Der Tag, an dem ich zur Frau wurde
Drama | Iran 2000 | 78 Minuten
Regie: Marzieh Meshkini
Filmdaten
- Originaltitel
- ROOZI KHE ZAN SHODAM
- Produktionsland
- Iran
- Produktionsjahr
- 2000
- Produktionsfirma
- Makhmalbaf Prod.
- Regie
- Marzieh Meshkini
- Buch
- Mohsen Makhmalbaf · Marzieh Meshkini
- Kamera
- Ebrahim Ghafori · Mohamad Ahmadi
- Musik
- Mohammad Reza Darvishi
- Schnitt
- Maysam Makhmalbaf · Shahrzad Pouya
- Darsteller
- Fatemeh Cherag Akhar (Hava) · Hassan Nebhan (Hassan) · Shabnam Toluoi (Ahoo) · Sirous Kahvarinegad (Ehemann) · Azizeh Sadighi (Hoora)
- Länge
- 78 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
In ihrem Debütfilm „Der Tag, an dem ich zur Frau wurde“ erzählt die iranische Regisseurin Marzieh Meshkini vom oft demütigenden Alltag iranischer Frauen und nutzt einfache, offene, aber auch symbolisch- märchenhafte Geschichten, meidet aber prätentiöse Metaphern. Ihr Film erzählt in seinen drei Episoden aber auch von Möglichkeiten und Strategien der Frauen, die Vorgaben einer Männergesellschaft auszuhebeln. Ganz deutlich wird der Umgang mit diesen Einschränkungen beim neunten Geburtstag der kleinen Hava, die in einem Fischerdorf lebt. Hier sind es andere Frauen, ihre Mutter und ihre Großmutter, die das Kind in die Welt der Frauen einführen: Bevor dieser Schritt vollzogen wird, hat das Mädchen noch einige Stunden Zeit und sucht verzweifelt seinen Freund. Der aber hat Stubenarrest, weil er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, und er wagt es nicht, sich der Strafe der Eltern zu widersetzen und heimlich das Haus zu verlassen. So vergehen die letzten Stunden der Kindheit für das Mädchen in rasender Geschwindigkeit.
Geschwindigkeit ist aber gerade das Mittel, mit dem Ahoo, eine in Schwarz gehüllte Frau, sich eine kleine Flucht vom reglementierten Alltag verschafft. Auf der Insel Kish, auf dem einzigen Radweg des Iran, den auch Frauen benutzen dürfen, nimmt sie an einem Radrennen zahlreicher anderer, ebenfalls verhüllter Frauen teil. Ihr Ehemann, die übrigen Männer der Verwandtschaft und der Mullah finden das ehrenrührig und verfolgen die junge Radfahrerin zu Pferd. Durch Zureden und Drohungen versuchen sie, die Frau zum Absteigen zu bewegen. Aber in einer seltsamen Mischung aus entschlossener Gleichgültigkeit und besessener Energie setzen alle Frauen ihren Weg fort – gegen die zornigen Zurufe, gegen die Hitze und gegen den Durst und die eigene Erschöpfung –, ohne dass es klar wird, ob dieser Weg im Kreis wieder zu seinem Ausgangspunkt findet oder er die Frauen zu einem neuen Ziel führt. Am Ziel ihrer Wünsche angekommen ist dagegen die alte Witwe Hoora: Sie ist mit dem Geld ihrer Erbschaft in den modernen Teil der Insel Kish gefahren und will sich nun im Gewirr der Wolkenkratzer alle Luxusgüter kaufen, die sie in ihrem Leben entbehren musste, sich nie kaufen konnte oder durfte. Sie häuft Möbel, Haushaltsgeräte in einer grotesken Weise am Strand, ruht sich inmitten ihres neuen Wohlstandes aus und bereitet zwischen den Objekten ihrer Begierde auf traditionelle Weise den Tee. Sie hat in der geradezu absurden Erfüllung ihrer Konsumwünsche ihre Freiheit gefunden. In dieser letzten Episode führt die Regisseurin die einzelnen Handlungen zusammen: Zwei der Radfahrerinnen kommen an Hooras gesammelter Habe vorbei und erzählen von Ahoos Kampf gegen ihre Verwandten; Hava steht mit ihrer Mutter an einem kleinen Floß, als wollten sie aufs offene Meer fahren, einer neuen Zukunft entgegen.
Marzieh Meshkini ist die Frau des bekannten iranischen Filmemachers Mohsen Makhmalbaf („Reise nach Kandahar“ fd 35 199), der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat. Es gelingt ihr, die Situation von drei Frauen in ganz unterschiedlichen Lebensphasen in ausdrucksstarken Bildern zu verdichten. Inselgeschichten aus einer abgeschlossenen Welt zwischen hierarchischer Tradition und hektischer Moderne, drei Episoden über Frauen, die nach Auswegen aus den strengen Reglementierungen ihrer Lebensumstände suchen. Gelungen sind der Regisseurin Geschichten von berührender Menschlichkeit, Parabeln, die durchaus auch über den engen iranisch-islamischen Kontext hinaus allgemeine Gültigkeit haben.