Maria (2024, Caruso)

Bibelfilm | USA/Großbritannien 2024 | 110 Minuten

Regie: D.J. Caruso

Ein Bibelfilm, der die Weihnachtsgeschichte mit Fokus auf Maria, die Mutter Jesu, aufrollt: Beginnend mit Geburt und Kindheit der Heldin, zeichnet der Film basierend auf dem Protoevangelium des Jakobus Maria als Auserwählte, die trotz mancher Anfeindungen und Gefahren die Rolle als Gottesmutter annimmt, und folgt ihr und ihrem Mann Josef durch diverse Abenteuer bis zu Jesu Darstellung im Tempel. Neben biblischen Texten aus dem Lukas- und dem Matthäusevangelium bedient sich der Film dabei auch bei apokryphen und folkloristischen Motiven wie dem Kindermord zu Bethlehem oder der Huldigung der „Drei Könige“ und versetzt die Heilsgeschichte mit teils unnötig blutiger Action. Daraus entsteht ein theologisch tiefstapelndes, inhaltlich übervolles Wechselbad der Stile und Gefühle, das das eigentliche Anliegen – Erwählung und Reinheit Marias darzustellen – verwässert. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MARY
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Aloe Entertainment
Regie
D.J. Caruso
Buch
Timothy Michael Hayes
Kamera
Gavin Struthers
Musik
Tim Williams
Schnitt
Jim Page
Darsteller
Noa Cohen (Maria) · Ido Tako (Joseph) · Anthony Hopkins (König Herodes) · Hilla Vidor (Anna) · Ori Pfeffer (Joachim)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Bibelfilm | Drama
Externe Links
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Ein Bibelfilm, der die Weihnachtsgeschichte mit Fokus auf Maria, die Mutter Jesu, als überladene Mischung aus Heilgeschichte, Coming-of-Age-Story, Action und Abenteuer erzählt.

Diskussion

Wie erzähle ich eine Geschichte, von der das Ende feststeht und allgemein bekannt ist? Vor dieser Frage stehen eigentlich alle auf der Bibel basierenden Filme, denn ihre Stoffe sind seit Jahrhunderten allgemeines Glaubens- und Kulturgut. Ganz besonders gilt dies für die Geburt des Jesus von Nazaret, die weltweit am Weihnachtsfest von Christen erinnert, erzählt und gefeiert wird. Die handelnden Personen sind Teil der kollektiven Traditionen, Ikonografie und Bräuche rund um Weihnachten geworden: die Mutter Maria, ihr Ehemann Josef, das Jesuskind in der Krippe, König Herodes, Weise aus dem Morgenland, Hirten auf dem Feld. Und nicht zu vergessen: Ein Engel als Bote Gottes, der die frohe Botschaft von der Geburt des Retters verkündet.

Maria als Geschenk Gottes

All diese Personen sind auch im neuen Film „Maria“ zu finden, der rechtzeitig vor Weihnachten im Advent von Netflix veröffentlicht wird. Die berühmte Geburt ereignet sich aber erst im letzten Viertel des abendfüllenden Spielfilms. Zuvor liegt der Fokus ganz auf Maria (gespielt von der israelischen Darstellerin Noa Cohen), ja die Erzählung setzt schon vor ihrer Geburt ein: Während die zukünftige Mutter von Maria, Anna (Hilla Vidor), zuhause im Gebet ihren Kinderwunsch vorbringt, hat sich der Ehemann und zukünftige Vater, Joachim (Ori Pfeffer), in die Wüste zurückgezogen, um dort Gott demütig um die Geburt eines Kindes zu bitten. Beiden teilt ein blau gewandeter Mann mit, der sich alsbald als Gabriel vorstellt, dass ihre Bitten von Gott erhört wurden. Joachim wird dabei das Versprechen abverlangt, dieses Kind später Gott zu weihen. So kommt Maria zur Welt, ist das Glück ihrer Eltern und strahlt auch sonst Zuversicht aus. Selbst die Tiere – in Form eines Schmetterlingsschwarmes – sind ihr zugetan. Schließlich wird das Kind Maria, dem Gelübde seines Vaters Joachim gemäß, Gott geweiht und lebt fortan im Tempel in Jerusalem im Kreis anderer Mädchen, vergleichbar einer weiblichen Ordensgemeinschaft mit Diensten und Gebeten.

Wer nun diese Erzählung vergeblich in den herkömmlichen Ausgaben der Bibel sucht, dem sei die Lektüre des so genannten Protevangeliums des Jakobus empfohlen. Dieser über lange Zeit im hohen Ansehen stehende, apokryphe Text bildet die Grundlage des Drehbuchs und wird in seinen wichtigsten Stationen filmisch umgesetzt: Die Kinderlosigkeit von Joachim und Anna, die Verheißung und Geburt einer Tochter, Marias Zeit im Jerusalemer Tempel, die Verbindung mit Josef, Verheißung und Geburt des Kindes Jesus, die Bedrohung durch König Herodes und die wundersame Rettung.

Die Heilsgeschichte wird mit jeder Menge Action versetzt

In manchen Bereichen geht der Film eigene Wege: Josef (Ido Tako) ist hier ein junger Mann, der sich sogleich in Maria verliebt und um ihre Hand wirbt; er steht ihr in allen Gefahren zur Seite und wird Teil der Familie aus Maria und ihren Eltern, die schließlich alle gemeinsam auf der Flucht sind. Durch die Engel-Gabriel-Figur wird immer wieder deutlich, dass es um das Wirken und den Willen Gottes geht.

