Auf einer kleinen griechischen Insel versuchen sich in den 60er-Jahren vier Männer aus verschiedenen Lebensaltern als Dorfpolizisten und Bewacher der Pflanzungen. Der Erste scheitert an seiner Bequemlichkeit, der Zweite an seiner Strenge. Der Dritte verliert den Posten wegen seiner Spielleidenschaft, der Vierte infolge der Liebe, für die er seinen Job freiwillig opfert. Eine ruhige, sehr witzige und im besten Sinne altmodisch gefilmte Geschichte als vielseitig deutbare Allegorie des Lebens, die es mühelos schafft, über drei Stunden den Spannungsbogen zu halten. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 16.
Das Frühlingstreffen der Feldhüter
- | Griechenland 1999 | 178 Minuten
Regie: Dimos Avdeliodis
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Filmdaten
- Originaltitel
- I EARINI SYNAXIS TON AGROFYLAKON
- Produktionsland
- Griechenland
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- Griechisches Filmzentrum/Dimos Avdeliodis/Greek Television ET-1
- Regie
- Dimos Avdeliodis
- Buch
- Dimos Avdeliodis
- Kamera
- Osysseus Pavlopoulos · Alekos Yannaros · Linos Meytanis · Sotiris Perreas
- Musik
- Antonio Vivaldi
- Schnitt
- Costas Iordanidis
- Darsteller
- Angeliki Malanti (Elisso) · Angelos Pantelaras (Feldhüter/Frühling) · Takis Agoris (Feldhüter/Sommer) · Yannis Tsoubariolis (Feldhüter/Herbst) · Stelios Makris (Feldhüter/Winter)
- Länge
- 178 Minuten
- Kinostart
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- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
Diskussion
Die Geschichte ist so unwahrscheinlich und wunderschön, dass sie nur ein Märchen sein kann. Ein Märchen voller Anspielungen, voller Witz und voller Spannung - drei Stunden lang. Es beginnt damit, dass 1960 den Landpolizisten des Dörfchens Tholopotami auf der griechischen Insel Chios mitten im blühenden roten Tulpenfeld der Schlag ereilt. War es die Sonne? Oder war das hübsche Mädchen daran schuld, das fröhlich durchs Feld läuft? Die Umstände des Todes bleiben geheimnisvoll. Das Dorf hat seinen schlechten Ruf weg, weshalb sich nur vier Bewerber einfinden, die die Nachfolge antreten wollen. Kleinlaut wie Schüler sitzen sie in der Kommandantur auf der Holzbank. Der eine ist Anfang 20, die andere um die 30, der nächste rund 40 und der Älteste 50. Vier Lebensalter; als Musikthema liegt Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ über der Geschichte.
Der ältere, solide wirkende Mann mit dem Moped, dem Gewehr und dem Wachhund macht das Rennen. Doch kaum ist er im Dorf, luchst ihm einer der Bauern das Fahrzeug ab und befiehlt ihm, auf sein Melonenfeld aufzupassen - und auf nichts anderes. Die anderen Bauern scheint das nicht zu stören. Der neue Mann verfällt schnell der Bequemlichkeit, schläft in der Mittagshitze ein anstatt Wache zu schieben, verfolgt später das hübsche Mädchen, landet jedoch in einem Bienenstock und gibt auf. Der nächste Aspirant lässt sich nicht so einfach um den Finger wickeln. Er ist streng, zu streng. Erbarmungslos schikaniert er alle. Stundenlang lässt er die Schulkinder durch die Sonne bis zur Polizeistation im nächsten Dorf laufen, nur weil einer der Schüler eine Apfelsine gestohlen hat. So dauert es nicht lange, bis er als ungeeignet entlassen wird. Richtig sympathisch scheint dagegen der dritte Feldhüter zu sein. Er ist friedfertig, versucht, Diebstähle aufzuklären und ahnt, dass mit der hübschen jungen Frau etwas nicht stimmt. Dann aber entdeckt er seine Leidenschaft für das Glücksspiel. Sogar nachts macht er sich trotz der Kälte mit einem Kumpel zum Kartenspiel ins Nachbardorf auf. Ein Dorfpolizist, der seinen Esel und seinen kargen Sold verspielt, ist jedoch nicht tragbar: Wegen der Spielschulden wird er gar selbst verhaftet. Also bekommt der jüngste Kandidat seine Chance. Er hat einen Trick, erzählt etwas von anarchistischer Vergangenheit und zeigt allen, wie er kleine Bomben bastelt. Als es wirklich eine Explosion gibt, haben die Dorfbewohner zum ersten Mal Respekt vor einem Feldhüter. Doch der junge Mann hat sich in das geheimnisvolle Mädchen verliebt, von dem er glaubt, dass sie es ist, die ab und an auf den Feldern etwas mitgehen lässt. Das so verführerisch lächelnde Mädchen läuft wieselflink und kann sich im Verfolgungsfall immer mit einem mächtigen Satz übers Wasser in Sicherheit bringen. Als Feldhüter wird er ihre Liebe nie gewinnen, das weiß er. So gibt er seinen Posten auf, kommt als einfacher Mann zurück und kann sie tatsächlich einfangen. Und wenn sie nicht gestorben sind...
Den Film von Dimos Avdeliodis konkret als Anklage gegen zuviel Kontrolle durch den griechischen Staat zu interpretieren, würde zu kurz greifen (zumal Außenstehenden die griechische Politik dieser Zeit nicht vertraut ist). Als märchenhafte Allegorie dagegen funktioniert er gut. So verschieden wie die Typen der Feldhüter sind auch die anderen Bewohner im Dorf; alters- und mentalitätsbedingte Unterschiede treten zwar deutlich, wie bei Karikaturen, hervor; dennoch bleiben die Figuren menschlich. Vor allem durch ihre kleinen Fehler und die mangelnde Selbstdisziplin. Dass letztlich alle vier Bewerber scheitern, liegt in der Natur der Sache, ist doch ihr Job so unsinnig und überflüssig wie ein Kropf. Wichtiger ist, dass man weiß, was das Leben wirklich ausmacht, lautet das Credo. Doch nur der jüngste Feldhüter weiß, was er will: das freche Mädchen, das ihn herausfordert und mit dem zusammen er nicht dem Alltagstrott zu verfallen droht, dem sich die anderen Dorfbewohner längst ergeben haben.
Ungewöhnlich an diesem Film ist nicht nur, dass Avdeliodis (Jahrgang 1952) in seinem dritten Spielfilm dem üblichen Märchenspiel mit der Zahl drei die Vier (die Vier als Chance für den Neubeginn, die vier Jahreszeiten als Symbol der Lebensabschnitte und Generationen) entgegensetzt, sondern dass er es schafft, durch einen wortkargen, bilderstarken Film die Zuschauer mit der Geschichte von einfachen Leuten aus einer vergangen Zeit drei Stunden lang zu fesseln. Für jede der vier Feldhüter-Geschichten hatte Avdeliodis bewusst einen anderen Kameramann gewählt; dennoch ist der Film aus einem Guss. Grundfarbe und Grundstimmung der Teile variieren ein wenig, aber die humorvoll-idyllische Darstellung, die nie peinlich oder aufgesetzt wirkt, sowie das rote Tulpenfeld und das junge Mädchen als roter Faden sorgen für eine lockere Verbindung. In gewisser Weise ist es ein ruhiger, altmodischer Film, ein bisschen im Stil von Theo Angelopoulos, aber von einer unnachahmlichen Leichtigkeit, die Dimos Avdeliodis zu Recht eine Fülle von nationalen und internationalen Preisen eingebracht hat.
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