Nur weil Schweinchen Dick, Elmer Fudd, Daffy Duck oder Bugs Bunny in frohen Farben mit stoischem Gottvertrauen und chronischer Unkaputtbarkeit gesegnet sind, heißt das noch lange nicht, dass es sich bei ihren Animationsabenteuern um einen Filmspaß für Kinder handelt. Tex Avery hat mit seinen „Looney-Tunes“-Cartoons in den in 1930er- bis in die 1950er-Jahren zwar aberwitzig lustige, immens temporeiche und immer auch versöhnliche Kurzgeschichten kreiert. Doch blickt man hinter die stilbildenden Slapstick-Kapriolen der Protagonisten oder unter die Oberfläche der Possen, entdeckt man pure Anarchie und Subversivität. Denn Schweinchen Dick ist nicht nur der sympathisch-stotternde Tollpatsch, sondern auch der Inbegriff eines Konservativen, worin er Elmer durchaus vergleichbar ist, einer von Averys wenigen menschlichen Figuren. Die lispelnde Ente Daffy Duck hingegen ist nicht nur ein Miesepeter und mehr oder minder offen agierender (wenngleich meist scheiternder) Bösewicht, sondern auch ein aufrichtiger Underdog.
Ein Film zum Staunen
Von diesen Subtexten muss man sich jetzt, gut 45 Jahre nach dem Tod des Regisseurs und Comiczeichners, verabschieden, wenn man das neue Langfilm-Abenteuer des ungleichen Paares mit dem umständlichen Titel genießen will. „Ein klebriges Abenteuer: Daffy Duck und Schweinchen Dick retten den Planeten“ ist ein reiner Kinderfilm. Hier stirb der gutmütige Farmer, der das Schweinchen und die Ente als Findelkinder aufgenommen und großgezogen hat, nicht, sondern geht vielmehr „auf Wanderschaft“ und verschwindet überlebensgroß in den Wolken am Horizont.
„Ein klebriges Abenteuer…“ will nicht verstören, sondern Staunen machen. Es regiert das Chaos, nicht die Anarchie. Und so finden die mit der Farm „alleingelassenen“, sprich: endlich erwachsen gewordenen und für ihren Unterhalt sorgen müssenden Freunde schnell Anschluss an die Welt. Auf der Suche nach einer ordentlichen Arbeit lernt Schweinchen Dick Petunia kennen. Sie ist auch ein Schwein und arbeitet in einer Kaugummifabrik als Geschmackstesterin. Das könnte eine super Wendung für Daffy und Dick sein, doch das Gegenteil ist der Fall. Denn wie Dick und Doof kann das Duo niemals etwas richtig machen und darf auch nie sesshaft werden.
Das ist aber das einzige Problem des sorgenfreien Drehbuchs. In ihrer ganzen politischen Korrektheit können die elf (!) Drehbuchautoren nicht zwei männlichen Tieren alleine das Feld überlassen, sondern müssen eine Freundin zwischen den beiden Jungs installieren. So viel Konservativismus muss im Hause Warner bei Kinderfilmen dann doch sein.
Die Blasen der „Zombies“
Da man es hier aber nicht mit einem Sozialdrama, sondern mit Spaßkino zu tun hat, erwächst die Konfrontation nicht aus der Gesellschaft, sondern aus dem All. Ein einzelnes Alien nimmt mit seiner Untertasse Kurs auf die Erde und will diese mittels eines fiesen Tricks vereinnahmen. Ausgerechnet in die Lieblingskaugummis der Menschen mischt es eine Zutat, die aus den Kauenden willenlose Blasenmacher werden lässt. Dass dies bald eine lebensrettende Eigenschaft der „Zombies“ sein könnte, kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen, weshalb sich Daffy, Dick und Petunia erst einmal daranmachen, das Alien samt der erstaunlich lebendigen Kaugummis in die Schranken zu weisen.
All das geht zunächst, vor allem aufgrund Daffys Selbstüberschätzung, hoffnungslos schief. Aber am Ende wird doch alles gut, obwohl die Zombie-Invasion zwischendurch recht gruselig animiert ist; für die Jüngsten im Publikum ist das mit Vorsicht zu genießen. Da sich die Animation auf angenehm altmodische Art im zweidimensionalen Raum entfaltet und der Wortwitz recht charmant daherkommt, ist die Weltrettungsaktion der guten alten Looney-Tunes-Charaktere insgesamt ein rundum versöhnlicher Spaß – Alien inklusive!