Das Sams - Der Film

Kinderfilm | Deutschland 2001 | 103 Minuten

Regie: Ben Verbong

Ein koboldähnliches, kindergroßes Fabelwesen mit Rotschopf und Schweinsnase stürzt das geordnete Leben seines Ziehvaters, eines schüchternen Regenschirm-Konstrukteurs, ins Chaos, weil sich seine Sommersprossen als "Wunschpunkte" entpuppen. Einfallsreich inszenierte, witzig geschriebene, hervorragend fotografierte und bis in die Nebenrollen hinein ausgezeichnet gespielte Verfilmung des populären Kinderbuch-Klassikers von Paul Maar. Unaufdringlich vermittelt sich die pädagogische Botschaft vom Sinn und Unsinn des Wünschens, wobei Erwachsenen wie Kindern ein nachdenklich-unterhaltsamer Verhaltensspiegel vorgehalten wird. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Kinowelt
Regie
Ben Verbong
Buch
Paul Maar · Ulrich Limmer
Kamera
Klaus Eichhammer
Musik
Nicola Piovani
Schnitt
Norbert Herzner
Darsteller
Christine Urspruch (das Sams) · Ulrich Noethen (Bruno Taschenbier) · Aglaia Szyszkowitz (Margarete März) · Armin Rohde (Anton Mon) · Eva Mattes (Annemarie Rotkohl)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. einen Audiokommentar von Paul Maar, Ulrich Limmer und dem Sams sowie ein vom Regisseur kommentiertes Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen.

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt)
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Diskussion
Da liegt auf dem Wochenmarkt eines verschlafenen deutschen Mittelstädtchens an einem Samstag ein Fabelwesen mit Schweinsnase, Sommersprossen und rotem Wuschelkopf zwischen den Gemüsekisten und schreit nach seinem „Papa“. Diese hässliche Gummipuppe also soll „das Sams“ sein, das seit fast drei Jahrzehnten zur Kultfigur junger Leseratten herangewachsen ist und dessen freche Sprüche schon zu geflügelten Worten in den Kinderzimmern geworden sind? Irgendwie hat man sich das von Paul Maar in drei Büchern („Eine Woche voller Samstage“, 1973; „Am Samstag kam das Sams zurück“, 1980; „Neue Punkte für das Sams“, 1992) , zahlreichen Hörspiel-Kassetten, Theaterstücken und Musicals verewigte Figur bei ihrem Leinwanddebüt doch etwas anders vorgestellt. Schon fühlt man sich um seine Fantasien betrogen – da entspringt dem Rucksack des schüchternen Regenschirm-Konstrukteurs Bruno Taschenbier, der unfreiwillig beim Einkauf zum „Vater“ wird und den „verlorenen Sprössling“ an seiner strengen Vermieterin Frau Rotkohl vorbei schmuggelt, eine quicklebendige, mittlerweile auf die Größe eines achtjährigen Kindes herangewachsene Gestalt, die man sofort als „Sams“ akzeptiert. Bereitwillig folgt man ihm nun durch die Geschichte, an deren Anfang das totale Chaos steht. Das Sams verschlingt alles, was ihm zwischen die Zähne kommt und bringt mit seiner vorlauten Art seinen „Adoptivvater“ schier zur Verzweiflung. Als alle Versuche Taschenbiers scheitern, das Sams loszuwerden, verrät ihm der Kobold ein Geheimnis: Seine Sommersprossen sind in Wahrheit „Wunschpunkte“. Nun beginnt für Taschenbier ein neues Leben. Plötzlich gelingen ihm seine Regenschirm-Entwürfe, die auch von seinem Chef Oberstein jr. umworbene Kollegin Margarete erhört sein Werben, und aus der griesgrämigen Frau Rotkohl, die sich zudem noch in Taschenbiers besten Freund, den skurrilen Herrn Mon verliebt, wird eine fürsorgliche Nachbarin. Doch Taschenbier geht allzu verschwenderisch mit seinen Wünschen um, und als das Sams in Lebensgefahr gerät, muss er den letzten Wunschpunkt opfern, um den kleinen Freund zu retten. Alles wird so wie früher, nur noch schlimmer. Als das Sams sieht, wie sein „Papa“ leidet, verrät es ihm, wie man zu neuen Wunschpunkten kommt. Doch die landen durch ein Missgeschick auf Taschenbiers Körper. Klar, dass sich das Sams nun die verrücktesten Wünsche erfüllt und in seiner Eifersucht nicht immer auf Taschenbiers Seite steht. Letztlich aber siegt die Liebe, und auch für das Sams gibt es ein Happy End. Dass man das Sams so schnell ins Herz schließt, liegt vor allem daran, dass die Rolle nicht mit einem „süßen“ Kinderdarsteller, sondern mit einer kleinen, großen (Theater-)Schauspielerin besetzt wurde: Nach Christine Urspruchs „lausbübiger“ Interpretation kann man sich das Sams gar nicht mehr anders vorstellen. Auch bei der Besetzung der anderen Rollen gelang ein Glücksgriff nach dem anderen: Ulrich Noethen erinnert in seiner charmant-schusseligen Art an die besten Zeiten eines Heinz Rühmann, Armin Rohde entwickelt sich immer mehr zu einem der besten „Sidekicks“ des deutschen Kinos und gibt zusammen mit der großartigen Eva Mattes ein wunderbares, komisch-anrührendes spätes Liebespaar. Bei Aglaia Szyszkowitz’ Fräulein März bekommt man selbst Frühlingsgefühle, und August Zirner mischt seiner unsympathischen Chef-Figur auch ein paar versöhnliche Töne bei. Ben Verbongs präzise Schauspielerführung beschert bis in die Nebenrollen hinein immer wieder kleine Kabinettstücke, darunter etwa Heinrich Schafmeisters genervten Kaufhaus-Verkäufer. Überhaupt erweist sich die Entscheidung der Filmemacher, „Das Sams“ aus der Ecke unterproduzierter Kinderfilme herauszuholen und mit einem „Erwachsenenfilm“-Etat (elf Mio. DM) auszustatten, als geradezu zukunftsweisend für den deutschen Familienfilm. Diese mit Joseph Vilsmaiers „Charlie und Louise – Das doppelte Lottchen“ (fd 30 669) und Caroline Links „Emil und die Detektive“ (fd.39 714) zwar eingeläuteten, aber noch nicht überzeugend umgesetzten Versuche entwickeln sich hier zu „voller Pracht“. Verantwortlich dafür ist vor allem der renommierte niederländische Regisseur Ben Verbongs (u.a. „Lily was here“, fd 28 567), der zusammen mit der bildgewaltigen Scope-Kamera und einem Drehbuch, das sich vollständig der heute üblichen „Sprücheklopferei“ versagt, ein wahres Meisterstück abgeliefert hat. Durchdrungen von einer unaufdringlichen „Pädagogik“ über den Sinn und Unsinn von Wünschen, wie in der wunderbaren „einsame Insel-Szene“, und dem genialen Wechselspiel zwischen erwachsenem und kindlichem Verhalten, mit dem der Film den Zuschauern ständig einen Spiegel vorhält, gelingen Verbong inszenatorische „Geniestreiche“. Selten hat man sich nach einem Film so auf eine Fortsetzung gefreut – Pippi Langstrumpf hat ernst zu nehmende Konkurrenz bekommen.

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