Ein Tag ohne Frauen
Dokumentarfilm | Island/USA 2024 | 70 Minuten
Regie: Pamela Hogan
Filmdaten
- Originaltitel
- THE DAY ICELAND STOOD STILL
- Produktionsland
- Island/USA
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Alternate Image Prod./Krumma Films
- Regie
- Pamela Hogan
- Kamera
- Helgi Felixson
- Musik
- Margrét Ran Magnúsdóttir
- Schnitt
- Kate Taverna
- Länge
- 70 Minuten
- Kinostart
- 13.03.2025
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Doku über einen Frauenstreiks, der 1975 für einen Tag lang Island lahmlegte und an dem sich 90 Prozent aller isländischen Frauen beteiligten.
Island gilt laut Global Gender Gap Report als einer der besten Orte für Frauen. Das war nicht immer so. Bis in die 1970er-Jahre galt die Insel als ein mit Blick auf Frauenrechte rückschrittlicher Staat. Frauen konnten weder Richterin noch Schiffskapitänin werden, und in der Landwirtschaftsvereinigung wurde eine Frau nur zugelassen, wenn sie Witwe geworden war. Vorrangig erstrebenswert war ein Hausfrauenleben. Bildung für Frauen erschien unnötig. Wozu auch? Es gab ja kaum Chancen. Frauen bekamen schlecht bezahlte Aushilfsjobs oder arbeiteten in Care-Berufen; Karriere machten die Männer.
Doch dann begehrten die Frauen auf. Weltweit, auch in Island. Sie schlossen sich zusammen und starteten Aktionen gegen Ungleichbehandlung und Sexismus. 1975 sollte das „Jahr der Frau“ werden. Dafür wurde in Island ein Frauenstreik vorbereitet, ein „freier Tag“ für alle Frauen, ein Urlaubstag ohne Kinderbetreuung, Kochen, Backen und Hausarbeit, aber auch ohne Mitarbeit im Büro, in der Schule oder in der Fischfabrik. Mehr als 90 Prozent der isländischen Frauen beteiligten sich daran.
Der Film strahlt von innen heraus
50 Jahre nach diesem grandiosen Erfolg lässt die US-amerikanische Filmemacherin Pamela Hogan diesen Frauenstreik Revue passieren. Dafür konnte sie zahlreiche Protagonistinnen von damals gewinnen, die sich mit viel Humor und großer Leidenschaft an die Aktion erinnern. Die Produzentin des Films, Hrafnhildur Gunnarsdóttir, war mit ihrer Mutter seinerseits selbst mit dabei. Heute sind die Frauen zwar 50 Jahre älter, aber immer noch temperamentvoller als manche Jüngeren, und sie verfügen über ein so positives Flair, dass der Film von innen zu strahlen scheint.
So charismatisch wie sie sich heute präsentieren, scheint es auch 1975 gelaufen zu sein. „Wir haben viel gelacht“, sagt eine von ihnen. Gemeinsam schlugen sie der konservativ geprägten Männerwelt ein ums andere Mal ein Schnippchen – indem sie zur Misswahl eine Kuh als Mitbewerberin in die Halle brachten oder demonstrativ eine Frauenpuppe am Weihnachtsbaum kreuzigten, zum Zeichen dafür, wie sich die Frauen an Weihnachten für ihre Familien aufopfern mussten. Ihre „Rote Socken“-Vereinigung betrieb eine Zeitlang sogar einen eigenen Radiosender.
Doch die Frauen blieben stets realistisch, es gab weder direkte Konfrontationen mit Männern noch Ablehnung oder gar Hass. „Wir haben unsere männlichen Chauvinisten-Schweine geliebt“, sagt eine. „Wir wollten sie nur ein bisschen ändern.“ Statt sich als Frauen an die herrschenden Strukturen anzupassen, sollten diese verändert werden. Das gelang ihnen mit Witz, Charme und Geduld. Der Frauenstreik war die Krönung des langjährigen Kampfes gegen ein traditionelles Frauenbild. Zum Auslöser wurde das „Internationale Jahr der Frau“, das die UNO 1975 ausgerufen hatte. Wie konnten sie dem Land klarmachen, dass alles zusammenbrechen würde ohne Frauen und ihre aufopfernde Tätigkeit?
Das Wichtigste im Leben
Den Frauenstreik hat keine der Beteiligten vergessen. „Das war einer der bewegendsten Momente meines Lebens“, sagt eine, und eine andere ergänzt: „Vielleicht war er das Wichtigste, was in meinem Leben passiert ist.“ Der 24. Oktober 1975 wurde zum Tag, an dem Island stillstand. Sogar die einzigen drei Frauen auf einem Schiff vor der Küste beteiligten sich daran. Sie schlossen sich in ihre Kabinen ein und ließen sich auch durch Schreie und Drohungen des Kapitäns nicht beirren. Scharenweise verließen die Frauen an diesem Tag ihre Häuser, kehrten ihren Männern und Kindern den Rücken und machten sich auf den Weg nach Reykjavik. Im Rückblick erinnern sich ihre damaligen Kinder, dass ihre Väter zum ersten Mal für sie gekocht hätten.
Das alles wird in „Ein Tag ohne Frauen“ so unterhaltsam, lebendig und kurzweilig geschildert, dass man darüber leicht den subversiven Charakter des Films übersehen könnte. Um dies zu verhindern, haben die Filmemacherinnen Animationssequenzen eingefügt, die bisweilen mit hübscher Ironie die Originalbilder aus den 1970er-Jahren und die aktuellen Interviews ergänzen und verstärken, manchmal auch konterkarieren. Das macht den Film abwechslungsreich und erschafft zusammen mit den gut aufgelegten Protagonistinnen eine sehr fröhliche Atmosphäre.
„Ein Tag ohne Frauen“ ist ein echter Gute-Laune-Dokumentarfilm – voller Hoffnung, Humor und Optimismus. Ein Film, der Zeichen setzt. Wie ein Sonnenstrahl an einem trüben Tag.