Die von L. Ron Hubbard gegründete Scientology-»Kirche« spielt in Deutschland keine große Rolle. Im Gefolge der Post-68er-Diffusion erfuhr die Dianetik als pseudowissenschaftliche Methode der Selbstoptimierung zwar auch hierzulande eine gewisse Verbreitung, verlor sich wie die meisten anderen New-Age-Verheißungen aber in den euphorischen Nachwende-Zeiten. In den USA hingegen florierte die Sekte, insbesondere in Hollywood. Prominente wie John Travolta oder Tom Cruise sind allerdings keineswegs zufällige Aushängeschilder, sondern mit großem strategischem Aufwand und mitunter sogar kriminellen Machenschaften in der Öffentlichkeit platzierte Symbolfiguren. In seinem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm enthüllt Alex Gibney die Strukturen und Praktiken, mit denen sich Scientology als eine Art Geheimbund behauptet. Basis des enorm materialreichen, aber flüssig und spannend erzählten Films ist das Sachbuch »Going Clear: Scientology, Hollywood and the Prison of Belief« von Lawrence Wright. Mit einer großen Fülle an klug montierten Interviews und raren Scientology-Originalaufnahmen demaskiert Gibney die obskure, bisweilen sogar Mafia-ähnliche Organisation. Acht namhafte Ex-Scientologen, unter ihnen der Regisseur Paul Haggis und der Schauspieler Jason Beghe, schildern exemplarisch, warum sie Mitglied der »Kirche« wurden und teilweise Jahrzehnte brauchten, um sich davon wieder zu befreien. Im zweiten Schritt wird die Geschichte von Scientology und insbesondere die ihres Gründers Hubbard (1911-1986) nachgezeichnet, ehe haarsträubende Details über das drakonische Regiment unter Hubbards Nachfolger David Miscavige ans Tageslicht kommen. Bizarre Anekdoten über Travolta als »Gefangenen der Kirche« oder die Ehe von Tom Cruise und Nicole Kidman illustrieren pointiert die manipulativen Taktiken und skandalösen Schikanen, mit denen Scientology knallhart seine Interessen verfolgt. Statt vor der Kamera selbst Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen, versuchte Scientology, die Produktion des Films zu verhindern, oder überzog die Medien mit einer Flut von juristischen Klagen, als diese nach der Premiere in Sundance positiv über den Film berichteten.