Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat

Drama | USA/Deutschland 2008 | 121 Minuten

Regie: Bryan Singer

Spielfilm über die Planung, Durchführung und das Scheitern des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944. Dabei wird aus dem historischen Ereignis eine zeitlose Heldengeschichte um einen Mann, der in schwierigen Zeiten sein Gewissen entdeckt und den Mut findet, sich einem diktatorischen Regime entgegenzustellen. Souverän in der Inszenierung - das raffinierte Austüfteln der "Operation Walküre" erinnert an Klassiker des Thriller-Genres - und in den Grundzügen eine getreue Rekonstruktion der historischen Ereignisse, beeindruckt der Film vor allem durch die künstlerischen Freiheiten, die er sich nimmt und die suggestiv das innere Erleben der Hauptfigur in äußere Handlung übersetzen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
VALKYRIE
Produktionsland
USA/Deutschland
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
United Artists/Bad Hat Harry Prod./Achte Babelsberg Film
Regie
Bryan Singer
Buch
Christopher McQuarrie · Nathan Alexander
Kamera
Newton Thomas Sigel
Musik
John Ottman
Schnitt
John Ottman
Darsteller
Tom Cruise (Claus Schenk Graf von Stauffenberg) · Kenneth Branagh (Henning Von Tresckow) · Bill Nighy (Friedrich Olbricht) · Tom Wilkinson (Friedrich Fromm) · Carice van Houten (Nina von Stauffenberg)
Länge
121 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen zwei dt. untertitelbare Audiokommentare: einen mit Darsteller Tom Cruise, Regisseur Bryan Singer und Autor & Produzent Christopher McQuarrie sowie einen mit McQuarrie und Co-Autor Nathan Alexander. Die DVD enthält zudem in Auszügen die aufschlußreiche Dokumentation "Das Vermächtnis des deutschen Widerstandes" (Regie: Kevin Burns, USA 2008, 42 Min.). Nur die Blu-ray enthält diese Dokumentation, die sich anhand von Interviews um eine historisch akkurate Aufarbeitung der im Film fiktionalisierten Ereignisse bemüht, in voller Länge (114 Min.). Zudem runden mehrere Kurzdokus zu Teilaspekten des Films sowie eine 39-minütige Diskussionsrunde ("Tom Cruise und Bryan Singer bei 92nd Street") den positiven Eindruck der BD ab. Nur die BD-Edition ist mit dem Silberling 2009 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Fox (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 1.85:1, dts-HD engl., dts dt.)
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Diskussion
Am Nachmittag des 20. Juli 1944 erhält Major Otto Ernst Remer, Kommandant des Berliner Wachbataillons, die Nachricht, dass Adolf Hitler bei einem Attentat getötet worden sei. Damit ist der Befehl verbunden, zur Abwehr einer Revolte „frontfremder Parteiführer“ wichtige Partei-Institutionen zu besetzen und die militärische Macht in den Händen der Wehrmacht zu konzentrieren. Remer ist zwar überzeugter Nationalsozialist, vor allem aber ein deutscher Offizier. Also führt er die Weisungen des Oberkommandos des deutschen Heeres aus und lässt damit unwissentlich die Operation Walküre beginnen. Gegen 19 Uhr abends entschließt sich der argwöhnisch gewordene Remer, persönlich bei Joseph Goebbels vorzusprechen. Heute wissen wir, dass die Verschwörung zu diesem Zeitpunkt im Grunde schon Geschichte ist: gescheitert an widrigen Umständen und dem verhängnisvollen Zaudern einiger Beteiligter. Trotzdem verlieh schon Jo Baier in seinem öffentlich-rechtlichen Filmdrama „Stauffenberg“ (2004) der Begegnung zwischen Goebbels und Remer eine Bedeutung, die ihr historisch eigentlich nicht zusteht. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Während des bühnenreifen Treffens betritt endlich die Hauptperson des Stücks die Szene, nachdem sie entscheidende Stunden in der Kulisse verschwunden war. Goebbels reicht Remer den Telefonhörer, am anderen Ende der Leitung ist Adolf Hitler. Er fragt Remer: „Erkennen Sie meine Stimme?“ Und spricht damit das Todesurteil über die Verschwörer. Vermutlich kann niemand, der sich mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg und den Ereignissen des 20. Juli auseinander setzt, den Sirenenklängen dieser Szene widerstehen. Sie ist einfach zu gut, besser als jede Erfindung, um sie nicht als dramatischen Wendepunkt eines historisch einmaligen Geschehens zu inszenieren. Auch Christopher McQuarrie, der Drehbuchautor von „Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat“, lässt sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Bei ihm sieht Goebbels seinen Besuch vom Fenster aus kommen, und genau wie das Publikum muss der Reichspropagandaminister und Gauleiter von Berlin in diesem Moment glauben, dass er verhaftet wird. Er holt eine Giftkapsel hervor und schiebt sie sich in die Mundhöhle: Ein Biss und alles ist vorbei. Seine Sekretärin weist Goebbels noch rasch an, eine telefonische Verbindung mit der Wolfsschanze herzustellen, dann heftet sich die Kamera wieder an den Major, bis dieser mit dem Haftbefehl im Raum steht. Goebbels reicht ihm das Telefon, Auftritt Hitler, Abgang Remer. Schließlich fingert sich der Minister die Giftkapsel zur späteren