Louise und die Schule der Freiheit
Drama | Frankreich 2024 | 109 Minuten
Regie: Éric Besnard
Filmdaten
- Originaltitel
- LOUISE VIOLET
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Nord-Ouest Films/StudioCanal/Apollo Films/France 3 Cinéma/Auvergne Rhône-Alpes Cinéma/Artémis Prod./BE TV
- Regie
- Éric Besnard
- Buch
- Éric Besnard
- Kamera
- Laurent Dailland
- Musik
- Christophe Julien
- Schnitt
- Lydia Decobert
- Darsteller
- Alexandra Lamy (Louise Violet) · Grégory Gadebois (Joseph) · Jérôme Kircher (Thermidor) · Jérémy Lopez (Rémi) · Patrick Pineau (Père Francis)
- Länge
- 109 Minuten
- Kinostart
- 10.04.2025
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Beschwingtes Drama um eine Pionierlehrerin, die Ende des 19. Jahrhunderts den Kindern eines Dorfes in der Auvergne Lesen und Schreiben beibringen will.
Im Jahr 1889 führte die Dritte Republik in Frankreich die kostenlose und obligatorische Schulbildung ein. In ländlichen Gebieten kam das nicht bei allen gut an. Vor allem Bauern, die es ohnehin schwer hatten, fürchteten die Abwanderung der Jugend, wenn sie in den Genuss von Wissen käme. Deshalb stößt eine Pionierlehrerin in einem Dorf in der Auvergne auf vehemente Abwehr, als sie in einer improvisierten Scheune mit dem Unterricht beginnt. Fortschritt ist hier nicht positiv besetzt, und der Nutzen des Unterrichts scheint in der Praxis der täglichen Aufgaben doch sehr begrenzt.
Die Bauern stellen sich quer
Doch Louise Violet (Alexandra Lamy), die eine schmerzhafte Vergangenheit hinter sich lassen möchte, lässt sich auch dann nicht von ihrem Vorhaben abbringen, als kein einziges der Dorfkinder den Weg in ihre Schule findet. Gemeinsam mit dem Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois), einem konservativen Landbesitzer, der eigentlich Zimmermann werden wollte, sucht sie die Familien auf und klärt sie über die Möglichkeiten auf, die sich ihrem Nachwuchs durch einen Abschluss eröffnen. Die mitunter fatalistisch gestimmte Elternschaft bleiben gespalten; die Mehrheit aber schickt ihre Söhne und Töchter letztlich doch zum Unterricht.
Auch der Bürgermeister möchte ebenfalls Lesen und Schreiben lernen und gesellt sich zu den Kindern, weil er sich davon Vorteile in der Lokalpolitik verspricht. Die Konflikte sind damit aber noch lange nicht vorbei, da die scheinbar alleinstehende und kinderlose Lehrerin mit ihrem missionarischen Einsatz für die Werte der Republik nicht gerade dem dörflichen Frauenideal entspricht. Dass sie auf das Werben des Bürgermeisters nicht eingeht, erscheint unverschämt. Und wenn sie mit ihrer Fotokamera das Landleben dokumentiert, wird ihre Suche nach Motiven, die als Schwarz-weiß-Impressionen in die Handlung integriert werden, als luxuriöses Hobby einer faulen Großstädterin missverstanden.
Durch die Reibung mit Violet beginnt der Bürgermeister, der bisher sein einfaches Leben mit seiner alten Mutter und einer Adoptivtochter schätzte, seine Existenz in Frage zu stellen. Durch seine neu erworbenen Kenntnisse gewinnt er an Selbstvertrauen, schenkt anderen mehr Aufmerksamkeit und wird zu einem beschützenden Anführer.
Eine Beichte als Bedingung
Dank der Neugier des Briefträgers, der Violets Briefe mitliest, kommt schließlich aber heraus, dass sie in Paris an den Kämpfen der Kommune beteiligt war und zehn Jahre im Gefängnis saß. Nicht wenige der Dorffrauen fordern die linke Revolutionärin daraufhin zum Verlassen ihres Ortes auf. Doch gerade da bietet sich der Dorfpfarrer, der um seinen Einfluss fürchtet, als Vermittler an, auch wenn er Kirchenbesuche der Lehrerin und eine Beichte zur Bedingung für seine Hilfe macht. Nur so könne Violet wieder Vertrauen schaffen. Das sind erhebliche Hürden, denn die Geständnisse, die sie zu machen hat, zehren an ihrer psychischen Stabilität.
Der Film „Louise und die Schule der Freiheit“ von Éric Besnard schwelgt in malerischen Landschaften und feinfühligen Charakterzeichnungen. Hinter der bescheidenen Erscheinung der Schule versteckt sich ein Kampfplatz der Wissensvermittlung, eine harte Bewährungsprobe zwischen Idealismus und resignativer Einwilligung in die Verhältnisse. Besnard lässt keinen Zweifel daran, dass er den Zugang zur Bildung für eine zivilisatorische Errungenschaft hält. Er würdigt aber auch die Pracht des ländlichen Raums und die Eigensinnigkeit der Bauern.
Dabei verbindet er gekonnt historischen Realismus mit Humor und unaufdringlichen Wohlfühlmomenten. Der Fokus des Films liegt auf den kulturellen Spannungen zwischen der gebildeten Emissärin des Staates und den Bewohnern des Landes, die „Intellektuellen“ gegenüber misstrauisch sind. Das republikanische Ideal des sozialen Aufstiegs durch Verdienste kollidiert in heftigen Wortgefechten mit dem Beharren auf Tradition und dem Weltbild der Kirche, in dem die Rollen für Männer und Frauen per Geburt festgelegt sind.
Der Glaube an den Aufstieg
Ein Glücksfall für den atmosphärisch dichten Film ist Alexandra Lamy in der Rolle der widerständigen Lehrerin. Sie verkörpert eindringlich den republikanischen Glauben, dass soziale Barrieren abbaubar sind. Mit Inbrunst schildert sie den Kindern beispielsweise den Werdegang von Louis Pasteur, der aus einfachsten Verhältnissen stammte, und preist seine Rolle für die Bedeutung von Impfungen.
Lamys energische Figur plädiert beharrlich für das Recht, selbst zu denken und sich von gesellschaftlichen Zwängen zu befreien. Auch für Frauen, die nicht als Ehefrau oder Mutter leben wollen. Das wirkt in einer Zeit, die sich mit Unterrichtsausfall, bröckelnden Schulgebäuden und universitärem Sparzwang herumschlagen muss, geradezu revolutionär! Louise Violet ist eine neorebellische Heldin, in der sich auch der Feminismus vehement zu Wort meldet. Zusammen mit Grégory Gadebois als aufbrausendem, aber letztlich lernwilligem Bürgermeister bildet Alexandra Lamy ein famoses Duo, vereint in der zeitlosen Suche nach Freiheit, Sinn, Solidarität und Menschlichkeit.