Sommer (1996)

Liebesfilm | Frankreich 1996 | 113 Minuten

Regie: Eric Rohmer

Im dritten Teil des "Jahreszeiten"-Zyklus von Eric Rohmer (nach "Frühlingserzählung", 1989, und "Wintermärchen", 1991) begegnen sich vier junge Erwachsene während der Sommerferien am Meer. Um die drei Frauen und den Mann entstehen besonders durch seine Unsicherheit flüchtige Bindungen zwischen Freundschaft und Liebe. Mit ausgezeichneten Darstellern entwickelt Rohmer die Widersprüche zwischen Gefühl, Wort und Tat. In fast dokumentarischem Stil und mit ökonomischsten Mitteln gelingen sensible Beobachtungen von sommerlicher Leichtigkeit. (Kinotipp der katholischen Filmkritik.) - Sehenswert ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
CONTE D'ETE
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Margaret Menegoz - Les Films du Losange/La Sept Cinema
Regie
Eric Rohmer
Buch
Eric Rohmer
Kamera
Diane Baratier
Musik
Philippe Eidel · Sébastien Erms
Schnitt
Mary Stephen
Darsteller
Amanda Langlet (Margot) · Melvil Poupaud (Gaspar) · Gwenaëlle Simon (Léna) · Aurélia Nolin (Solène) · Aimé Lefèvre (Neufundländer)
Länge
113 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Liebesfilm

Diskussion
Vor 14 Jahren spielte Amanda Langlet in Rohmers "Pauline am Strand" (fd 24 212) die Titelrolle. Und sie tat es als Teenager damals so hinreißend natürlich und überzeugend (wie viele andere Talente bei Rohmer auch), daß das Wiedersehen mit ihr im neuesten Film Rohmers ein kleines Ereignis darstellt. Sah sie sich als Pauline in all ihrer Unerfahrenheit einer verwirrenden (man könnte auch sagen: verwirrten) Erwachsenenwelt gegenüber, so steht sie diesmal als Margot zwar auch noch lange nicht am Ende aller Erfahrungen, doch die "Lektionen von damals" sind offenbar nicht umsonst gewesen. Im Quartett der jungen Erwachsenen und ihrer Unklarheiten in Sachen Liebe hinterläßt sie nun noch am ehesten den Charakter von Besonnenheit und tut gut daran, sich eine Art Beobachterposten zu bewahren.

Mitte Juli, Sommer am Strand von Dinard in der Bretagne: Gaspard steht kurz vor seinem ersten richtigen Job und ist für die letzten freien Tag hierher gefahren, um seine Freundin Lena zu treffen. Aber da von ihr vorerst nichts zu sehen ist, zieht er allein seine Kreise im Ort und widmet sich abends seiner Gitarre. Erst die Bekanntschaft mit Margot im Restaurant und später am Strand bringt etwas Farbe in seinen Aufenthalt, was er sich allerdings wohl selbst nicht eingestehen will. Ihre sachtes Insistieren führt zu gemeinsamen Unternehmungen, bei denen schließlich auch von Lena und der Liebe überhaupt die Rede ist. Während Margot kritisch Anteil nimmt an Gaspards Kummer, verfällt dieser zunehmend in eine Art Leidenspose, die allerdings verrät, daß er Lena viel schneller vergessen könnte, als er selbst vielleicht denkt. Und der Anlaß könnte leicht Margot heißen. Doch die ist aus guten Gründen auf der Hut.

Rohmer gelingt es einmal mehr, die Gedanken an eine Inszenierung der Gespräche und Begegnungen beim Zuschauer ganz zu unterdrückend Alle Szenen wirken unmittelbar, fast dokumentarisch, was bei der für seine Filme kennzeichnenden Dialoglastigkeit bei einem Minimum an äußerer Handlung besonders schwer zu erreichen ist. Auch die Auftritte einer anderen jungen Frau - Solène, die Gaspard ;nach einem Abend in der Discothek kennenlernt - und dann auch seiner Freundin Lena öffnen keine wesentlich neuen Handlungsbögen, sondern verschärft nur den bestehenden Konflikt. Manisch ängstlich, etwas zu verpassen, und damit unfähig, seine Gefühle auch nur einigermaßen zu kontrollieren, lügt Gaspard sich von einem Rendezvous zum nächsten, redet sich Liebe ein, wo längst schon die Furcht vor dem Stehengelasssenwerden überwiegt. Da ist es nur zu verständlich, daß dem kurzen Moment des scheinbaren Triumphes die Ernüchterung folgt.

Schnörkellos und mit ökonomischsten filmsprachlichen Mitteln realisiert (auch auf außerszenische Musik verzichtet Rohmer), verläßt sich der Film ganz auf seine ausgezeichnete junge Darsteller-Crew. Wie spontan nach den Dialogproben die Dreharbeiten verlaufen sein mögen, erkennt man an den Passanten, die auch wirklich solche sind (und keine Komparsen), da sie immer wieder mal erstaunt zur Kamera schielen. Auch wenn sich die Verwicklungen am Ende etwas arg im Kreise drehen, ist der dritte Teil des "Jahreszeiten"-Zyklus der bislang gelungenste. Und selbst wenn man beileibe nicht alles so wörtlich nehmen darf, was in diesem Film ganz schnell mal behauptet und versichert wird - eines ist oft genug wahr: "Es ist viel leichter, einer selbst zu sein bei einem Freund als bei einem, den man liebt. Denn da muß man nicht Komödie spielen." Hoffentlich gestattet uns Eric Rohmer eine weitere Begegnung mit Amanda Langlet und den anderen, dann vielleicht als Vierzigjährigen. Aber unbedingt wieder zur Ferienzeit, weit entfernt von den Alltagspflichten, wenn das Nichtstun abermals seltsame Blüten der Sehnsucht treibt und man genügend Muße hat, den Zufall zu erwarten.
Kommentar verfassen

Kommentieren