Aber der Regisseur D.J. Caruso, der zuvor vor allem Action- und Thrillerfilme inszenierte, fügt dem Plot des Jakobusevangeliums noch einiges hinzu: In seinem Film gibt es blutige Kämpfe durch die Soldaten des Herodes, neben der Engels- tritt auch eine Satansfigur auf. Und natürlich erleben wir viele emotionale Höhepunkte, angesichts einer unverheirateten Frau, die plötzlich schwanger wird. So verfolgt ein wütender Mob die schwangere, aber unverheiratete Maria und will sie steinigen. Bibelkenner entdecken in dieser Sequenz Parallelen zur biblischen Erzählung von der Ehebrecherin, die Jesus mit dem berühmten Satz „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ rettet. Es ist eine von vielen Szenen, in denen Maria als rein und auserwählt hervorgehoben werden soll. Sie nimmt ihre Erwählung durch Gott an, gegen alle Widerstände und Gefahren. Aber die Inszenierung legt vor allem Wert auf Action und Spannung.

Schlingernd zwischen Folklore, Texttreue, Coming-of-Age und Abenteuer

Auch die bekannten Szenen aus den Kindheitsgeschichten des Lukas- und des Matthäusevangeliums fehlen nicht: Die Verkündigung des Engels an Maria, die Weisen aus dem Morgenland (als Könige Kaspar, Melchior und Balthasar vorgestellt!) kommen zu König Herodes auf der Suche nach dem neuen König der Juden, die Geburt Jesu mit Huldigungen, der so genannte „Kindermord“ von Bethlehem und die Flucht von Maria, Josef und dem Jesuskind vor den Soldaten des Herodes. Auch die Begegnung von Maria und ihrer schwangeren Cousine Elisabeth sowie deren Geburt des Sohnes Johannes sind Teil der Geschichte in „Maria“.

Hier liegt dann auch das größte Problem des etwas zu langen Films: Der Wechsel zwischen biblischer Texttreue, dramatischer Coming-of-Age sowie Initiationsgeschichte der Maria und einem gehörigen Anteil an Thriller- und Abenteuerfilm (mit einer Prise Horror) beschert ein Wechselbad der Gefühle und füllt den Film zum Bersten an. Im Versuch, nichts auszulassen, hetzt die Erzählung von Szene zu Szene, so dass Anthony Hopkins zwar einige prägnante Auftritte als größenwahnsinniger und grausamer Herodes erhält, aber seine Figur doch insgesamt zu eindimensional und kurzatmig bleibt, um wirklich von ihrer Darstellung mitgerissen zu sein.

Unnötige Horror-Anklänge

Zudem stoßen blutige Szenen immer wieder ab und sorgen weniger für Spannung als für Irritation. So wird nicht nur der Kindermord recht ausführlich in Szene gesetzt, sondern im finalen Showdown wird mit Feuer und Schwert wie in einem Krieg gekämpft. Irritierend wirkt auch die Satansfigur, die nicht in der biblischen Vorlage auftaucht und im Film dazu dient, die Entscheidung von Maria für ihren Weg der Erwählung in Frage zu stellen. Leider sind die Auftritte dieser Satansfigur mit vielen albernen Klischees inszeniert, einschließlich Fliegensummen mit Verweis auf den „Herrn der Fliegen“ (Beelzebul). Regisseur Caruso greift da plakativ auf Darstellungsmuster des Horrorfilms zurück, was den Film für jüngere Zuschauer ungeeignet werden lässt.

Ein inhaltlich übervolles Wechselbad der Stile und Gefühle

So stellt sich erneut die Frage: Wie erzähle ich eine Geschichte, von der das Ende feststeht und allgemein bekannt ist? Regisseur Caruso hat sich für ein inhaltlich übervolles Wechselbad der Stile und Gefühle entschieden, welches das eigentliche Anliegen – Erwählung und Reinheit Marias darzustellen – oft verwässert und zu einer sehr uneinheitlichen Wirkung dieses Films führt.

In der Vergangenheit haben sich schon andere Filme darin versucht, den Menschen Maria in den Mittelpunkt zu stellen und Verkündigung und Unterhaltung zu verbinden. Zu nennen sind hier „Maria von Nazareth“ (Regie: Jean Delannoy) oder „Ihr Name war Maria“ (Regie: Giacomo Campiotti). Diese Beispiele zeigen, dass die gleiche Geschichte auch mit weniger aufgeregtem Tonfall erzählt werden kann.

Der Film beginnt mit der Bitte um die Geburt eines Kindes, und am Ende wird ein Kind vor Gott gebracht, um noch einmal ausdrücklich die frohe Botschaft zu verkünden: Bei der ‚Darstellung im Tempel‘, die im Lukasevangelium geschildert wird, wendet sich der Blick Marias gen Himmel, und ihr weiteres Schicksal, aber auch ihre Hoffnung wird vorausgesehen: „Die Liebe wird dich teuer zu stehen kommen. Sie wird dein Herz durchbohren, aber am Ende wird sie die Welt erlösen.“

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