Krimi | Großbritannien 2024 | (8 Folgen) Staffel 1

Regie: Niall MacCormick

Serienverfilmung nach Ian Rankins Kriminalromanen um die Figur des Polizisten John Rebus, der in der schottischen Hauptstadt Edinburgh ermittelt. In Staffel 1 zeichnet sich nach einem brutalen Mord in Edinburghs Altstadt ein Bandenkrieg zwischen einem Gangsterboss, mit dem Detective Sergeant John Rebus noch eine offene Rechnung hat, und einem jüngeren kriminellen Konkurrenten ab; ein Konflikt, in den Rebus schließlich auch persönlich involviert wird, als sein eigener Bruder dabei mitzumischen beginnt. Die Serie zeichnet die schottische Metropole stimmungsvoll als raues Pflaster, wo sich gesellschaftliche Spannungen gewaltsam entladen, und verquickt eng berufliche Belastungen und das verkorkste Privatleben ihres Helden zu einer süffigen Mischung aus Männer-Melodram und "Hard Boiled"-Krimiunterhaltung. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
IAN RANKIN'S REBUS
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Eleventh Hour Films
Regie
Niall MacCormick · Fiona Walton
Buch
Gregory Burke
Kamera
Simon Archer · Giulio Biccari
Musik
Harry Escott · Ben Pearson
Schnitt
Stuart Gazzard · Adam Trotman
Darsteller
Richard Rankin (John Rebus) · Brian Ferguson (Michael Rebus) · Lucie Shorthouse (Siobhan Clarke) · Stuart Bowman (Ger Cafferty) · Amy Manson (Rhona Moncrieffe)
Länge
(8 Folgen) Staffel 1
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Krimi | Serie
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IMDb | TMDB

Serienverfilmung nach Ian Rankins Kriminalromanen um die Figur des Inspectors John Rebus, der in der schottischen Metropole Edinburgh ermittelt.

Aktualisiert am
06.02.2025 - 10:45:41
Diskussion

In Edinburgh gäbe es keine Gangster, nur kleine Scheißer, die sich dafür halten, sagt Detective Sergeant John Rebus (Richard Rankin) an einer Stelle zu seinem Bruder Michael (Brian Ferguson). Fans von Ian Rankins „Rebus“-Kriminalromanreihe und auch die Zuschauerinnen der neuen Serienverfilmung wissen da aber bereits, dass der coole Spruch des Polizisten nicht wirklich der Wahrheit entspricht. Was sich in der schottischen Metropole an organisiertem Verbrechen herumtreibt, ist durchaus ernstzunehmend hartgesotten und skrupellos. Edinburgh ist in Rankins 1987 gestarteten „Rebus“-Romanen ein raues Pflaster, geformt von den historischen Konflikten Schottlands, gezeichnet von den sozialen und politischen Verwerfungen der Erzählgegenwart und den Aggressionen, die aus ihnen entstehen. In der Serienverfilmung ist das nicht anders.

Machtkämpfe in Edinburghs Unterwelt

Gleich der Prolog der ersten Serienfolge, rund ein Jahr vor der eigentlichen Handlung angesiedelt, zeigt einen gewaltsamen Clash zwischen Rebus und dem Mann, der sozusagen der Godfather der Edinburgher Unterwelt und Rebus’ persönliche Nemesis ist, einem gewissen Ger Cafferty (Stuart Bowman). Rebus geht ihm an die Kehle, nachdem Cafferty seinen Kollegen und Freund George mit einem absichtlich verursachten Autounfall so schwer verletzt hat, dass er danach den Dienst quittieren muss und im Rollstuhl sitzt. Konsequenzen wird diese Tat für Cafferty nicht haben; Rebus’ Vorgesetzte Gill (Caroline Lee-Johnson) geht dazwischen, bevor Rebus ihn ersticken kann; und offiziell juristisch belangt wird er nicht. Ein Jahr später ist Cafferty nach wie vor in der kriminellen Hackordnung ganz oben.

