Stormskärs Maja - Von Liebe getragen, von Stürmen geprägt
Drama | Finnland 2024 | 170 Minuten
Regie: Tiina Lymi
Filmdaten
- Originaltitel
- MYRSKYLUODON MAJA
- Produktionsland
- Finnland
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Solar Films
- Regie
- Tiina Lymi
- Buch
- Tiina Lymi
- Kamera
- Rauno Ronkainen
- Musik
- Lauri Porra
- Schnitt
- Joona Louhivuori
- Darsteller
- Amanda Jansson (Maja) · Linus Troedsson (Janne) · Jonna Järnefelt (Sara Lisa) · Tobias Zilliacus (Mickel) · Amanda Kilpeläinen Arvidsson (Anna)
- Länge
- 170 Minuten
- Kinostart
- 03.04.2025
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Episches Drama um eine finnische Bäuerin, die im 19. Jahrhundert auf einer kargen Insel mit Mann und Kindern ein glückliches Leben führt, bis der Krieg und andere Schicksalsschläge Tribut fordern.
Maja (Amanda Jansson) ist eine junge Bauerntochter, die im 19. Jahrhundert auf dem Hof Vestergård in der schwedischsprachigen Gemeinschaft in Finnland aufwächst. Maja interessiert sich für philosophische Fragen, glaubt aber neben Gott auch an Kobolde und alle möglichen Naturgeister. Ihre Schwester und andere Dorfbewohner tun dies als Spinnerei ab. Doch Maja steht zu ihren Ansichten. Sie hat sich in den jungen Magnus verguckt, wird stattdessen jedoch mit dem mittellosen Bauernsohn Janne (Linus Troedsson) verheiratet. Anfangs verschließt Maja sich Janne völlig, doch das ändert sich, als er mit ihr auf die karge Felseninsel Stormskär zieht. Dort will er sich selbstständig machen.
Mit nur sehr wenigen anderen Familien leben sie in einer von Wind und Wetter gezeichneten Landschaft, in der etliche Gefahren lauern. Doch Maja entdeckt auf der Ostseeinsel auch eine fast uneingeschränkte Freiheit. Inmitten der rauen Natur kann sie tun und lassen, was sie will. Bald empfinden die Eheleute eine ungeahnte und umso leidenschaftlichere Liebe zueinander. In dem von Familie und Freunden mitgebauten Holzhaus auf dem Eiland leben Maja und Janna harmonisch zusammen. Er geht mit seinem Boot fischen, sie kümmert sich um den Haushalt. Bald bekommen sie vier Kinder.
Die Idylle erfährt ein jähes Ende
Doch ihre Idylle, die nur durch Majas Sorge um Jannes gefährlichen Beruf getrübt wird, erfährt durch den Åland-Krieg im Rahmen des Krimkriegs der 1850er-Jahre ein jähes Ende. Stormskär wird von den Engländern besetzt, die sich im Haus der Familie einrichten. Janne ist gezwungen, zu fliehen.
Nun muss Maja sich und ihre Kinder von den kargen Ressourcen aus Meer und Insel ernähren und zudem noch die Engländer durchfüttern, die sich nicht immer wie Gentlemen benehmen. Doch dank ihres unerschütterlichen Glaubens und einem resilienten Wesen erträgt Maja die Strapazen des Krieges und schafft es, in den Besatzern Menschen zu erkennen. Die Hoffnung, Janne irgendwann wiederzusehen, hält sie am Leben.
Der Film „Stormskärs Maja“ beruht auf der fünfteiligen, autobiografisch geprägten Roman-Reihe der Finnlandschwedin Anni Blomqvist (1909-1990), die im 19. Jahrhundert angesiedelt ist. Doch Regisseurin Tiina Lymi hat sich einige Freiheiten mit der Vorlage genommen und dabei unter anderem den feministischen Fokus ausgebaut. Denn im Zentrum des Films steht eindeutig Maja, für die kein Leben in weitgehender Autonomie vorgesehen war. So muss sie sich zu Anfang des Films einer Zwangsheirat beugen und rebelliert innerlich dagegen.
