Es ist kurz vor Weihnachten. Der Polizist Erwin (Janis Vimba) und seine Frau Diana (Inga Tropa) sind in der lettischen Hauptstadt Riga mit Vorbereitungen und Einkäufen beschäftigt, die quirlige Tochter Marta (Bille Silina) und ihr kleiner Bruder Tom (Vilhelms Auders) machen sich einen Spaß daraus, ihrer Mutter einen Streich zu spielen. Diana, selbst eine ehrgeizige Bloggerin, ist frustriert, weil Erwin zu oft an seinen Job denkt und zu wenig an seine Familie. So auch jetzt: Erst macht er nach einer wilden Verfolgungsjagd einen Rucksackdieb dingfest, dann nimmt er in einem Einkaufszentrum einen Mann fest, der bei einer Art Krippenspiel einen Joint raucht. Als die Familie nach allerlei internen Zwistigkeiten endlich in ihrem verschneiten Ferienhaus ankommt, wartet eine Überraschung auf sie.
Dort treffen sie auf einen Mann im Weihnachtsmann-Kostüm. Was sie nicht ahnen: Unter dem roten Santa-Wams steckt der Häftling Bruno (Kaspars Karklins), der kürzlich der Gefängniswärterin Madara (Marija Grauba) entwischt ist, die ihn zu einem Zahnarzt bringen sollte. Für seine Flucht hat der verurteilte Bankräuber einen triftigen Grund: Während einer Weihnachtsfeier im Gefängnis hatte er einen Brief von seinem 16-jährigen Sohn erhalten, von dessen Existenz er nichts wusste; weil der Junge in die USA ziehen will, um für einen Eishockey-Mannschaft zu spielen, bleibt Bruno nur noch wenig Zeit, ihn zu treffen und kennenzulernen. Erwins Familie hält Bruno für den vorab gebuchten Weihnachtsmann. Und der kleine Tom, noch voller Weihnachtswunderglauben, wünscht sich von ihm, die kriselnde Ehe der Eltern und damit die Familie zu retten.
Turbulente Feiertage
Diese beiden ereignisreichen Erzählstränge reichen dem erfahrenen Drehbuchautor, Regisseur, Produzenten und Musiker Aigars Grauba aber nicht aus für seine quirlige Kombination aus Familienkomödie und Weihnachtsfilm. Zwischendurch sorgen auch noch Dianas schrullige Schwiegereltern für Wirbel. Und außerdem versuchen die Gefängniswärterin Madara und Brunos einfältiger Kumpel und Ex-Komplize Cipruss (Jekaps Reinis), die das Schicksal in einem Auto zusammengeführt hat, den Flüchtigen aufzuspüren – sie, um Bruno festzunehmen, er, um Bruno zu helfen. Obendrein beobachten zwei zwielichtige Gestalten in Anzügen mit Abhörtechnik Cipruss, weil sie hoffen, über ihn und Bruno an die verschwundene millionenschwere Beute des Bankraubs zu gelangen. Und dann funken noch der „echte“ gebuchte Weihnachtsmann Leonardo, Inhaber einer Weihnachtsmann-Agentur, und seine zickige Partnerin dazwischen.
In Lettland kam die temporeiche Komödie, in der die Action-Einlagen meist mit flotten Rockpop-Songs unterlegt werden, glänzend an: Dort avancierte sie Ende 2022 zum meistgesehenen Film in der Weihnachtszeit. Auf internationalem Parkett dürfte es der Film jedoch schwerer haben: Zu überladen wirkt der Plot mit gleich sechs parallel geführten Erzählsträngen, zu viele Längen auf Nebenschauplätzen schleichen sich bei einer Laufzeit von fast zwei Stunden ein. Zu platt wirken mehrere Nebenfiguren wie die heimlichen Verfolger, denen Habgier und Niedertracht ins Gesicht geschrieben stehen, oder der Möchtegernrocker Cipruss, der eine rote Lederjacke trägt und sein Auto am liebsten mit Vollgas fährt. Allzu albern sind manche der humoristischen Einfälle geraten, wie etwa ein Polizeiauto, das nach einem Zusammenprall mit einem Rentier (das natürlich eine rote Nase hat) meterhoch über der Erde in einem Baum steckenbleibt. Und auch die Dialoge entfalten nur an einigen Stellen pointierten Humor – etwa wenn Diana einen alten Diaprojektor auspackt, um den Kindern mal lustige, mal peinliche Fotos von sich und Erwin in jungen Jahren zu zeigen, und dieser lakonisch bemerkt: „Unter dieser Staubschicht verbirgt sich unsere Jugend.“
Dafür überrascht der Regisseur einmal mit einem augenzwinkernden Einfall, der die schnöde Realität hinter sich lässt: Gerade schauen die beiden Bösewichter in ihrem verschneiten Auto popcornessend einen Film, da fliegt wie nebenbei zu einem kitschigen Weihnachtslied ein Weihnachtsmann auf einem Schlitten mit davor gespannten Rentieren durch den Himmel. Etwas mehr Mut zu solchen fantastischen Einfällen hätte dem allzu hektischen Weihnachtsspektakel gutgetan.