Literaturverfilmung | USA 1995 | 95 Minuten

Regie: Christopher Ashley

Ein homosexueller Schauspieler beschließt aus Angst vor AIDS, sein Leben in Zukunft ohne Sex zu verbringen. Als er einen attraktiven HIV-positiven Mann kennenlernt, beginnt seine Odyssee durch die homosexuelle Subkultur New Yorks, an deren Ende das Bekenntnis zum Leben und zur Liebe steht. Ein provozierender Film nach einem Bühnenstück, der neben der ernsten Thematik sein Sujet für einige grelle Schlaglichter auf die Szene nutzt.
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Filmdaten

Originaltitel
JEFFREY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
Workin' Man Films/The Booking Office
Regie
Christopher Ashley
Buch
Paul Rudnick
Kamera
Jeffrey Tufano
Musik
Stephen Endelman
Schnitt
Cara Silverman
Darsteller
Steven Weber (Jeffrey) · Patrick Stewart (Sterling) · Michael T. Weiss (Steve) · Bryan Batt (Darius) · Sigourney Weaver (Debra Moorhouse)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Genre
Literaturverfilmung
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Diskussion
Sex im Zeitalter von AIDS. Eine Thema, das längst nicht mehr allein in homosexuellen Kreisen und anderen sogenannten Risikogruppen diskutiert und beredet wird sondern das längst auch das Leben heterosexueller Paare überschattet. 1993 schrieb Paul Rudnick seine Off-Broadway-Stück"./e/S'ez/", das sich zu einem sensationellen Erfolg mauserte, nicht nur, weil es in der Schwulenhochburg New York auf offene Ohren stieß und den Nerv der Zeit traf, sondern auch, weil es im Zeitalter von AIDS den Betroffenen Mut machen wollte und zugleich die provokative Frage aurwarf, was denn aus der (körperlichen) Liebe werde, wenn man sich ihr verweigere. Mut zum Risiko also, gerade in einer Zeit, in der vieles als kalkulierbar galt, das Bekenntnis zum "safer sex" jedoch die Lust auszutreiben drohte.

Genau vor diesem Dilemma steht auch Jeffrey, homosexueller Schauspieler ohne Engagement und Aushilfskellner, angesichts der Immunschwächekrankheit. Doch da "safer sex" für ihn kein |Thema ist, er andererseits panische Angst vor Ansteckung hat, gibt es nur einen Ausweg - überhaupt keinen Sex mehr. Leichter gesagt als getan, wenn ihn doch der zur Ablenkung auserkorene Körperkult schnurstracks in die Arme des gutaussehenden Steve treibt, der sich Hals über Kopf in den schüchternen jungen Mann verliebt. Zunächst ergreift Jeffrey die Flucht, doch auf Zureden seiner Freunde Sterling und Darius, die schwules Bewußtsein auf ihr Banner geschrieben haben, willigt er schließlich in ein Treffen ein Sein neuer Mut verfliegt jedoch in Windeseile, als Steve ihm eröffnet, daß er HIV-positiv ist; Jeffrey nimmt Reißaus, und eine Odyssee durch die New Yorker Subkultur beginnt, die ihn trotz aller Verdrängungsbemühungen immer wieder mit dem Thema Sex konfrontiert. Als er merkt, daß er sich immer mehr sich selbst entfremdet, daß er in den bisher vertrauten Kreisen ein Fremder zu werden droht, als er begreift, daß von niemandem Hilfe zu erwarten ist, und als er sieht, mit welchem Lebensmut der väterliche Freund Sterling den Tod seines Geliebten erträgt, beginnt Jeffrey umzudenken. Er beschließt, sein Leben als schwuler Zaungast in einer schwulen Subkultur aufzugeben, sich dem Leben und der Liebe zu stellen, auch wenn dies den Tod bedeuten kann.

Sicher eine provokante und diskussionsbedürftige Aussage nach Jahren der Anti-AIDS-Kampagnen; eine klare Absage an Panik und Panikmache, eine Lebensphilosophie, die das Glück in den Mittelpunkt stellt - und dies gleich in mehrfacher Hinsicht. Diese Lebensführung ist sehr persönliche Ansichtssache, jeder muß sie für sich entscheiden. Daß Autor Paul Rudnick die Probleme auf die schwule Szene einengt, tut dem Film einen kleinen Abbruch, weil die Diskussion auf eine klassische "Risikogruppe" reduziert wird. Daß jeder von AIDS betroffen werden kann, fällt einmal mehr unter den Tisch. Doch Rudnick nutzt diese Focusierung, um ein einerseits grell-buntes, andererseits tristes Bild schwulen Lebens aufzuzeichnen: Sex spielt hier eine übergeordnete Rolle, bizarre "love parades" werden in die Wege geleitet, vom "Schwulenklatschen" ist ebenso die Rede wie von den mannigfaltigen Tunten, die das New Yorker Nachtleben bereichern und sich als Bürgerschreck verstanden wissen wollen.

Dabei kann der Film seine Herkunft vom Theater leider nie leugen, klammert sich im Gegenteil energisch an die Bühnenvorlage, die es ihm ermöglicht, in knappen Szenen Schlaglichter zu setzen, die jedoch einen steten Erzählfluß verhindern. Der Fülle von Einfällen wird die stringente Erzählung geopfert, man will viel erzählen, anreißen, andeuten; so auch, daß Mutter Teresa auch der Engel der Schwulen sein könnte, Berührungsängste von dieser Seite scheint es jedenfalls nicht zu geben.

Ein interessanter, aber kein gelungener Film, einer der verstören und zum Nachdenken anregen will. Er stellt seine Forderungen nicht militant, sondern verschmitzt-spielerisch, will Einblick gewähren und für Verständnis werben. Wie weit der Zuschauer sich auf ihn einlassen will, bleibt jedem selbst überlassen. Doch an Ende, wenn Steve verspricht, nie zu sterben, und Jeffrey diese Lüge natürlich durchschaut, dann können sich auch heterosexuelle Paare angesprochen fühlen: Ist diese fromme Lüge schließt nicht der Wunsch aller Verliebten?
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