Drei Kriminelle verlieren sich im Teufelskreis ihrer Verbrechen und Lebens-"Ordnung": Gefängnis, Flucht, erneut Gefängnis und Geiselnahme prägen ihren Weg in Tod und Ausweglosigkeit ebenso wie ihre Unfähigkeit zu lieben. Ein reizvoller, in balladeskem Stil lakonisch und wortkarg erzählter Kriminalfilm, der mehr an Stimmungen und Atmosphäre interessiert ist als an der vordergründigen Erklärbarkeit der Ereignisse und Personen.
- Ab 16 möglich.
Bunte Hunde
Gangsterfilm | Deutschland 1995 | 103 Minuten
Regie: Lars Becker
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 1995
- Produktionsfirma
- WÜSTE/Glück Auf Film/NDR/arte
- Regie
- Lars Becker
- Buch
- Lars Becker
- Kamera
- Benedict Neuenfels
- Musik
- Frank Wulff · Stefan Wulff
- Schnitt
- Oliver Gieth
- Darsteller
- Peter Lohmeyer (Toni Starek) · Oana Solomonescu (Mona Arthur) · Til Schweiger (Pepe Brenner) · Catrin Striebeck (Dolores Busch) · Jan-Gregor Kremp (Guru Freiland)
- Länge
- 103 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16 möglich.
- Genre
- Gangsterfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
In einem guten Krimi funktioniert alles nach den Gesetzen einer ganz eigenen Logik. Sicher: Handlung und Personen sind in der wiedererkennbaren Wirklichkeit verankert, Städte und Straßen, Kleidung, Autos und andere Objekte sind vertraute Koordinaten, an denen man sich orientieren kann. Gleichzeitig aber sind Räume und Gegenstände Teil einer mythischen Welt, in der Atmosphären und Stimmungen, Bewegungen, Farben und Licht mehr erzählen als die nackte Handlungsfolie, nach der ein "böser" Verbrecher von einem "guten" Polizisten erwischt wird. Erst die Ambivalenz hinter dem Eindeutigen macht den Reiz eines Krimis aus, bewirkt Erkenntnis und Irritation zugleich, erzeugt Spannung und Dichte. Der deutsche Fernsehkrimi hat all das so gut wie nie verstanden; verdammt zur seriellen Wiederkehr, hat er wohl auch dazu beigetragen, daß hierzulande das Genre dem Kino entfremdet wurde. Kaum eigentlich hat sich jemand in den vergangenen Jahrzehnten (mit Ausnahme von Dominik Graf mit "Die Katze", fd 26 614, und "Die Sieger", fd 30 993) erfolgreich an den Kino-Kriminalfilm gewagt, so daß Lars Becker - selbst Krimiautor ("Kalte Sonne", "Amigo"} - fast schon so etwas wie Pionierarbeit leistet.Eine Geschichte im vertrauten Sinne erzählt Becker im Grunde nicht. "Bunte Hunde" ist eher eine Zustandsbeschreibung, bei der die Ansätze von Handlung in einer Art Wellenbewegung rhythmisiert sind, nachdem jemand einen Stein ins Wasser geworfen hat. Man folgt dem Auf und Nieder von Wellentälern und -höhen, bis sich am Ende das Wasser wieder beruhigt hat - zumindest an seiner Oberfläche. Es ist eine Geschichte um (Männer-)Freundschaft unter Kriminellen, die sich stets außerhalb der Legalität bewegen und für die das Dasein ein Drahtseilakt ohne sicherndes Netz ist. Toni, Guru und Pepe werden zu Beginn vor Gericht gestellt und des vielfachen Autodiebstahls angeklagt. Toni. Kopf und Seele des Trios, schweigt in stoischer Gelassenheit, läßt äußerlich unberührt alles geschehen; er wird zu 12 Jahren Haft verurteilt. Pepe, der jüngste von ihnen, großspurig und selbstverliebt, hat sich eine mildere Strafe "ausgehandelt", indem er Toni belastete. Guru schließlich ließ sich nichts nachweisen. Er wird freigesprochen und plant schon bald mit seiner Geliebten Dolores Tonis Flucht. Die zentrale Rolle in dem Plan spielt Mona, die sich in Toni verliebt hat. Dank ihr gelingt Toni die Flucht an die belgische Küste, doch die idyllischen Tage bergen kein Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft der beiden; Toni zieht es zurück zu Guru - nur um wieder in die Ausweglosigkeit zu geraten. Guru wird getötet, Toni landet erneut im Knast. Mona, in ihrer Liebe zu Toni ebenso halsstarrig wie blind, unterstützt einen neuerlichen Ausbruchsversuch, an dem neben Toni und zwei weiteren Häftlingen auch Pepe beteiligt ist. Man nimmt Gefängniswärter als Geiseln, erpreßt die Flucht, ohne aber weit zu kommen.Am Ende steht die ultimative Ausweglosigkeit: Toni stirbt, indem er sich im Schußgefecht mit der Polizei vor Pepe stellt. Ob er dies aus Selbstaufgabe tut oder um Pepe zu retten, bleibt in der Schwebe, ähnlich wie sich Lars Becker stets weigert, allzu deutlich seine Geschichte mit Erklärungsversuchen zu "belasten". Darunter mag die Psychologisierung der Figuren leiden, gleichzeitig aber verleiht es ihnen jenes Maß an geheimnisvoller Aura, das sie aus der Wirklichkeit in die kino-wirkliche Welt des Genres treten läßt. Da, wo sich Toni beispielsweise offenbaren und erklären müßte, blickt er zur Seite weg aus dem Bild und schweigt - wird Teil eines Melodrams, das so eben nur im Kino funktioniert. Manchmal mangelt es solcher Stilisierung an Stringenz; da, wo die Bilder keine Atmosphäre mehr transportieren, stellt sich dann Leerlauf ein, wirkt Beckers Konzept eher kontraproduktiv. Immer aber findet Becker aus solchen Fallstricken heraus. Leben hauchen dem zwischen reizvoller Abstraktion und wehmütigem Blues pendelnden Film dabei weniger die "in ihrer Welt" gefangenen Männer ein als die beiden Frauen, die lieben, hoffen und verzweifeln, also zu Gefühlen fähig sind. Dolores, in die Enge getrieben und zur Verräterin geworden, beklagt die Unordnung um sie herum und spricht den Männern damit indirekt deren "Welt-Ordnung" ab; ändern aber kann sie nichts: am Ende sind alle Verlierer. Wenn einer etwas aus alldem gelernt hat, dann vielleicht Pepe, der wieder vor Gericht steht, ohne noch einmal zum Verrat bereit zu sein. Er verweigert sich - und bleibt auch in solch neuer "Stärke" ein Verlierer.
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