Das große Geheimnis (2014)

Drama | Niederlande 2014 | 96 Minuten

Regie: Dennis Bots

In den Wirren des Zweiten Weltkriegs vertieft sich die Freundschaft zweier Teenager in den Niederlanden des Jahres 1943, doch ihre Eltern begeistern sich zunehmend in unterschiedlichen politischen Lagern. Die einen engagieren sich im Widerstand, die anderen kollaborieren als Teil der niederländischen Bewegung der Nationalsozialisten mit den Besatzern. Als die beiden Jungen ein Mädchen jüdischer Abstammung kennenlernen, trüben Eifersüchteleien ihr Verhältnis, bevor Zwistigkeiten zwischen allen Beteiligten lebensbedrohliche Dimensionen annehmen. Ein außergewöhnlicher Jugendfilm, der ernsthaft ein gesellschaftspolitisch bedeutsames Thema erörtert, das er in eine spannende Abenteuergeschichte kleidet, bei der sich Form und Botschaft stets auf Augenhöhe bewegen. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
OORLOGSGEHEIMEN
Produktionsland
Niederlande
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Rinkel Film/Bijker Prod./Living Stone/Katholieke Radio Omroep/Tarantula
Regie
Dennis Bots
Buch
Karin van Holst Pellekaan
Kamera
Rolf Dekens
Musik
André Dziezuk
Schnitt
Peter Alderliesten
Darsteller
Maas Bronkhuyzen (Tuur) · Joes Brauers (Lambert) · Luc Feit (Horst Baumhaken) · Juul Vrijdag (Frau Witteman) · Ad van Kempen (Herr Witteman)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Drama | Jugendfilm

Heimkino

Verleih DVD
Koch (16:9, 1.78:1, DD5.1 niederl./dt.)
Verleih Blu-ray
Koch (16:9, 1.78:1, dts-HDMA niederl./dt.)
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Mit nachgebauten Holzpistolen laufen zwei Jungen durch den Wald. Sie spielen Räuber und Gendarm. Aber dabei geht es weder um das fiktive Töten noch das Gewinnen. Lambert und Tuur sind beste Freunde. Als sie kurz darauf in einer Höhle eine Decke und einen englischsprachigen Comic finden, auf dem der Name Andrew steht, wittert Tuur ein Abenteuer. Wer mag dort geschlafen haben?

Diskussion
Mit nachgebauten Holzpistolen laufen zwei Jungen durch den Wald. Sie spielen Räuber und Gendarm. Aber dabei geht es weder um das fiktive Töten noch um das Gewinnen. Lambert und Tuur sind beste Freunde. Als sie kurz darauf in einer Höhle eine Decke und einen englischsprachigen Comic finden, auf dem der Name Andrew steht, wittert Tuur ein Abenteuer. Wer mag dort geschlafen haben? Im Grunde beginnt der niederländische Film, wie solche Jungs-Geschichten eben beginnen. Doch schon in der nächsten Szene schiebt sich ein dicker Keil in die trügerische Idylle. Zurück auf dem Bauernhof, auf dem Tuurs Vater arbeitet, fährt ein Truppenwagen mit deutschen Soldaten an dem Jungen vorbei. Sie nehmen die Schweine des Bauern mit. Es ist das Jahr 1943. In Europa herrscht Krieg, dessen Folgen auch die Kinder ausgeliefert sind. Wenn Eltern ihrem Sohn vehement verbieten, in eine Höhle zu klettern, dann meist, weil sie sich um die Sicherheit ihres Kindes sorgen. Tuurs Eltern aber, das wird schnell klar, haben andere Motive. Nicht die Kinder hüten hier ein Geheimnis, sondern vor allem die Erwachsenen. Aus der Perspektive zweier Zwölfjähriger erzählt Dennis Bots in seiner Adaption des Romans von Jacques Vriens über den Zweiten Weltkrieg. Zum Erklärfilm wird diese dabei nie. Bots hat den Mut, Dinge nur anzureißen und unbequeme Fragen zu stellen. Gemeinsam mit den Protagonisten des Films wird auch das Publikum in die Zeitumstände eingeführt. In wenigen Szenen gelingt es dem Film, die großen Konflikte abzubilden. Zu Beginn prägt noch eine relativ heitere Stimmung die Atmosphäre, die durch einen fröhlichen Score und eine sich frei im Raum bewegende Kamera unterstützt wird. Lambert und Tuur erleben ihre Welt als großen Abenteuerspielplatz und lassen sich nicht einmal aus der Ruhe bringen, als sie in einem Bunker, in dem nahezu das ganze Dorf Schutz sucht, die Erschütterungen eines Flugangriffs der Engländer miterleben. Die kindliche Unschuld ist stärker als die Ängste der Erwachsenen. Bis Maartje im Dorf auftaucht. Erst ist es die Eifersucht, die Tuur und Lambert ein wenig auseinandertreibt, wenn Maartje dem einen oder dem anderen mehr Aufmerksamkeit schenkt. Doch dann erzählt Maartje Tuur von ihren Eltern, die deportiert wurden und von dem Judenstern, den sie in Amsterdam tragen musste. Für Tuur öffnet sich ab diesem Zeitpunkt eine ganz andere Welt. Plötzlich erfährt er Dinge, von denen er bislang kaum etwas geahnt hatte. Und er wagt es nicht einmal, sich Lambert anzuvertrauen. Denn Lamberts Vater ist ein offener Unterstützer der deutschen Soldaten. So beginnt Tuur, seinen besten Freund zu meiden, um Maartje zu schützen. Und Lambert versteht gar nicht, was er falsch gemacht haben soll. Das „Erbe“ der Eltern lastet schwer auf den Kindern. Geschickt konfrontiert Bots vor allem Tuur mit der Welt der Erwachsenen und den Gräueln des Nationalsozialismus. Zum einen entdeckt Tuur, dass auch seine Eltern ihm etwas verheimlichen; zum anderen zeigt er immer wieder Szenen, in denen Züge mit verbarrikadierten Waggons durch die grünen Wälder fahren. Als Maartje einem dieser Züge nachsieht, konzentriert sich die Kamera ganz auf ihren traurigen Blick, der alles erzählt, ohne nur ein Wort zu sagen. Doch zu den erschütterndsten Szenen zählt jene, in der Tuur beobachtet, wie plötzlich eine Kinderhand durch die Holzdielen eines Waggons ins Freie greift und ein Stofftier auf die Gleise fallen lässt. Dass Menschen in diesen Zügen sitzen, schockiert den Jungen. Vermittelt durch eine Freundschaftsgeschichte über klassische Themen wie Verrat und Loyalität, Streit und Versöhnung erzählt „Das große Geheimnis“ auch über den Nationalsozialismus, über Widerstandskämpfer und den Holocaust. Was sich älteren Zuschauern durch ihr Hintergrundwissen sofort erschließt, bleibt für ein junges Publikum zunächst notgedrungen ein Rätsel. Durch die Figuren, die zur Identifikation einladen, die nachvollziehbaren Konflikte und die ebenso sensible wie packende Inszenierung aber regt der Film dazu an, Fragen zu stellen. Und damit wie Tuur die kindliche Unbefangenheit ein wenig hinter sich zu lassen.
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