Verwendung aus dem Mund. Ist das nun die schamlose Geschichtsfälschung, die von vielen befürchtet und von anderen geradezu herbeigeschrieben wurde? Ja und Nein. In ihren Grundzügen ist diese „Operation Walküre“ eine getreue Rekonstruktion der historischen Ereignisse rund um das gescheiterte Attentat. Auf dem festen Grund der Faktentreue kann sich Christopher McQuarrie dann etliche künstlerische Freiheiten erlauben, die so ungeheuerlich wie kühn sind, aber vor allem einer bestechenden Idee folgen. Stauffenberg hatte die für Hitler gedachte Bombe in der Lagerbaracke der Wolfsschanze deponiert, sich unter einem Vorwand davongestohlen und war in der Überzeugung, das Attentat sei gelungen, in ein bereitgestelltes Flugzeug nach Berlin gestiegen. Bis kurz vor seinem Tod am selben Abend glaubte Stauffenberg, seine Verschwörung zum Guten hätte alle Chancen auf Erfolg, obwohl die Realität schon gegen ihn arbeitete, als er sich noch in der Luft befand. In diesen Stunden muss sich Stauffenberg wie in einem Traum bewegt haben, und McQuarrie hat dieses innere Erleben durch einige kleinere und größere Fälschungen geschickt in äußere Handlung umgesetzt. Nicht das absehbare Scheitern der Verschwörung ist das Thema seines Drehbuchs, sondern der leidenschaftliche Moment des Aufbruchs, der entschlossen geführte Kampf um ein anderes Deutschland. Es ist eine Lüge, die das Wesen des 20. Juli vielleicht besser trifft als jede faktentreue Nacherzählung. Kein Film war in Deutschland zuletzt so umstritten wie Bryan Singers Adaption des Stauffenberg-Attentats. Auf dem Höhepunkt der Querelen wurde der Hollywood-Produktion verweigert, an historischer Stätte, dem Bendlerblock, zu drehen, und die Genehmigung später zähneknirschend nachgeholt. Heute erscheint das als Rückzugsgefecht, in dem noch einmal die deutsche Deutungshoheit über die Geschichte des 20. Juli behauptet wurde, bevor sie zu einer universalen Erzählung wird. Wer erwartet, dass die Welt in „Operation Walküre“ etwas über den Kreisauer Kreis des deutschen Widerstands erfährt oder gar über die Ideenwelt des Spätromantikers Stauffenberg, wird entweder enttäuscht oder in seinem Vorurteil bestätigt. Nüchtern betrachtet, interessiert sich für beides außerhalb Deutschlands so gut wie niemand, und vor allem braucht man nichts davon zu wissen, um die Handlungen und Beweggründe der Figuren zu verstehen. Auf dem Weg in die Filmgeschichte werden dem Protagonisten sämtliche Besonderheiten abgeschliffen: Stauffenberg ist eine klassische Heldenfigur, die ihr Land und ihre Familie liebt, in dunkler Zeit den Widerstandsgeist in sich entdeckt und schließlich den Mut findet, ihr Leben für die gute Sache in die Waagschale zu werfen. Das ist allgemein verständlich und tut Stauffenberg kein Leid an. Und dass er im Film ein Mann ohne Eigenschaften bleibt, erklärt zudem ganz nebenbei, warum ihn Tom Cruise durchaus glaubwürdig verkörpern kann. In der deutschen Fassung wird der Name Stauffenberg im Titel genannt, im amerikanischen Original heißt der Film schlicht „Valkyrie“. Passend dazu steht in Bryan Singers Inszenierung der Geheimplan zum Sturz des Hitlerregimes im Vordergrund; Taten dominieren und damit der Tatmensch Stauffenberg. Ihm begegnet man zum ersten Mal in der nordafrikanischen Wüste. Gerade hat er Hitler die Gefolgschaft aufgekündigt, als er bei einem Luftangriff der Alliierten eine Hand und mehrere Finger der anderen verliert. Nach seiner Genesung tritt Stauffenberg den Verschwörern um den ehemaligen Generalstabschef Ludwig Beck bei und kommt bei Wagners Walkürenritt auf die, man kann es nicht anders sagen, geniale Idee, einen militärischen Geheimplan, den die Nazis zur Abwehr innerer Unruhen ersonnen haben, gegen seine Urheber zu richten. Einen Großteil des Films verwendet Singer danach auf die effektive Inszenierung der Operation Walküre. Hier kommt die Historie einem klassischen Thriller erstaunlich nahe; wie in „Rififi“ (fd 4440) geht es um die Mechanik eines ausgeklügelten Plans, die Fernschreiber rattern, ein Rädchen greift ins andere, die halbe Welt steht auf dem Spiel und zugleich spielen alle Räuber und Gendarm. Man muss Bryan Singer dafür loben, wie nachdrücklich er sein Publikum immer wieder daran erinnert, dass es um Leben oder Tod geht. Trotzdem scheint sich Singer auf den Nebenschauplätzen wohler zu fühlen: An die stilistische Wucht des britischen Luftangriffs in der Wüste kommt sein Film später kaum mehr heran, und nichts ist in der „Operation Walküre“ mit größerer Sorgfalt inszeniert als das gespenstische Stelldichein der Kontrahenten auf Hitlers Obersalzberg. Der Rest wird spannend aufbereitet, und an der namhaften Besetzung gibt es, mit leichten Abstrichen bei der Hauptrolle, kaum etwas auszusetzen. So bleibt am Ende ein unerwarteter Vorwurf an den schon lange vor seiner Premiere hoch umstrittenen Film: Dass Stauffenbergs kurzer Traum vom Glück auf der Leinwand nicht so lebendig wird, wie es seine im Drehbuch begonnene Reise ins Irreale verspricht.
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