Die Jury der Katholischen Filmkritik hat das Jugenddrama „Bird“ von Andrea Arnold zum neuen Kinotipp gewählt. Darin geht es um eine Heranwachsende, die in prekären Verhältnissen in Ostengland aufwächst und nach einem eigenen Weg ins Leben sucht. Der zwischen Sozialrealismus und sinnlicher Poesie changierende Film besticht durch seine genauen Charakterbeobachtungen und eine authentische Zeichnung des Milieus.
Die knapp 13-jährige Bailey (Nykiya Adams) wächst in der prekären Welt eines besetzten Hauses südöstlich von London auf, umgeben von Alkohol, Drogen und Gewalt und bedroht von übergriffigen Erwachsenen. Sie rebelliert gegen ihren Vater, der ein weiteres Mal heiraten will, ist aber zugleich vollkommen von ihm abhängig. Auch ihr älterer Halbbruder ist nur bedingt eine Hilfe; durch eine ungewollte Schwangerschaft seiner Freundin steckt er selbst in Schwierigkeiten. Am liebsten würde sich Bailey ganz von ihrer Umgebung lösen. Unabhängig fühlt sie sich erst, wenn sie im Meer untertaucht und für einen kurzen Moment ganz für sich ist.
Auf ihren Streifzügen durch das fast menschenleere Umland greift die Teenagerin oft zu ihrem Smartphone, um Tiere, die Landschaft oder Sonnenstrahlen zu fotografieren; mitunter nutzt sie das Handy aber auch als Schild, um den gewalttätigen Freund ihrer Mutter abzuwehren. Bis sie auf die von Franz Rogowski verkörperte Titelfigur stößt, einen seltsamen, wortkargen Streuner, der auf der Suche nach seiner Vergangenheit still auf Dächern steht und auf die Menschen in den Straßenfluchten schaut. Er ist Teil dieser Welt und zugleich auch nicht, ein Wanderer, der keine Fragen oder Forderungen stellt, sondern Bailey sein Ohr schenkt. Sein Dasein als Sonderling macht ihn für das Mädchen zum unaufdringlichen Begleiter.
Poesie und Schönheit
Baileys prekären Alltag fängt der Film von Andrea Arnold mit grobkörnigen Handkamerabildern ein, die Authentizität und Nähe vermitteln. Zugleich überhöht die Inszenierung die Geschichte mit poetischer Sinnlichkeit. Die Jury der Katholischen Filmarbeit hat „Bird“ anlässlich des deutschen Kinostarts im Februar 2025 zum Kinotipp gekürt. In der Jury-Begründung wird vor allem lobend hervorgehoben, dass „die authentische Zeichnung des Milieus, genaue Charakterbeobachtungen und eine Geschichte auf der Suche nach Nähe und Geborgenheit den Film zu einem überzeugenden Spiegelbild für den Wert von Menschlichkeit und existenziellen Sehnsüchten werden lassen.“ Die desolaten Lebensbedingungen haben nicht das letzte Wort. Unter der Oberfläche von Verwahrlosung und Egoismus spürt man einen Kern von Mitgefühl und Hoffnung. Insbesondere die bildliche Gestaltung lässt immer wieder Poesie und Schönheit spüren, so die Jury.
Sie hebt auch hervor, dass die Regisseurin Andrea Arnold in „Bird“ ähnlich wie schon in ihren vorherigen Filmen einen ungeschönten Blick auf Verhältnisse wirft, die wirtschaftlich und emotional äußerste schwierige Verhältnisse zeigen; dabei stehen Heranwachsende im Mittelpunkt, die meist ganz auf sich gestellt nach ihrem Platz im Leben suchen. Zugleich geht es darum, wie der negative Kreislauf, der die Protagonisten immer wieder ins gleiche Milieu zurückzwingt, durchbrochen werden kann.
Der „Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ hebt Filme hervor, die in besonderer Weise religiöse Themen aufgreifen, von menschlichen Nöten, Sorgen und Hoffnungen erzählen und Antworten auf existenzielle Fragen formulieren.