Nein, es ist nicht der Alkohol oder der chronische Fatalismus einer auch familiär gescheiterten Existenz, der Tony Miller (Russell Crowe) an der eigenen Zurechnungsfähigkeit zweifeln lässt. Im Gegenteil, zunächst scheinen die tief in ihm wohnende Verzweiflung und die trotz seiner wuchtigen Physis in seinem Gesicht gespiegelte Fragilität und Verletzlichkeit erst einmal der Grund dafür zu sein, dass seine Karriere als Schauspieler sogar wieder Fahrt aufnimmt: Tony scheint wie gemacht für die Figur eines zerquälten Paters in einem ambitionierten Exorzismus-Horrorfilm. Und Tony fragt nicht länger nach, wie denn der zuvor bereits in der Rolle besetzte Schauspieler in „The Georgetown Project“ ums Leben gekommen ist, als Regisseur Peter (Adam Goldberg) ihn anheuert und offensichtlich voll an Tonys darstellerischen Fähigkeiten glaubt. Es geht wieder aufwärts für Tony, zumal Tochter Lee (Ryan Simpkins) es nach seiner Entziehungskur noch einmal mit ihm versuchen will und als „Anker“ erneut zu ihm zieht, ja sogar die persönliche Assistenz bei dem Film-Projekt übernimmt. Ganz zupass kommt der jungen Erwachsenen dabei, dass sie nach der temporären Suspendierung in der Uni ohnehin keine eigene Bleibe hat.
Doch am Set des Exorzismus-Films herrscht eine eigentümliche Stimmung, die Tony immer mehr in einen unseligen Bann schlägt. Wie verhext scheint das im Studio nachgebaute Stadthaus – als würde genau der Dämon wirklich in ihm hausen, der Kollegin Chloe Bailey (Blake Holloway) eigentlich nur gespielt vereinnahmen soll. Doch während die Schauspielerin nur nach Drehbuch handelt, fühlt Tony immer deutlicher, dass seine monströsen Visionen Realität werden.
„The Exorcism“ thematisiert das, was sich als „Urban Legend“ um so manche Horrorfilmproduktion rankt: dass sich beim Dreh nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera Unheimliches und Unerklärliches ereignet haben soll. Sogar von seltsamen Unfällen an den Sets von „Das Omen“ (1976), „Poltergeist“ (1982) oder „Conjuring“ (2013) wird gemunkelt. Was also, wenn es Cast & Crew am Set wirklich mit Dämonen zu tun bekommen? Genau das spielt Regisseur Joshua John Miller am „fiktiven“ Fall des berühmtesten aller Horrorfilme durch: „Der Exorzist“. Zum Mythos um William Friedkins Klassiker von 1973 gehören auch Gerüchte um eine Handvoll bizarrer Vorkommnisse, die nicht von dieser Welt scheinen.
„The Exorcism“ ist nun aber weniger ein fiktionalisiertes „Making-of“, sondern ein ganz handfester Horrorfilm. Russel Crowe, der jüngst erst als Pater Gabriele Amorth den einst wirklich praktizierenden Exorzisten des Papstes in „The Pope’s Exorcist“ mimte, darf nun erneut auf Spuren des vermeintlich real existierenden Bösen wandeln. Dumm nur, dass Miller und sein Co-Drehbuchautor M. A. Fortin die Story nicht nur mit besagtem Bösen, sondern auch mit Zwischenmenschlichen derart vollgepackt haben, dass dem Unheimlichen im Film kaum noch Raum zur Entfaltung bleibt. Hier wird nichts angedeutet, hier wird geklotzt. Sowohl in der Charakterzeichnung von Vater und Tochter (beide von Grund auf gestörte Existenzen) als auch im Einsatz des Dämonischen. Der Film hätte ungemein gewonnen, wenn die Akteure dezenter hätten agieren und die Dämonen sich hätten mehr im Vagen halten dürfen. Selbst die im Original berüchtigte „Spinnengang“-Sequenz wird im Film leidlich ausgeweidet; nur hier mit Tony als Besessener. Wenigstens muss sich Crowe im Kampf gegen den Teufel nicht so unnatürlich cool geben wie noch in „The Pope’s Exorcist“, sondern darf sich grimmig und ernsthaft mit dem Unheiligen auseinandersetzten. Seinem Schauspiel hat das zumindest gutgetan.