie wird auch in „Miracle“ zum stilprägenden dramaturgischen Ansatz, der den Kinderfilm gelegentlich zum Musical macht. Gibt Dennis zu Beginn selbst noch eine handfeste Probe seines Rap-Gesangs, gerinnt ihm im weiteren Verlauf manches Erlebnis zur in grelle Farben und exzentrische Tanzbewegungen aufgelösten Musiknummer; die Strafpredigt der Mutter mitten im Supermarkt verwandelt sich so ebenso in Singsang und Tanz wie die höhnische Schelte des Lehrers vor der versammelten Klasse. Da staunt nicht nur Dennis, wenn seine Fantasie mit ihm durchgeht, doch sind diese stilecht ausgestatteten, schwungvoll choreografierten Szenen die Grundlage dafür, dass man Dennis auch seine „Himmelsfantasie“ mit waberndem Nebel und schneeweißen Engelsflügeln voller Schmunzeln abnimmt. Diese mit großer Lust am ausladenden Spiel regelrecht „aufgedonnerte“ Fabel birgt natürlich viel Moralisches, kommt aber dabei nie aufdringlich belehrend daher. Es sind die Kinder, die die Welt der Erwachsenen so lange aus den Angeln heben und konterkarieren dürfen, bis sie selbst zu der Erkenntnis gelangen, dass nur manche Wünsche einlösbar sind, während andere an natürliche Grenzen stoßen – und dass das Leben gerade dadurch das rechte Maß nicht nur an Niederlagen, sondern auch an Siegen bereithält, die dann um so genussvoller wahrgenommen und gefeiert werden können. Diese vergleichsweise bescheidene Einsicht und die überbordende, manchmal das Groteske streifende Inszenierung mögen nicht immer die angemessene Verhältnismäßigkeit wahren; doch gerade das macht den Reiz dieses Films aus, der Kindern wie Erwachsenen großen Spaß (mit Erkenntnisgewinn) beschert.
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