Amadeus - Director's Cut

Biopic | USA 1984/2001 | 180 Minuten

Regie: Milos Forman

In einem um gut 20 Minuten verlängerten "Director's Cut" verleiht Milos Forman seinem "Oscar"-gekrönten Film mehr Brisanz, indem er auf der einen Seite Mozart noch deutlicher als einen von der Gesellschaft geschnittenen, vom Leben überforderten Verlierer darstellt, andererseits dessen Kontrahenten Salieri noch stärker in seiner Niedertracht karikiert. Die als Psychodrama getarnte fiktive Biografie hat dank formaler Brillanz und exzellenter Unterhaltungsqualitäten nichts von ihrem Reiz verloren. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
AMADEUS - DIRECTOR'S CUT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1984/2001
Produktionsfirma
Saul Zaentz Company
Regie
Milos Forman
Buch
Peter Shaffer
Kamera
Miroslav Ondrícek
Musik
Wolfgang Amadeus Mozart · Giovanni Battista Pergolesi · Antonio Salieri · John Strauss
Schnitt
Nena Danevic · Michael Chandler · T.M. Christopher
Darsteller
F. Murray Abraham (Antonio Salieri) · Tom Hulce (Wolfgang Amadeus Mozart) · Elizabeth Berridge (Constanze Mozart) · Simon Callow (Emanuel Schikaneder) · Roy Dotrice (Leopold Mozart)
Länge
180 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Biopic | Drama | Musikfilm | Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Special-Edition (2 DVDs) beinhaltet u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Drehbuchautors sowie eine ausführliche Dokumentation zum Film (60 Min.).

Verleih DVD
Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Die Oper hatte in Hollywood schon immer einen schweren Stand, und auch für „Amadeus“ standen in den 80er-Jahren die Vorzeichen denkbar schlecht: Wer sollte sich auf dem amerikanischen Kinomarkt für Leben und Werk eines Musik-Genies aus dem österreichischen Salzburg interessieren? Der Film strafte alle Skeptiker Lügen, avancierte zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahrzehnts und wurde mit acht „Oscars“ überhäuft. Obwohl die Oper in „Amadeus“ einen großen Raum einnimmt und über Minuten hinweg musiziert und gesungen wird, ist „Amadeus“ zunächst kein Musikfilm. Leben und Sterben des berühmten Komponisten wurden aus der Sicht eines Romanciers gefiltert und entwickeln sich zu einem packenden Kriminalfall ohne Richter, erzählt aus der Sicht des Täters, dessen Sühne der selbstgewählte Wahnsinn ist. Das Konzept ist ebenso einfach wie bestechend: Mozart ist schon 30 Jahre tot. Der alternde Hofkomponist Salieri wird in eine Nervenheilanstalt eingeliefert, weil er sich bezichtigt, den Maestro umgebracht zu haben. Dem gutmütigen Anstaltspater erzählt er von seinem triumphalen Leidensweg und wie er das „von Gott geküsste“ Genie Mozart zu vernichten versuchte. Der Zuschauer wird also mit dem Ende bereits zu Beginn konfrontiert und erlebt in nur sporadisch unterbrochenen Rückblenden die Stationen eines von langer Hand geplanten Mordes, bei dem der Mörder nie Hand an sein Opfer legt. Das Motiv, dessen sich Salieri bezichtigt, ist Neid sowie die Angst des Mediokren vor dem Genie; das Mordwerkzeug ist die Intrige. Vor diesem gesicherten Hintergrund des Thrillers entfaltet sich eine prunkvolle Kostümgeschichte, die hemmungslos in Dekor und Farben, besonders aber in Musik und Gesang schwelgt. Gestützt wird die brillante Überrumpelungstaktik durch einen zentralen Charakter, der alles andere als ein altmodischer, nur der Kunst zugewandter Elitär ist: Mozart war ein Mann aus dem Volk und wird als solcher mit allen Attitüden des 20. Jahrhunderts versehen. Der Pop-Star des späten 18. Jahrhunderts war tief im Herzen ein Anarchist, der sein Genie gegen das Establishment richtete und als profaner Vergnügungssüchtiger eher den eigenen Untergang heraufbeschwor als dass er sich dem Althergebrachten verschrieb. Fasziniert schaut man dem an Vergnügungssucht leidenden Wunderkind zu, wie es seinen Weg macht, und noch gebannter schaut man zu, wie der zum Establishment gehörende Salieri seinen potenziellen Konkurrenten erst gefügig, dann abhängig macht, um ihn schließlich genüsslich zu vernichten. „Amadeus“, alles andere als ein harmloser Kostümfilm, bezieht seine Faszination vor allem aus einer mitunter expliziten politischen Unkorrektheit. Die „heilige“ Oper und ihr unangetastetes Genie werden profanisiert, Gott als „Günstling Mozarts“ wird der Krieg erklärt, das Gute und Schöne zugunsten des Mediokren vernichtet. Ein Happy End findet nicht statt. Die Kontradiktion der opulenten Fassade und ihres maroden Kerns, des Gemeinen im Gewand des schönen Scheins, machen den Reiz des Films aus, der nichts von seiner Wirksamkeit verloren hat. Milos Forman hat den an sich makellosen Film um gut 20 Minuten Filmmaterial ergänzt und bringt ihn als „Director’s Cut“ in die Kinos. Die Veränderungen sind zwar nicht so radikal und sinnverändernd wie im Falle des Horrorklassikers „Der Exorzist“ (fd 34 762), aber auch nicht so belanglos, dass man den zusätzlichen Szenen nur den Platz im Bonusmaterial einer DVD gewünscht hätte. Mozart wird jetzt noch ein wenig deutlicher als Außenseiter gebrandmarkt, der vom Establishment geschnitten wird. Auch den Streitereien zwischen Mozart und seiner Frau Constanze wird mehr Raum geschenkt, wobei sie ihm seinen unsteten Lebenswandel und die Unfähigkeit, eine Familie zu ernähren, attestiert. Die zentrale „Neueinfügung“ ist eine Sequenz, die seinerzeit – zumal im prüden Amerika – wohl nicht durchgegangen wäre: In einem Treffen zwischen Salieri und Constanze zeigt sich der Maestro nur gewillt, Mozart bei einer Karriere am Hof Kaisers Josef II. zu helfen, wenn sie sich ihm für eine Nacht hingäbe. Als die verstörte Constanze am Abend tatsächlich erscheint und sich vor Salieri entblößt, verhöhnt er sie und überlässt sie am Boden zerstört ihrer Scham. Forman äußerte zwar, dass er die Szenen damals ohne Zwang herausgenommen hätte; es dürfte jedoch fraglich ein, ob diese „radikalisierte“ Fassung seinerzeit ähnlichen Anklang bei der „Oscar“-Verleihung gefunden hätte. Dass „Amadeus“ ein Kind der 80er-Jahre ist, sieht man vor allem an den mitunter komischen Föhnfrisuren der Protagonisten; und dass er keineswegs perfekt ist, hört man an den englisch eingesungenen deutschen Opern sowie (nicht in der herausragenden deutschen Synchronisation) an Tom Hulces arg übertriebenem amerikanischem Akzent. Dennoch ist der Film gerade in dieser neuen, etwas unbequemeren Version ein Ereignis und zeugt zudem von einer großen Tradition Hollywoods: Das Leben einer bedeutenden Persönlichkeit der Zeitgeschichte wird derart spannend aufbereitet, als sei es ausschließlich für Hollywood erdacht.
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