Komödie | Frankreich 2024 | 82 Minuten

Regie: Laetitia Dosch

Ein Hund hat drei Frauen gebissen, weil die ihn ungefragt gestreichelt hatten, und soll deshalb eingeschläfert werden. Eine leidenschaftliche, aber recht chaotische und vor allem erfolglose Rechtsanwältin will das Tier vor Gericht verteidigen. Doch sie hat nicht mit der öffentlichen Aufmerksamkeit gerechnet, die der Fall erregt. Eine surreal-skurrile, ungemein erfrischende Komödie, die ernsthafte Fragen nach der Beziehung zwischen Mensch und Tier stellt. Stilistisch setzt der Film auf überraschende Einfälle, die auf eigenwillig-freche Art unterhalten. In der Hauptrolle engagiert und mit perfekter Körperbeherrschung gespielt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LE PROCÈS DU CHIEN
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Bande à Part Productions
Regie
Laetitia Dosch
Buch
Laetitia Dosch · Anne-Sophie Bailly
Kamera
Alexis Kavyrchine
Musik
David Sztanke
Schnitt
Suzana Pedro · Isabelle Devinck
Darsteller
Laetitia Dosch (Avril) · François Damiens (Dariuch) · Pierre Deladonchamps (Jérôme) · Jean-Pascal Zadi (Marc) · Anne Dorval (Roseline Bruckenheimer)
Länge
82 Minuten
Kinostart
13.02.2025
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie
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IMDb | TMDB

Unkonventionelle Gerichtskomödie um eine Schweizer Anwältin, die einen Hund vor Gericht verteidigt, der nach tätlichen Angriffen eingeschläfert werden soll.

Veröffentlicht am
16.04.2025 - 12:12:57
Diskussion

Zu Beginn ist die Leinwand schwarz. Eine Erzählerin, die sich später als handlungstragende Akteurin entpuppt, wünscht sich zuerst Musik, dann Bilder. So geschieht es auch. Lætitia Dosch macht in ihrem Regiedebüt vieles anders. Sie überrascht und irritiert den Zuschauer mit skurrilen und manchmal sogar surrealen Einfällen, und das ist sehr erfrischend. Darüber hinaus spielt Dosch auch die Hauptrolle, eine leidenschaftliche, chaotische Schweizer Rechtsanwältin namens Avril Lucciani, die hoffnungslose Fälle anzieht wie Motten das Licht. Das wäre nicht so schlimm, wenn sie zur Abwechslung auch mal eine Gerichtsverhandlung gewinnen würde. Ihr Chef droht schon mit der Kündigung, falls sich ihre Bilanz nicht verbessert.

Da steht eines Morgens der aufgebrachte, beratungsresistente und sehbehinderte Dariuch Michovski (François Damiens) in ihrem Büro. Sein Hund Cosmos hat drei Frauen gebissen und soll nun eingeschläfert werden. Ihm droht also die Todesstrafe. Was für ein Skandal! Wider besseres Wissen – die Fakten sind eindeutig – übernimmt Avril den Fall. Ihre Strategie besteht darin, die Frage, ob ein Hund eine Sache oder ein Individuum sei, in den Mittelpunkt ihrer Verteidigung zu stellen; der Hund soll vor Gericht „aussagen“. Der Fall erregt schnell öffentliche Aufmerksamkeit. Hundepsychologen und Tierschützer, Politiker und Journalisten wollen alle ein Wörtchen mitreden.

Keine Sache, kein Individuum

„Hundschuldig“ ist also ein Gerichtsfilm, der zudem auf einem wahren Fall beruht. Der Regisseurin geht es allerdings nicht um eine Nachstellung oder Aufarbeitung der authentischen Begebenheit. Vielmehr spürt sie auf unkonventionelle Weise der Beziehung zwischen Mensch und Tier nach. Wenn der Hund keine Sache ist, darf der Mensch mit ihm nicht machen, was er will. Ist er aber ein Individuum, darf er sich auch verteidigen, zum Beispiel indem er sich beißend gegen ungewollte Zuwendungen wehrt.

Dass Cosmos im Gerichtsstand bei Fragen auf vorgegebene Antworttasten drückt, mit komischen Folgen übrigens, ist natürlich ein Missverständnis. Er versteht die Menschen nicht, weder ihre Sprache noch ihre Zeichen, mit denen die Worte ersetzt werden sollen. Von einem Hund Gehorsam und Unterwürfigkeit zu verlangen, ist also eine Illusion. Die Frage, warum er vor allem Frauen anfällt, also misogyn sein könnte, lässt sich schon gar nicht lösen.

So ganz nebenbei geht es in „Hundschuldig“ auch um Sexismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt gegen Kinder. Die Regisseurin hält der Schweizer Gesellschaft damit einen Spiegel vor. Dosch achtet nicht auf die Einhaltung von Genrekonventionen und bricht ihre Erzählung immer wieder durch kuriose Einfälle auf. So kommentiert die Rechtsanwältin von Beginn an sich selbst, wenn sie beispielsweise im Gerichtssaal Coolness ausstrahlen will, aber viel zu hoch spricht und zu zappelig agiert, von ihren knallbunten Klamotten einmal ganz abgesehen.

Eine frische, freche Komödie

Lætitia Dosch agiert in diesen Szenen mit punktgenauem Slapstick und perfekter Körperbeherrschung. Die Komik entsteht durch die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. In einer anderen, nicht minder absurden Szene hört sie beim Einkauf in einem Supermarkt elektronische Herztöne, die bei der Begegnung mit einem attraktiven Mann immer schneller werden. Nicht immer funktionieren diese Einfälle. Dosch schießt mitunter lustvoll übers Ziel hinaus und überzeichnet ihre Figuren. „Hundschuldig“ ist in Tempo, Stil und Atmosphäre zu unterschiedlich, als dass man ihn als homogenes Ganzes bezeichnen könnte.

Inszenatorische Disziplin war aber auch gar nicht die Absicht der Regisseurin. Sie hat eine eigenwillige, freche und einfallsreiche Komödie gedreht, die rund 80 Minuten lang auf ungewöhnliche Weise unterhält.

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