Die Gründungsgeschichte des Buddhismus, der der Überlieferung nach im sechsten Jahrhundert vor Christus durch einen Königssohn ins Leben gerufen wurde, der angesichts des Elends in der Welt allen weltlichen Freuden entsagte. Ein opulent ausgestatteter, monumental inszenierter Stummfilm, der bei aller Exotik durchaus auch dokumentarische Blicke zulässt. Ein für seine Entstehungszeit beispielhaftes Werk, das nun in bestmöglicher restaurierter Fassung und Originalviragierung vorliegt.
- Sehenswert ab 14.
Die Leuchte Asiens
- | Deutschland 1925 | 95 Minuten
Regie: Franz Osten
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE LIGHT OF ASIA | PREM SANYAS
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 1925
- Produktionsfirma
- Emelka Film Conpany München/Great Eastern Film Cooperation Delhi
- Regie
- Franz Osten
- Buch
- Niranjan Pal
- Kamera
- Josef Wirsching · Wili Kiermeier
- Musik
- Pierre Oser
- Darsteller
- Himansu Rai (Gautama) · Seeta Devi (Gopa) · Sarada Ukil (König Suddhodana) · Rani Bala (Maya) · Profulla Chandra (Devedatta)
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Auch in der Weimarer Republik lockten exotische (Traum-)Welten, und der Europäer wusste schon damals fremdländische Kulturen mit der okzidentalen Existenzform zu homogenisieren. Der immense Erfolg des Films „Die Leuchte Asiens“ sollte das bestätigen. Obwohl die Münchner Firma „Emelka“ der Gebrüder Ostermayr, die sich weitsichtig Osten nannten, während der 20er-Jahre sehr produktiv war, ist vieles heute verschollen und ihr kreativer Regisseur Franz Osten vergessen. Die restaurierte Fassung seines Buddha-Films, dessen Ausstrahlung bei arte von einem halbstündigem Porträt über diesen Pionier begleitet wird, könnte der Auftakt zu einer verdienten Wiederentdeckung sein. Wohl 60 Filme verschiedenster Genres hat der 1876 geborene und 1956 gestorbene Enthusiast gedreht, davon 19 in Indien, wohin es den Wahlexoten mit europäischer Mentalität verschlagen hatte, bevor die englischen Kolonialherren den „Feind“ im Kriegsjahr 1940 des Landes verwiesen. Von „Die Leuchte Asiens“ sind zwei Schnittfassungen erhalten, deren Divergenzen möglicherweise alternativen Absatzmärkten geschuldet sind. Wegen der besseren Bildqualität entschieden sich die Restauratoren nicht für die deutsche, sondern für die längere englische Version aus dem British Film Institute, die zudem originalgetreu viragiert werden konnte. Osten drehte den Film in sengender Hitze nur mit einheimischen Akteuren in Indien und fand unter anderem generöse Unterstützung beim Maharadscha von Jaipur: Das gesellschaftliche Ansehen des Juristen und Hauptdarstellers Himansu Rai hatte dem Münchner die Palasttore geöffnet.
Der Film erzählt die Gründungsgeschichte des Buddhismus und führt ins sechste vorchristliche Jahrhundert zurück. König Suddhodana wünscht sich sehnlichst einen Thronfolger. Ein heiliger Elefant soll einen Kandidaten aus der Volksmenge bestimmen, gibt aber den Knaben plötzlich wieder frei. Die Königin, doch noch schwanger geworden, bringt Gautama zur Welt. Im Traum sieht der König seinen Thron dennoch verwaist und von Scharen alter, gebrechlicher Menschen umringt. Die eilig herbeigerufenen Traumdeuter schlagen Suddhodana vor, er solle den Prinzen vollständig abkapseln. Nie dürfe der Königssohn erfahren, dass es Armut, Krankheit und Tod in der Welt gibt. Inzwischen erwachsen, will Gautama sehen, wie das Leben außerhalb des Palastes ist. Obwohl der König unter Androhung der Todesstrafe vorschreibt, für die Dauer von Gautamas Ausfahrt arme, kranke und alte Menschen von den Straßen fernzuhalten, bleibt dem Prinzen das Elend nicht verborgen. Erschüttert entsagt er dem Thron, um als Bettler zu leben. Seine Frau Gopa findet Gautama, nachdem ihm meditierend die Erleuchtung zuteil wurde, und folgt ihm nach.
Motivische Vorwegnahmen der (reichlich späteren) Jesus-Geschichte dürften archetypisch verankert sein, zumal sich auch an Gautamas Lebenswandel im Nachhinein eine Art Messianologie knüpfte. Obwohl Osten fromme Mirakel mit Ausnahme eines wundersamen Blütenregens ausklammert, sind die Koordinaten dieser Heilsgestalt unverkennbar. Gautama, dessen Geburt einst als Wunder angekündigt wurde, hält eine „Feldpredigt“ vor dem kauernden Volk und will nichts Geringeres als die leidende Menschheit erlösen. Auch verführerische Trugbilder täuschen ihn nicht, so dass er 40 Tage und 40 Nächte unter dem Bodhi-Baum ausharrt. Um dem Europäer die Geschichte des „Erleuchteten“ näher zu bringen, greift Osten zum einfachsten Mittel der Welt: Er inszeniert eine Rahmenhandlung, in der ein indischer Asket vor Touristen aus dem Leben Buddhas erzählt, dessen Stationen die indischen Darsteller ohne Theatralik nachvollziehen. Trotz Exotik und formaler Monumentalität wirft Osten auch einen quasi-dokumentarischen Blick auf das ferne Land. Subkutan lässt sich das Staunen des Europäers dennoch nicht verleugnen, was schon die einleitenden Reiseeindrücke vorgeben, denen später kulturgeschichtliche Attraktionen wie Wettkämpfe oder das königliche Hochzeitszeremoniell folgen. Pierre Osers Neukomposition – sie ersetzt Hans Heinrich Dransmanns Originalmusik – meidet bewusst folkloristische Allgemeinplätze und bildet einen kammermusikalischen Fluss aus, der rhythmisch und melodisch treibt oder wirksam retardiert. Dass dem Film wenigstens in der vorliegenden Fassung einiges an spiritueller Tiefe verloren geht und Gautamas innere Entwicklung zum Buddha über den Umweg radikaler Selbstkasteiung ziemlich knappt ausfällt, mag zum Teil an einem Duktus liegen, der die Geschehnisse in angenehm fasslicher Form nacherzählt. Dabei vergisst Osten die Kehrseite von Gautamas heimlichem Weggang nicht, der die Angehörigen in seelischem Schmerz zurücklässt. Freilich quält den Prinzen das Los der Menschheit mehr. Der Film findet dafür einen schönen intimen Moment: Gautama beobachtet seine schlafende junge Frau und stellt sich vor, wie sie als Greisin aussieht. Was unter anderen Vorzeichen den Wunsch ausdrücken würde, mit ihr gemeinsam zu altern, verdichtet sich hier zum Trauma.
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