Action | Frankreich 2024 | 101 Minuten

Regie: Xavier Gens

Im Sommer 2024 ist Paris Austragungsort der Triathlon-Weltmeisterschaften in der Seine. Kurz davor erfährt eine Wissenschaftlerin, dass ein großer Hai im Fluss schwimmt und ein Blutbad anzurichten droht. Mit einer Aktivistin und dem Polizeikommandanten will sie das Tier aufhalten, doch die Behörden erweisen sich als maximal hinderlich. Der zwischen ostentativer Klimametaphorik, Genre-Spektakel und Hommage an den Klassiker „Der weiße Hai“ wechselnde Horrorfilm besitzt durchaus Schauwerte und verliert seinen theoretischen Unterbau nie aus dem Blick. Jenseits der Wasserszenen ist der Film aber gleichermaßen behäbig und lustlos, weshalb seine satirischen Absichten nicht zünden. - Ab 18.
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Filmdaten

Originaltitel
SOUS LA SEINE
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Let Me Be
Regie
Xavier Gens
Buch
Maud Heywang · Yannick Dahan · Xavier Gens
Kamera
Nicolas Massart
Musik
Alex Cortés · Anthony D'Amario · Edouard Rigaudière
Schnitt
Riwanon Le Beller
Darsteller
Bérénice Bejo (Sophia) · Nassim Lyes (Adil) · Léa Léviant (Mika) · Anaïs Parello (Jade) · Iñaki Lartigue (Juan)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 18.
Genre
Action | Drama | Horror | Survival-Film
Externe Links
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Horrorfilm um einen Monsterhai, der in Paris auftaucht und bei den Triathlon-Weltmeisterschaften ein Blutbad anzurichten droht.

Diskussion

Der Schrecken verbirgt sich im bunten Treibgut. Der sogenannte siebte Kontinent hat einen Durchmesser von etwa 3,5 Millionen Kilometern, was etwa einem Drittel der Fläche Europas entspricht. Fast 750.000 Plastiktrümmer treiben auf jedem Quadratkilometer, festgehalten von der Strömung des Pazifiks. Doch nicht das Plastik hat Sophia (Bérénice Bejo) und ihr Forschungsteam hierhergeführt, sondern der darin verborgene Makohai „Lilith“. Der Impuls des Peilsenders schlägt zunehmend schneller, je näher die Wissenschaftler dem Plastikstrudel kommen.

Was die Tauchexpedition zwischen dem toxischen Farbenspiel und den Kadavern qualvoll verendeter Walkälber findet, ist aber kein Exemplar des vom Aussterben bedrohten und im Vergleich zum berüchtigten weißen Artgenossen vergleichsweise kleinen Hais, sondern ein über sieben Meter großes Ungetüm, das nicht nur ungewöhnlich schnell, sondern auch äußerst aggressiv ist. Vier Wissenschaftler:innen werden an diesem Tag in Stücke gerissen. Sophia überlebt. Der Signalimpuls aber verschwindet nie mehr aus ihrem Leben.

Mörderhai zwischen Müll und Autowracks

Monate später wird Lilith in Paris geortet, genauer gesagt in der Seine. Der einst als Kloake der Hauptstadt verschrieene Fluss besitzt heute, nach diversen ökologischen Verbesserungsmaßnahmen, eine stark verbesserte Wasserqualität; er bleibt aber ein von Müll, versunkenen Autos, Fahrrädern, Weltkriegsbomben und Mörderhaien geplagtes Ökosystem.

Der Filmemacher Xavier Gens braucht nicht viel Zeit, um seinen Monsterfisch und den dazugehörigen ökoreflexiven Unterbau in die Hauptstadt zu bringen. Als die Existenz des Hais dann einige verlorene Gliedmaßen und blutige Sequenzen später zweifelsfrei nachgewiesen ist, steht die Frage im Raum, wie mit ihm umzugehen ist. Das durchaus reizvolle Ringen um Deutungshoheit und die Frage, was man mit der durch menschliches Eingreifen veränderten Fauna anstellen soll, gerät schnell aus dem Blick, als Lilith anfängt, die Protagonist:innen der unterschiedlichen Fraktionen zu verschlingen.

„Der Fisch muss verschwinden“, lautet das Urteil der lächerlich karrieregeilen Bürgermeisterin (Anne Marivin), die den für die kommenden Tage geplanten Triathlon auf keinen Fall absagen möchte. „Den Hai retten und ins Meer zurückbringen“, fordern dagegen die jungen Meeresschützer, die sich um die Aktivistin Mika (Léa Léviant) scharen. Die Vernunft wird von Sophia vertreten und dem Chef der Pariser Flussbrigade Adil (Nassim Lyes), die den Hai vom malerischen Seine-Ufer bis hinab in die Katakomben von Paris verfolgen, während dieser links und rechts Obdachlose, Kolleg:innen und wieder angesiedelte Fischarten verschlingt.

Jagd mit zögerlichen satirischen Tönen

Gens weiß die vielen Farben der Seine clever zu nutzen. Ihr trübes Braun verbirgt die klobig animierten Haie, bis ihr sonnendurchflutetes Grün den Blick an anderer Stelle wieder frei gibt. Auf dem Trockenen kann der Film dagegen weniger mit sich anfangen. Die Jagd auf den Hai und das Versagen der Behörden entspinnen sich als enorm schwerfällige, mit zögerlichen satirischen Tönen unterstrichene und gleichzeitig von der Filmmusik hochgejazzte Version von „Der weiße Hai“ (1975). Gens weigert sich allzu beharrlich, die Zeitaktualität und den angedeuteten Ökothriller aufzugeben. Wie auch die Hauptdarstellerin Bérénice Bejo jegliche emotionale Teilhabe torpediert.

Irgendwann kommt der Film dann doch im haarsträubenden Spektakel einer blutrot gefärbten Seine an, auf das der Regisseur hinauswill. Im Showdown brechen dann alle Dämme, wobei die Seine, die Katakomben, halb Paris und mit ihm seine Bürgerinnen, die Offiziellen und das herbeizitierte Militär gleichzeitig in die Luft gehen und absaufen und damit die Rechnung für das Elend zurückschicken, das die Menschheit in die Ozeane hinausgesandt hat.

„Im Wasser der Seine“ schließt die Klammer zur Klimakatastrophe erstaunlich elegant für einen Film, der Monsterhaie auf die französische Hauptstadt loslässt. Als solcher ist er aber auch erstaunlich behäbig.

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