Dass sie und Janne dennoch eine nach aktuellen Maßstäben fast moderne, von Liebe geprägte Beziehung eingehen, verdankt sich auch der stürmischen Insel, auf der sie sich niederlassen. Hier bestimmen kein Pfarrer, kein männlicher Würdenträger und auch kein von der strengen patriarchalischen Moral geprägtes weibliches Familienmitglied über ihre Lebensführung. Maja ist durch ihr charakterstarkes Wesen und ihr gefestigtes humanistisches Weltbild ihrem Ehemann ebenbürtig, und der verlangt keine Unterordnung.
Talismane und Feuer
Das Weitere bestimmt die Insel selbst. Hier muss man anpacken und jederzeit gegen Gefahren gewappnet sein. Stormskär verstärkt Majas von heidnischen Bräuchen geprägte Verbindung zur Natur. Aus Steinen, Knochen und Federn bastelt sie Talismane und entfacht Feuer, was Janne auf See Glück bringen soll. Zudem beschwört sie die Mutter des Meeres und andere Geister. Geschickt schürt die Inszenierung Spannung, wenn dem verliebten Paar Gefahr droht. Als Janne sich bei Wind und Wetter zum ersten Mal auf Fischfang begibt, sieht man eine baldige Katastrophe kommen, doch die tritt (noch) nicht ein.
Diese Spannung hält der Film aufrecht, und sie wird durch die romantische Liebe des Paares verstärkt. Gerade in der ersten Hälfte des Films gelingen anrührende Szenen, zunächst auf dem Festland. Maja pflegt eine liebevolle Beziehung zu ihrer Schwester, tollt durch Felder und Wiesen, spielt Blinde Kuh mit der Dorfjugend und neckt sich mit Magnus. Als die Beziehung zu Janne sich in Liebe verwandelt, werden die gefährlichen Gegebenheiten von Stormskär zunächst verdeckt. Die karge Felsenlandschaft verschwindet im Winter unter einer malerischen weißen Decke, Äste funkeln schneebedeckt im Sonnenlicht. So punktet das Drama mit beeindruckenden Bildern und einer anrührenden Figurenzeichnung.
Auf Dauer aber vermag der Film das Gleichgewicht zwischen distanzierter Beschreibung, Humor und Ästhetik nicht halten. Szenen der Idylle kippen immer wieder in Kitsch um, was die allzu gefühlvolle Musik unterstreicht. Auch scheint alles ein wenig zu sauber – seien es die mit Naturfasern hergestellten Kostüme oder die Inneneinrichtung. Maja und ihr sanfter Gatte verlieren nur selten die Fassung; sie sind zu gütig, um wahr zu sein. In die Niederungen der menschlichen Natur tauchen eher Nebenfiguren ab – der eine oder andere Engländer beispielsweise. Doch auch Fehlverhalten zeitigt bald Einsicht, Entschuldigungen oder den Appell an die Menschlichkeit. So wird der Krieg einerseits verharmlost und drückt sich der Film andererseits vor Konflikten.
Streng, aber auch liebevoll
Allerdings tut es auch gut, dass die Regisseurin Klischees in der Figurenzeichnung vermeidet. So ist das Umfeld, in dem Maja aufwächst, zwar streng, aber auch liebevoll. Männer haben Frauen gegenüber zwar Vorurteile, erscheinen aber selten nur als pure Vollstrecker patriarchalischer Moral und Gesetze.
Trotz einer beachtlichen Länge von fast drei Stunden kann der Film die Spannung halten. Die bösen Omen, die Maja überall sieht, werden sich irgendwann bewahrheiten, und so setzt der Film ihre Befürchtungen um. Womöglich erscheint Maja zu sehr als eine Superheldin, die ihre Kraft aus Glauben und Liebe speist. Doch die bodenständigen Seiten ihrer Persönlichkeit überwiegen. So beschreibt „Stormskärs Maja“ auch in schönen kleinen Szenen, wie die Protagonistin trotz widriger Umstände um Bildung für sich und ihre Tochter Maria bestrebt ist. Abendliche Lesestunden bei Kerzenlicht oder das Bestaunen von Büchern, Skizzen und Landkarten der Engländer durch Maja und Maria illustrieren dies unaufdringlich. Dass Bildung zur Autonomie von Frauen beiträgt, erkennt die Protagonistin ziemlich schnell.
Durch seine glanzvolle Optik in wahrlich originellen Naturkulissen, aber auch die Chemie der beiden Hauptdarsteller weiß das Drama im Ganzen zu überzeugen und erweist sich als Historiendrama sowie Porträt einer mutigen Frau.