Doomed Megalopolis

Science-Fiction | Japan 1991/92 | 45/46/41/39 Minuten

Regie: Tari Rin

Vierteiliges Anime, das das große Erdbeben von Tokio 1923 durch zahlreiche Mythen ins Reich der Fantasy überhöht. Demnach beschließt ein dämonischer Leutnant des China-Krieges die Zerstörung Tokios (1. "Stadt der Dämonen") und kann mit Hilfe finsterer Kräfte Erfolge zeitigen (2. "Das Desaster"), doch die Zerstörung ist nur unvollständig, aus den Trümmern erwächst eine neue, blühende Metropole (3. "Der Drache erwacht"), die es vollends zu vernichten gilt. Das Gute muss seine letzte Prüfung bestehen (4. "Die letzte Herausforderung"). Ein faszinierender Zeichentrickfilm, gespickt mit mythologischen Anspielungen, der ein zeichnerisch hohes Niveau erreicht und auf der narrativen Ebene mit einem erstaunlich komplexen Geflecht an Geschichten aufwartet, das die volle Konzentration des Zuschauers erfordert. - Ab 16 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
TEITO MONOGATARI
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
1991/92
Produktionsfirma
Manga Entertainment
Regie
Tari Rin · Kazuhiko Katayama · Kôichi Chigira · Kazuhige Kume
Buch
Akinori Endo
Musik
Kazz Toyama
Länge
45
46
41
39 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16 (1-3); ab 12 (4)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16 möglich.
Genre
Science-Fiction | Fantasy | Zeichentrick
Externe Links
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Diskussion
Die japanische Kultur ist geprägt von der Apokalypse. Das ewige Trauma der unberechenbaren Naturgewalten hat schon immer eine Verarbeitung in dramatischer Form als Dichtung, Malerei, später in Mangas und Filmen gefunden, bevor durch die Atombombe der Begriff „Apokalypse“ eine neue, von Menschen gemachte Dimension erhielt. Das große Erdbeben von 1923 beispielsweise hat in Tokyo knapp 100.000 Menschenleben gefordert. Der Schriftsteller Hiroshi Aramata hat diese Tragödie in seiner Novelle „The Tale of the Capital“ verdichtet; in der vierteiligen OVA (Original Video Animation) „Doomed Megalopolis“ wurde diese Vorlage frei bearbeitet und gibt nun eine fantastische Erklärung dafür, was die Auslöser für die Katastrophe gewesen sein könnte. Der im China-Krieg Ende des 19. Jahrhunderts getötete Leutnant Kato steht als böser, teufelsgleicher Dämon auf und beschließt, seine Schmach mit der Zerstörung Tokyos zu rächen. Für seinen Angriff benötigt er allerdings zusätzlich die Vernichtungskraft des Tokyoter Schutzgeistes Masakado, der seit 1000 Jahren auf dem Friedhof von Okurasho ruht. Dieser droht demjenigen mit Vernichtung, der seine Ruhe stört. In der ersten Folge „Stadt der Dämonen“ versucht Kato, zunächst erfolglos, sich mit Masakado zu verbünden, und sucht in der jungen Frau Yukari ein Medium, das ihm einen allmächtigen Nachkommen gebären soll. Ihr Freund Narutaki, der Priester Hiari und sein Gehilfe Kamo stellen sich – letztlich hilflos – gegen das Unterfangen Katos. Nur Yukaris Bruder Yoshiro Tazumi, Assistent des großen Architekten und Stadterneuerers Ibushawa, ist von einer in der Kindheit begründeten, mysteriösen Hassliebe zu seiner Schwester befallen. Lethargisch sieht er zu, wie seine Schwester entführt wird.

In „Das Desaster“ soll Yukiko, die inzwischen 15-jährige Tochter der nunmehr seelisch gestörten Yukari, Kato helfen, Masakado zu erwecken, um Tokyo zu zerstören. Es ist 1923, die Erde bebt immer wieder. Das Epizentrum ist das Grab Masakados. Doch der Geologe Norada glaubt nicht an böse Kräfte, die der Priestergehilfe Kamo bekämpfen will, um Yukiko und damit Tokyo zu retten. Doch das große Beben findet am Morgen des 1. Septembers trotzdem statt. In „Der Drache erwacht“ soll Tokyo nach dem Beben noch schöner neu erstehen und mit einer U-Bahn versehen werden. Kato, der sein Ziel noch nicht ganz erreicht hat, will mit Hilfe eines tief im Erz schlummernden Drachen Tokyo zerstören. Der Mythologie-Professor Kuroda kämpft auf Seiten der Geologen um die Besänftigung des Drachen; die Lichtgestalt Keiko, Verkörperung des Guten und Barmherzigen, verheiratet sich mit Tazumi und ist derweil die letzte Hoffnung für Yukiko und Yukari. In „Die letzte Herausforderung“ verbündet sich schließlich Kato mit dem Drachen des Himmels, um mit der Anziehungskraft des Mondes Tokyo dem Erdboden gleich zu machen. Das Gute muss letztmals eine existenzgefährdende Prüfung bestehen.

Der verborgene Kampf zwischen Gut und Böse als Erklärungsmuster für Katastrophen: „Doomed Megalopolis“ bietet hierfür ein fantasievolles und originelles Beispiel. Gespickt mit vielen mythologischen Anspielungen, werden reale Geschehnisse mit Horror-, Fantasy- und Science-Fiction-Elementen zu einer grotesken, zum Teil recht kryptischen Weltuntergangsparaphrase verquickt. Zeichnerisch auf recht hohem Niveau, wartet das Anime auch erzähltechnisch mit einem erstaunlich komplexen Geflecht auf, was sich mit seinen wagen Andeutungen auf Bild- und Dialogebene erst Stück für Stück löst und daher der Aufmerksamkeit über sämtliche vier Teile hinweg bedarf. Auch die Mischung der auf puren Effekt zielenden Actionelemente mit der als dramatisches Fundament dienenden Inzestgeschichte ist ein für westliche Augen ungewöhnliches Konglomerat aus E- und U-Elementen. Während das zum Teil recht drastische Anime in der englischen Ausgabe eine Freigabe ab 15 Jahre (für die ersten drei Teile) bzw. ab 18 Jahre (Teil 4) erhielt, ist die deutsche Version ab 16 Jahre, der vierte Teil kurioserweise ab 12 freigegeben. – Ab 16 möglich.
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