Dann bekommen es John und seine neue Partnerin, die frisch aus der Ausbildung kommende DC Siobhan Clarke (Lucie Shorthouse), mit einem Fall zu tun, der auch den Gangsterboss betrifft. In der Altstadt im Schatten von Edinburgh Castle ist auf offener Straße ein Mann, der zu Caffertys Gang gehört, von zwei Männern mit Messern angegriffen und getötet worden. Recherchen legen nahe, dass die Täter aus dem Umkreis des dubiosen Geschäftsmanns Darryl Christie (Noof Ousellam) kommen, der ebenfalls im organisierten Verbrechen mitmischt und offensichtlich darangehen will, Cafferty auszubooten. Fatalerweise bekommt das Bandenkrieg-Szenario, das sich da abzuzeichnen beginnt, bald für John Rebus auch noch eine unangenehm persönliche Facette. Sein Bruder Michael, wie John selbst ein Ex-Soldat, hat die Nase voll davon, seit seinem Ausscheiden aus der Army beruflich und finanziell nie ein Bein auf den Boden bekommen zu haben und mit seiner Familie kaum über die Runden zu kommen, wechselt seinerseits auf die dunkle Seite und gerät prompt sowohl Christie als auch Cafferty ins Gehege.

Ein Hang zum Radikalen und Gnadenlosen

Wie in der Buchreihe spielt das Flair des Schauplatzes auch in der neuen Serienverfilmung eine nicht unwichtige Rolle. Zwar fängt die Kamera das ein oder andere malerische Stadtpanorama von Edinburgh ein, jedoch überwiegt stimmungsvoll der Eindruck von Düsternis und Trutzigkeit – hohes, massives Mauerwerk und hartes Kopfsteinpflaster in der Altstadt, schäbiger, abgewohnter Beton und Ziegelwände in der Vorstadt. „This is the City of John Knox. Life isn’t meant to be easy“, sagt Rebus an einer Stelle sarkastisch zum Neuling Siobhan.

Ein Hang zum Radikalen und zur Gnadenlosigkeit scheint sich seit den Zeiten des rigorosen schottischen Reformators in den Gassen der Stadt erhalten zu haben. Auch Rebus selbst ist, wie gleich zu Anfang sein handgreiflicher Ausfall gegen Cafferty zeigt, nicht frei davon.

Lädierte Männerseelen

Verkörpert von Richard Rankin (nicht verwandt, sondern nur nachnamensgleich mit Buchautor Ian Rankin), ist er eine etwas jüngere Variante des abgebrühten, melancholischen Ermittlers, den in früheren „Rebus“-Adaptionen Ken Stott und John Hannah verkörpert haben. Seelischen Ballast und schuldhafte Verstrickungen kennt er trotzdem auch schon zur Genüge. Wobei neben beruflichen Belastungen auch das spektakulär verkorkste Privatleben der Rebus-Figur eine Rolle spielt. In der Häufung – zerbrochene Ehe, Ringen mit dem Verhältnis zur Tochter, Alkoholproblem, schwierige Bruder-Beziehung, schuldhaftes Liebesverhältnis zur Frau seines an den Rollstuhl gefesselten Ex-Kollegen) – ist das konzeptuell in der Serienadaption fast etwas zu viel des Guten und grenzt ans Klischeehafte angesichts der Fülle an psychisch lädierten Ermittlerfiguren, die seit dem Siegeszug des Nordic Noir den Krimimarkt geradezu fluten. Das gute Darstellerensemble schafft es allerdings trotzdem, die zwischenmenschlichen Verwerfungen auch in der neuen Adaption mit Leben zu füllen und neben den kriminalistischen Verwicklungen emotionalen Drive entwickeln zu lassen.

Und so kommen Männer-Melodram und desillusioniertes „Hardboiled“-Flair in der Neuadaption durchaus stimmig zusammen. Wobei letzteres weniger aufs Konto offen ausgetragener Gewalt geht (die zwar immer wieder eine Rolle spielt, aber dosiert eingesetzt wird), sondern eher die Folge von simmernden Verhärtungen und Animositäten ist, die fast alle Figuren erfasst zu haben scheinen. Die alten Klassenprobleme spielen dabei eine Rolle, das Hadern mit gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten sowie ein mit der „Scottishness“ einhergehendes Misstrauen gegen einen Staat, seine Gesetze und seine Ordnung, zu dem das Land im Norden von Großbritannien traditionell ein gespanntes Verhältnis hat.

John Rebus hat im Lauf der ersten Serienstaffel nicht nur einen Fall aufzuklären, er muss eine Quest absolvieren, die ihn zwingt, seine eigenen Wertvorstellungen, seinen moralischen Kodex auf den Prüfstand zu stellen. Dass er es sich dabei einfach machen würde, könnte nicht einmal John Knox behaupten.

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